Drei Jahre wird es wohl noch dauern, dann können Zug- und Busreisende aus dem Landkreis Bad Kissingen mit einem Ticket bis nach Würzburg, Lohr, Fladungen oder Haßfurt fahren. Seit sieben Jahren laufen die Verhandlungen um den Verkehrsverbund Mainfranken zu erweitern - am Ende soll der drittgrößte Verkehrsverbund in Bayern entstehen. Der VVM bedient bisher Stadt und Landkreis Würzburg sowie die Landkreise Kitzingen und Main-Spessart. Ab 1. August 2024 sollen dann die Landkreise Bad Kissingen , Rhön-Grabfeld und Haßberge sowie Stadt und Landkreis Schweinfurt mit dazu gehören. Der große Vorteil für die Fahrgäste: Bus- und Zugfahren wird mit einem Einheitsticket übersichtlicher und tendenziell günstiger.
Fahrgasterhebung auf allen Linien
Der Start für den erweiterten Verbund verzögert sich allerdings. Eigentlich war er bereits für den kommenden Sommer geplant. Die Verantwortlichen hatten bei einer europaweiten Ausschreibung jedoch Schwierigkeiten, ein Büro zu finden, das eine einjährige Fahrgastzählung und -befragung realisiert. "Für uns ist jetzt der wichtigste Schritt, dass man das Fahrgastverhalten analysiert", sagt Christopher Alm, Geschäftsführer der Nahverkehr Mainfranken GmbH (NVM). Die NVM wurde 2017 von den beteiligten Städten und Landkreisen gegründet. Sie setzt die Erweiterung um. Der NVM-Geschäftsführer erläutert, wie es zu dem zeitlichen Verzug gekommen ist. "Die Erhebung ist für uns sehr wichtig. Deshalb haben wir uns gegen ein klassisches Vergabeverfahren entschieden, und für einen europaweiten Teilnahme-Wettbewerb mit Verhandlungsrunden", sagt Alm.
Pandemie funkte dazwischen
Die erste Ausschreibung blieb pandemiebedingt jedoch ohne Ergebnis und musste wiederholt werden. "Das hat uns viel Zeit gekostet", klagt er. Jetzt ist alles soweit vorbereitet, um den Auftrag vergeben zu können. Das soll in den nächsten Wochen passieren.
Die Fahrgastanalyse startet im März 2022 und dauert bis Februar 2023. Der lange Zeitraum ist notwendig, erklärt Alm: "Unwägbarkeiten wie Witterungseinflüsse und Schulferien hat man so ziemlich gut nivelliert." Hauptaufgabe des Feldbüros werde es zum Frühjahr sein, Personal zu finden und zu schulen, welches ein Jahr lang die Fahrgäste in der Region zählt und befragt. Das können zum Beispiel Studierende sein, Mini-Jobber und Rentner.
Bei der Fahrgastanalyse (Kosten: 1,5 Millionen Euro) handelt es sich um eine Vollerhebung, das heißt, sie findet in allen Bus- und Zugverbindungen statt, auch im Schulbusverkehr. Es geht um Fragen wie: Welche Linien und Haltestellen werden wann genutzt, und von wo aus fahren die Gäste wohin? Für die Gebiete, die neu in den Verbund kommen, sind laut Alm diese Daten aktuell nicht ausreichend vorhanden. Sie werden aber dringend für die Nahverkehrsplanung benötigt (welche Linien braucht es, wie oft sollen sie angefahren werden). Zudem kommt es bei der Einführung eines Einheitstickets zu Harmonisierungsverlusten, das heißt, es fallen Fahreinnahmen weg. Die Fahrgastanalyse ist wichtig, um zu berechnen, wie die Ticketerlöse auf die beteiligten Bus- und Bahnunternehmen verteilt werden.
Die Verbunderweiterung beschäftigt nicht nur Christopher Alm und den NVM, sondern auch die Kreise und Städte. In Bad Kissingen schafft das Landratsamt eine neue Stelle. Gesucht wird ein Koordinator für ÖPNV-Projekte, der den Nahverkehrsbeauftragten Michael Schäder unterstützt. In anderen Behörden gibt es solche Stellen bereits. "Bei der Verkehrserhebung für die Verbunderweiterung fällt viel Arbeit an", begründet geschäftsleitender Beamte Jürgen Metz. Zweite Hauptaufgabe des ÖPNV-Koordinators wird es sein, bei der Nahverkehrsplanung des Landkreises mitzuarbeiten und Öffentlichkeitsarbeit für den ÖPNV zu machen. Grundsätzlich haben die Anforderungen an den Nahverkehr in den vergangenen Jahren zugenommen, sagt Metz. Gleichzeitig sei zu erwarten, dass das Thema nach der Bundestagswahl weiter an Bedeutung gewinnt. Der ÖPNV ist "ein Punkt, der uns in den kommenden Jahren deutlich fordern wird", meint Metz.
Die Fahrgasterhebung ist der nächste wichtige Schritt auf dem Weg zu einem großen Verkehrsverbund in Unterfranken , aber nicht der letzte. Bis die Erweiterung greift, hat die Nahverkehr Mainfranken GmbH noch die komplette technische Umsetzung vor sich. Fahrkartenautomaten, Haltestellen und Fahrgastinformationen müssen auf den neuen Verbund hin ausgerichtet , es müssen Fahr- und Linienpläne sowie ein gemeinsames Tarifsystem auf den Weg gebracht werden. Grundlage dafür ist das bestehende Tarifsystem im VVM. Das soll laut Alm im Wesentlichen weitergelten.
Tarifsystem soll digitaler werden
Parallel zur Verbunderweiterung modernisiert der NVM das Tarifsystem. "Es soll ein E-Ticket und einen E-Tarif geben", berichtet Alm. Statt einem Fahrschein aus Papier können Kunden dann auch mit einem Ticket auf dem Smartphone Bus und Bahn fahren. "Im Idealfall haben wir mit der Verbundserweiterung dann ein neues Tarifsystem entwickelt", sagt Alm. Ob beide Projekte gleichzeitig fertig werden, müsse sich zeigen.
Was das zählen angeht, so Frage ich mich, wenn man erst jetzt ermitteln kann und will, wer wie und wo fährt, wie man bisher gezählt hat, wenn es immer hieß, die Linie muss abgeschafft werden, da zu wenige fahren oder auch andersherum. Zudem, wozu gibt es Fahrkarten?
Schon seltsam, wenn man nicht weiß, wieviel Gäste im Bus sitzen.