
Als Gábor Hontvári, Erster Kapellmeister am Mainfranken Theater, vor 13 Monaten beschloss, das Haus zu verlassen, hatte er noch keinerlei andere Angebote. Aber die Situation war für ihn unhaltbar geworden. "Ich habe blind gekündigt", erzählt er. "Es war unglaublich schwer, dieses System mit extrem viel eigener Kraft am Laufen zu halten. Diese fünf Jahre waren eine turbulente Zeit mit Baustelle und Corona und der riesigen Fluktuation."
Auch er habe mit dem inzwischen gegangenen Intendanten Markus Trabusch in mehreren Punkten Reibungen gehabt. "Wir konnten sie trotzdem immer wieder auflösen und gemeinsam gute Ergebnisse erreichen, zum Beispiel bei 'Karl und Anna'. Aber es war nicht immer rosig zwischen uns." Trabusch sei nicht der Hauptgrund für seine Kündigung gewesen. "Das Haus hat viel gewichtigere Probleme. Da gibt es tiefgreifende Sachen und nicht vertretbare Konstellationen für die Zukunft."

Näher will Hontvári darauf nicht eingehen. Dass diese Probleme nicht zwischen ihm und dem Philharmonischen Orchester lagen, das wurde in den drei Neujahrskonzerten in der Blauen Halle überdeutlich. Die dritte Ausgabe am Dreikönigstag geriet nicht nur zu einer mitreißenden musikalischen Leistungsschau, die ganz offensichtlich Resultat einer sehr fruchtbaren fünfeinhalbjährigen Zusammenarbeit war. Das letzte Konzert, das Gábor Hontvári - vorerst - in Würzburg dirigierte, war auch eine Hommage des Orchesters an ihn.
Musik im Breitwandformat und in Technicolor
Der Abend mit nord- und südamerikanischer Musik von Bernstein bis Piazzolla, von Gershwin bis Zequinha de Abreu war ganz großes Kino, und das nicht nur, weil gerade die US-amerikanische Klassik eng mit der Filmindustrie verbunden ist. Das war alles unglaublich schmissig, süffig, bei Bedarf lustvoll sentimental oder auch strahlend heroisch. Musik im Breitwandformat und in Technicolor sozusagen.

Es war ein Abend der großen Emotionen - musikalisch wie menschlich. "Du hast uns so viel bedeutet", sagte Solocellistin Deanna Talens als eine von mehreren Abschiednehmenden auf der Bühne. Geigerin Sonja Lampert überreichte einen "Zaubertaktstock für unseren Lieblingsdirigenten 2025", und Solofagottist Ivan Gerasimov würdigte: "Du bist ein großer Künstler."
Worte des Dankes und der Wertschätzung
Der sichtlich bewegte Gábor Hontvári hatte sich einmal mehr als gewinnender Moderator gezeigt, vor allem aber als ebenso fordernder wie zugewandter Dirigent mit Leidenschaft, Klarheit und der großen Fähigkeit, Musik und Musizierende atmen zu lassen. Immer wieder fand er Worte des Dankes und der Wertschätzung, etwa für Pianistin Silvia Vassallo Paleologo, brillante Solistin in Piazzollas "Libertango" und ansonsten flinke Springerin zwischen Flügel und Celesta: "Korrepetitoren wie Silvia gibt es nicht im Umkreis von 1000 Kilometern."

Generalmusikdirektor Enrico Calesso, der ebenfalls das Haus verlässt, sagte: "Wir sind alle enorm traurig und dankbar." Und Georg Rootering, seit Jahresbeginn Interimsintendant, beschwor - vielleicht vor dem Hintergrund der Verwerfungen, die zum vorzeitigen Abschied Trabuschs geführt hatten - die gemeinsame Arbeit auf und für die Bühne als wichtigstes Anliegen eines Theaters.
Gábor Hontvári wird im Juli für ein Jahr Interimsgeneralmusikdirektor am Theater Nordhausen in Thüringen. Bis dahin ist er gut mit Gastdirigaten ausgelastet, sagt er. Was nach Nordhausen kommt, weiß er noch nicht. Betrachtet man seine Würzburger Bilanz im Allgemeinen und die Begeisterung nach dem Neujahrskonzert im Besonderen, sollten prominente Angebote nicht auf sich warten lassen.
Gábor Hontvári ist ein außerordentlich sympathischer und begabter Dirigent. Schön anzusehen war es auch, dass ihm der große Enrico Calesso bei seinem letzten Konzert in Wü die Ehre erwies, dessen Weggang ich ebenfalls außerordentlich bedaure. Beiden wünsche ich eine glanzvolle Zukunft & viel Erfolg bei ihren neuen Aufgaben!