zurück
Würzburg
"Frauen werden weniger als Wissenschaftlerinnen gesehen": "ScienceFem" für mehr Gleichstellung an Hochschulen
Am Freitag findet in Würzburg die erste "ScienceFem" statt. Ziel der Konferenz ist, mehr Frauen in Wissenschaft und Forschung zu bringen. Die Initiatorin erklärt, warum das so wichtig ist.
Wie sind Wissenschaftlerinnen in ihren Beruf gekommen – und ist er familienkompatibel? Um diese und andere Fragen zu Frauen in Wissenschaft und an der Hochschule geht bei der 'ScienceFem'.
Foto: Getty Images | Wie sind Wissenschaftlerinnen in ihren Beruf gekommen – und ist er familienkompatibel? Um diese und andere Fragen zu Frauen in Wissenschaft und an der Hochschule geht bei der "ScienceFem".
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 23.06.2024 02:33 Uhr

Angekündigt ist die Veranstaltung an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt als "ScienceFem – Konferenz, Messe & "Femtival" für Frauen aus Wissenschaft und Forschung"; Schwerpunkte sind die Themen Künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung. Dass es bei der Premiere dieses Veranstaltungsformats neben fachlichen Themen vor allem um die Sichtbarkeit von Frauen in der Wissenschaft geht, erklärt Initiatorin Prof. Dr. Christina Völkl-Wolf.

Frage: Frau Völkl-Wolf, Sie sind Initiatorin der ersten Würzburger ScienceFem – wie kam es zu der Idee?

Prof. Dr. Christina Völkl-Wolf: An der THWS werden wir in den nächsten Jahren voraussichtlich durch das Professorinnenprogramm gefördert, ein Förderprogramm, das die Zahl der Professorinnen erhöhen und die Gleichstellungs-Strukturen an den Hochschulen stärken soll. Mein Team und ich haben überlegt, was uns bei der Umsetzung dieser Ziele voranbringen würde. So kam die Idee zur ScienceFem, an deren Vorbereitung wir seit November arbeiten.

Wie sind die Professuren an Hochschulen geschlechtermäßig verteilt?

Völkl-Wolf: Die Zahl der Professorinnen in Bayern ist noch relativ gering; an der THWS haben wir nur etwa 18 Prozent Frauen, was unter anderem daran liegt, dass wir sehr viele technische Studiengänge haben. Bei Ausschreibungen bewerben sich meist viele Männer – dafür fehlen Bewerbungen von Frauen.

Sie will Frauen für Wissenschaft und den Professorinnenberuf begeistern: Prof. Dr. Christina Völkl-Wolf, Professorin an der THWS im Studiengang E-Commerce und Frauenbeauftragte der Hochschule. 
Foto: Melanie Schmidt | Sie will Frauen für Wissenschaft und den Professorinnenberuf begeistern: Prof. Dr. Christina Völkl-Wolf, Professorin an der THWS im Studiengang E-Commerce und Frauenbeauftragte der Hochschule. 
Was denken Sie, warum das so ist?

Völkl-Wolf: Ich glaube, es hat viel mit dem traditionellen Rollenbild zu tun, dass Frauen weniger als Wissenschaftlerinnen gesehen werden. Aus meiner Sicht brauchen wir für unsere Volkswirtschaft eine Veränderung, damit wir genügend Fachkräfte für die Zukunft haben. Die Hälfte unserer Gesellschaft sind Frauen und wir müssen sie auch für Themen wie Informatik und Technik interessieren, weil sie sehr wichtig sind. Gleichzeitig brauchen wir zum Beispiel auch Männer in der Pflege – innerhalb der Berufe muss mehr Gleichstellung stattfinden.

Ist das Rollenbild der Frau Ihrer Erfahrung nach immer noch so traditionell?

Völkl-Wolf: Ja. Seit 2023 gibt es zum Beispiel in der Fakultät Informatik und Wirtschaftsinformatik den neuen Studiengang "IT Security" – von 48 Erstsemestern sind gerade mal zwei Frauen. Das ist ein Studiengang, den wir brauchen, wir hören ja ständig von Hackerangriffen und ihren Folgen. Warum interessieren sich so wenig Mädchen für das Thema? Weil es als "nerdig" und typisch männlich gilt? Dieses Bild würden wir gern ändern.

Wo setzt die ScienceFem an, was soll sie bewirken?

Völkl-Wolf: Unser Ziel ist, mehr Professorinnen und Frauen in die Wissenschaft zu bekommen. Die Konferenz soll unter anderem ein Bewusstsein dafür schaffen, dass dies überhaupt ein Bereich ist, der für Frauen möglich ist. Ich glaube, das ist oft gar nicht richtig bekannt und wird auch nicht gefördert.

Welche Zielgruppe hat die ScienceFem?

Völkl-Wolf: Unsere Hauptzielgruppe sind Alumni und Frauen aus forschungsnahen Unternehmen und auch Studierende. Speziell für Schülerinnen findet der TecGirls Day ab 8 Uhr statt, der dann in die Sciencfem überführt. Aus der St. Ursula-Schule, einer Mädchenschule, kommen acht Klassen – vier elfte Klassen Gymnasium und vier neunte Klassen Realschule. In diesen Jahrgangsstufen entscheiden sich die Mädchen, was sie später studieren oder was für eine Ausbildung sie machen wollen. Ihnen möchten wir in Workshops Themen wie Coding for Girls oder Robotik nahebringen und zeigen, dass das etwas Tolles ist. Auch von der Staatlichen Fach- und Berufsoberschule (FOS BOS) Würzburg haben sich über 20 Schülerinnen angemeldet.

Für wen ist die ScienceFem sonst noch interessant?

Völkl-Wolf: Wir wollen auch Eltern ansprechen, damit sie sehen: Mädchen müssen nicht immer BWL oder soziale Arbeit studieren. Es gibt Berufe, wo Menschen gebraucht werden – wie zum Beispiel in IT-Security, Robotik, Informatik –, die man oft Männern überlässt. Gerade in diesen Bereichen gibt es sehr gute Verdienstmöglichkeiten, ein Großteil der Arbeit ist von zuhause aus möglich und damit sehr familienfreundlich gestaltbar.

Eine Karriere in der Wissenschaft und Familie sind also vereinbar?

Völkl-Wolf: Ja. Auf der ScienceFem sprechen die Vortragenden neben ihrem fachlichen Thema auch darüber, wie sie zu ihrem Berufsweg gekommen sind. Damit die Teilnehmerinnen sehen, dass man eine Karriere in der Wissenschaft und gleichzeitig Familie haben kann.

Worum geht es bei der ScienceFem noch?

Völkl-Wolf: Es geht auch darum, wirklich ins Gespräch zu kommen. Das ist etwas, was Frauen noch zu wenig nutzen. Männer haben Kontakte, Netzwerke, Frauen fehlt das häufig. Viele fragen "darf man Kontakte denn nutzen?" – Ja, natürlich, ein fachliches Netzwerk im Rücken zu haben, ist wahnsinnig wichtig! Wir hoffen, aus der ScienceFem eine Datenbank generieren zu können, über die sich die Leute auch danach vernetzen können.

Vernetzen können sich die Teilnehmerinnen auch mit Unternehmen.

Völkl-Wolf: Ja, auf der ScienceFem sind auch einige Unternehmen vertreten – zum Beispiel die Industrie- und Handelskammer (IHK), die E-Commerce-Agentur dc AG, Hugo Boss und XXL Lutz. Wir wollen die ScienceFem nächstes Jahr mit anderen Schwerpunktthemen fortführen und auch in Zukunft forschungsnahe Unternehmen auf eine Teilnahme ansprechen – für 2025 gibt es von dieser Seite bereits Reservierungen .

Zur ScienceFem sind auch Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft geladen.

Völkl-Wolf: Wir erwarten Bayerns Digitalminister Dr. Fabian Mehring, Würzburgs Bürgermeisterin Judith Jörg, die IHK-Präsidentin Carolin Trips und unseren Präsidenten Prof. Dr. Jean Meyer. Das freut mich, weil es zeigt, wie wichtig das Thema ist. Die Sichtbarkeit für das Thema Frauen in der Wissenschaft, die wir mit dieser Konferenz erreichen wollen, ist unheimlich wichtig.

Konferenz ScienceFem und Initiatorin Prof. Dr. Christina Völkl-Wolf

Die ScienceFem findet am Freitag, 21. Juni, am Campus Sanderheinrichsleitenweg der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) statt. Anmeldungen sind online auch noch am 21. Juni möglich. Die Konferenz will Wege in die Wissenschaft aufzeigen, über die neuesten Entwicklungen in KI und Digitalisierung informieren sowie Firmen aus der Region und zukünftige Mitarbeitende vernetzen.
Der bayerische Digitalminister Fabian Mehring eröffnet um 10 Uhr die Konferenz. Für zirka 180 Schülerinnen findet der TecGirls' Day mit Workshops statt. Danach gibt es über 30 Vorträge – von "Digitalisierung und KI im Gesundheitswesen" bis zu "Zwischen Windeln und Wissenschaft". Vortragende sind Professorinnen der THWS und weiterer Hochschulen, Expertinnen und Experten aus der Gründungsszene, von Unternehmen und aus der Frauenförderung. Um 17 Uhr folgt die Preisverleihung zur KI-Equity-Challenge, zu der sich rund 90 Studierende angemeldet haben. Das komplette Programm: https://sciencefem.de/
Initiiert wird die ScienceFem von Prof. Dr. Christina Völkl-Wolf. Die 48-Jährige ist seit 2011 Professorin an der THWS im Studiengang E-Commerce für das Lehrgebiet Online-Marketing und Frauenbeauftragte der Hochschule.
Quelle: cat
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Catharina Hettiger
Arbeitsgericht Würzburg
Frauen
Gymnasium Veitshöchheim
Hugo Boss AG
Online-Marketing
Professoren
Studienanfänger
Technische Hochschulen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top