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Würzburg
"Fiasko" für die Region: Stadt Würzburg könnte den mainfränkischen Verkehrsverbund plötzlich platzen lassen
Scheitert die gemeinsame Sache? Die Stadt Würzburg sieht nach jahrelanger Verhandlung überraschend ihre Interessen nicht gewahrt. Am Donnerstag fällt die Entscheidung.
Für die Menschen, die den ÖPNV in Unterfranken benutzen, soll die Erweiterung des mainfränkischen Verkehrsverbunds Vorteile bringen. Die Stadt Würzburg sieht für sich offenbar zu viele Nachteile.    
Foto: Silvia Gralla | Für die Menschen, die den ÖPNV in Unterfranken benutzen, soll die Erweiterung des mainfränkischen Verkehrsverbunds Vorteile bringen. Die Stadt Würzburg sieht für sich offenbar zu viele Nachteile.   
Frank Weichhan
,  Gerhard Meißner
 und  Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 28.07.2024 02:42 Uhr

Hinter verschlossenen Türen wird der Würzburger Stadtrat an diesem Donnerstag eine für die Region wichtige Entscheidung treffen: Macht das Oberzentrum Würzburg bei der für die Verkehrswende in Mainfranken essenziellen Zusammenführung des ÖPNV mit - oder nicht?

Die Stadt Schweinfurt sowie die Landkreise Würzburg, Kitzingen, Main-Spessart, Schweinfurt, Bad Kissingen, Haßberge und Rhön-Grabfeld haben einem gemeinsamen Verkehrsverbund bereits zugestimmt. Die Würzburger Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Christian Schuchardt schlägt dem Stadtrat vor, die Verträge abzulehnen. 

Seit sechs Jahren wurde an der ÖPNV-Verbesserung gemeinsam gearbeitet

Die Pressestelle des Würzburger Rathauses sagt auf Anfrage dazu: "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung des NVM unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht zustimmen." Die Stadt Würzburg wolle zwar die Verbunderweiterung, aber nicht zu den heutigen Bedingungen.

Dass Würzburg sich zurückziehen könnte, kommt für die übrigen Beteiligten völlig überraschend: Sechs Jahre lang haben Regierung von Unterfranken und die beteiligten Städte und Landkreise an dem erweiterten Verbund Nahverkehr Mainfranken (NVM) gearbeitet. Ab Januar 2025 sollte dieser starten. Bis jetzt fielen dazu alle Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung einstimmig.

Welche Nachteile befürchtet die Stadt Würzburg?

Dass die Stadt Würzburg beziehungsweise ihr Verkehrsunternehmen Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB) im neuen Verkehrsbund wirtschaftliche Nachteile und den Verlust von Einfluss befürchtet, scheint ein Grund für die Haltung der Stadt sein. Der städtische Konzern WVV, zu dem die WSB gehört, erklärte auf Anfrage: In den Verträgen sei noch nicht geklärt, wie etwaige finanzielle Nachteile ausgeglichen werden.

Warum es nicht gelang, diese Bedürfnisse der Stadt Würzburg in den sechsjährigen Verhandlungen zu erreichen, beantworten Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) und Klimabürgermeister Martin Heilig (Grüne) nicht. Über die Pressestelle lassen sie mitteilen: "Wesentliche Fragen wie die Finanzierung wurden nach harten Verhandlungen erst in den letzten Sitzungen sehr übereilt getroffen, um das Datum 1. Januar 2025 zu halten."

Warum wird hinter verschlossenen Türen entschieden?

Dass der Beitritt unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Stadtrat diskutiert wird, begründet die Stadt Würzburg mit "wirtschaftlichen Interessen" und dem "Ansprechen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen".

Die Entscheidung des Stadtrats hat immense Folgen für den ÖPNV und seine knapp eine Million potenzielle Nutzerinnen und Nutzer in der Region. Dem Landratsamt Kitzingen zufolge würde ein Nein aus Würzburg den für Januar angekündigten Start des gemeinsamen Verbunds verhindern. Denn die notwendigen technischen Umstellungen dafür müssten sofort begonnen werden.

"Verheerend": Gefahr für den aktuellen Verkehrsverbund

Kitzingens Landrätin Tamara Bischof (FW) beschreibt den drohenden Ausstieg der Stadt Würzburg als "Fiasko" und "verheerend" für die gesamte Region. Die Vorständin des Kommunalunternehmens im Landkreis Würzburg, Eva von Vietinghoff-Scheel, sieht sogar den bestehenden Verkehrsverbund zwischen der Stadt Würzburg und den Kreisen Würzburg, Kitzingen und Main-Spessart in Gefahr: Zuschüsse des Staates würden ausbleiben, bereits ausgezahlte Fördermittel müssten womöglich zurückgezahlt werden.

Wird die Stadt Würzburg durch ein Nein am Donnerstag alles aufs Spiel setzen? In der Pressemitteilung aus dem Rathaus heißt es, dass an einer "Ausräumung der Zustimmungshindernisse" gearbeitet werde.   

 
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  • Frank Stößel
    Ein großes Problem ist: Das Oberzentrum als Großstadt Würzburg spricht mit ihrem Stadtrat und dem eigenen seit Jahrzehnten fachlich erfahrenen Konzern WBV "aus einem Munde". Der Landkreis Würzburg vertritt mit seinem Kreistag 52 teilweise per satten Steuereinnahmen ehemaliger Würzburger Bürgerlnnen sehr potente, "selbstbewusste" Gemeinden, die mit ihren "günstigen" Grundstückspreisen für Wohnungsbau, Industrie, Handwerk und Dienstleistung für die Infrastruktur zu Gesundheit, Bildung, Kultur und Mobilität, welche ihnen neben der eigenen das Oberzentrum bieten muss, viel zu wenig beitragen muss. Das daraus folgende Ungleichgewicht zu Lasten der Stadt Würzburg entwickelt sich ungebremst seit der verpassten Eingemeindung Würzburger "Vorstadtgemeinden" bei der Gebietsreform 1972. Die bislang nicht ausreichend erfolgten Anpassungen alleine seit der Ölkrise 1973 in der Mobilität lassen landesplanerisch im gesamturbanen Raum Würzburg noch immer auf sich warten. Darin liegt des Pudels Kern.
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  • Jo Schmitt
    Die Frage die zu stellen ist lautet: Ist die Stadt "der böse Bube" oder doch jemand anders?

    Seit den siebziger Jahren wird an ÖPNV-Angeboten herumhantiert die nicht zustande kommen. Der letzte Clou war, daß die Stadt dem Landkreis in der Finanzierung bei P+R-Parkplätzen entgegenkommen wollte. - Was ist dabei herumgekommen? Warum überhaupt? (--> Regio-S-Bahn Mainfranken! https://beg.bahnland-bayern.de/de/projekte/regio-s-bahn).

    Was man machen könnte, wenn man sich wirklich einig wäre und gemeinsam an einem Strick ziehen würde - bzw. gezogen hätte - steht alles im Verkehrsentwicklungsplan 1993-'95. Tausend Seiten in der Unibibliothek im Hauptlesessaal zwei, zweiter Stock.

    Ich unke 'mal ketzerisch: "Wenn unned Leut (aus dem Umland) lieber midm Auddo faahn is des alles e 'würzburcher Broblem ...' Die solle des amal schö selber zaln."

    Und es geht immer um die Finanzierung ... die auch vom Land und Bund immer noch viel zu "sparsam" im Gegensatz zu anderen (Bundes-)Ländern/Staaten ist.
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  • Michael Riedner
    Wie schön, dass es das Deutschlandticket gibt, es zeigt nämlich, dass Bezirke seit 50 Jahren unfähig sind, miteinander zu kooperieren.
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  • Peter Lelowski
    Gut, daß die Stadt Würzburg ihren Nachbarn die GELBE KARTE zeigt. Das war bei der Schulfinanzierung so, beim Mainfrankentheater halten sich die Landkreise auf dem niedrigsten Niveau bedeckt, Krankenhäuser soll gefälligst die Stadt bezuschussen ... .
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  • Thomas Diener
    Das das Land und der Umkreis sich daran beteiligen soll , wenn es um den Verkehr usw. geht ist vökllig in Ordnung. Das hätte man aber bitteschön aber auch schon eher feststellen können und nicht wenn es in die Endphase geht . Beim Mainfrankentheater kann man die Schuld aber auf keinem Fall dem Umfeld mitgeben. Dies hat ganz alleine die Stadt Würzburg zu verantworten, weil es ja noch pompöser und auffallender sein mußte .
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  • Hans Sartoris
    Es wird sicherlich gute Gründe für die Haltung der Stadt geben - es ist immer verdächtig wenn das Umland unisono begeistert ist - nicht selten zu Lasten der Stadt und/oder des städtischen Konzerns

    Solidarität und Verbünde müssen ausgewogen und dürfen nicht einseitig sein - dass dies offensichtlich recht spät erkannt wird ist zwar schade , aber besser noch eine Runde drehen bevor es ganz scheitert

    Hans Sartoris
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  • Felix Wyczisk
    Es ist für Unterfranken eine einmalige und großartige Chance und nun wird wieder unter dem Deckmantel "Finanzierung" alles aufs Spiel gesetzt. Sehr traurig.
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  • Florian Stenger
    Man sieht an München wie es funktioniert ein ganzes Umland mit einzuschließen. Und das nicht jeder gleich viel zahlt ist ganz normal.

    Es ist so das immer der Partner wo die meisten Steuer Einnahmen hat dann auch mehr zusteuert muss. Ist des Logisch.

    Wenn jemand als Beispiel 200 000 einnimmt kann er keine 300 000 zahlen.
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  • Peter Lelowski
    Gerade München zeigt, wie sich der Speckgürtel in allen Bereichen ziert seinen ordentlichen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten.
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  • Klaus Fiederling
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de (Wortwahl). Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Georg Ries
    Da hat doch im letzten Jahr ein neuer Geschäftsführer "Mobilität" angefangen. Soll ja vorkommen, dass alles anders gemacht wird, als vorher.... 🤔
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  • Peter Koch
    So wie in München? Mit U-Bahn, S-Bahn und allem was ein richtig guter Geschäftsfüher im ÖPNV braucht.
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