zurück
Grombühl
Einsatz in Bosnien, im Ahrtal oder am Main: Drei Menschen berichten, warum sie beim Würzburger THW mithelfen
Das Technische Hilfswerk ist auch in Würzburg auf ehrenamtliche Helfer angewiesen. Eine Frau und zwei Männer erzählen, was sie bei THW-Einsätzen erlebt haben und was ihre Motivation ist.
Arbeiten gern ehrenamtlich beim THW Würzburg mit: Simon Geis, Katharina Luthe und Sebastian Zimmer (von links) auf dem THW-Gelände in der Schweinfurter Straße. 
Foto: Silvia Gralla | Arbeiten gern ehrenamtlich beim THW Würzburg mit: Simon Geis, Katharina Luthe und Sebastian Zimmer (von links) auf dem THW-Gelände in der Schweinfurter Straße. 
Jörg Rieger
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:11 Uhr

Wenn's brennt, ruft man die Feuerwehr. Wenn ein Herzinfarkt passiert, holt man den Notarzt. Und wenn es einen Einbruch gibt, die Polizei. Doch wann kommt eigentlich das Technische Hilfswerk (THW) ins Spiel? "Wir werden in der Regel über die bei der Berufsfeuerwehr Würzburg angesiedelte Integrierte Leitstelle alarmiert", erklärt Michael Rüger-Kronewald. Der 44-Jährige ist Schirrmeister (Verwalter und Betreuer von Fuhrpark und Material) beim Würzburger THW. "Im engen Austausch mit unseren Einsatzleitern wird dann entschieden, ob und wie wir unterstützen können. Im Fall der Fälle bereiten wir uns umgehend vor."

Was die wenigsten wissen dürften: Das THW hält seit den 50er Jahren seine bundesweit verteilten Einheiten bereit, um im Kriegsfall zu helfen. Doch dieser ist seither – zum Glück – noch nie eingetreten. Stattdessen wird die Hilfsorganisation zur "friedlichen" Gefahrenabwehr und bei schweren Unglücksfällen häufig dringend gebraucht.

Die THWler Simon Geis, Katharina Luthe und Sebastian Zimmerbei der Arbeit auf dem THW-Gelände in der Schweinfurter Straße in Würzburg. 
Foto: Silvia Gralla | Die THWler Simon Geis, Katharina Luthe und Sebastian Zimmerbei der Arbeit auf dem THW-Gelände in der Schweinfurter Straße in Würzburg. 

"Wir verfügen über schweres Gerät, zum Beispiel einen Radlader, oder auch spezielles Werkzeug wie Seilwinde oder Betonkettensäge", so der Schirrmeister des Ortsverbands Würzburg. Das THW ist für mehrtägige Einsätze im In- und Ausland gerüstet – etwa für den G7-Gipfel 2022 in Elmau, den auch Rüger-Kronewald mit abgesichert hat.

Doch was bedeutet es, beim THW mitzuarbeiten? Drei ehrenamtlich engagierte THWler berichten von ihren Einsatzerlebnissen.

Katharina Luthe (39, IT-Fachfrau), THW-Fachgruppe Notversorgung und Notinstandsetzung:

Für sie käme auch ein Auslandseinsatz infrage: Katharina Luthe.
Foto: Silvia Gralla | Für sie käme auch ein Auslandseinsatz infrage: Katharina Luthe.

"Ich habe schon früher eine gewisse Ohnmacht gespürt, wenn auf der Welt Katastrophen passiert sind, und ich bis auf Spenden nicht helfen konnte – etwa beim Tsunami 2004 in Südostasien. Als ich im Fernsehen die schlimmen Bilder gesehen habe, wäre ich am liebsten sofort dorthin geflogen. Der Ukraine-Krieg war der Anlass für mich, im Frühjahr 2022 beim Würzburger THW einzusteigen.

Meinen ersten Einsatz hatte ich noch während der Grundausbildung, als in Würzburg das Containerschiff auf dem Main havariert ist. Bei einem Essen mit THW-Freunden hatten wir noch darüber gesprochen, wann denn wohl mein erster Einsatz passieren würde. Einen Tag vor Heiligabend 2022 hat sich dann das Schiff an der Mainkuh quer gestellt. Ich war nicht selbst vor Ort, sondern habe die für die Absperrung nötigen Bauzäune mit organisiert.

Zum ersten Mal aktiv im Einsatz war ich im Oktober 2023, als dieser Bierlaster auf dem Stadtring seine Ladung verloren hat. Ich wohne in der Sanderau und war im Homeoffice. So konnte ich mich nach dem Alarm schnell zur Vorbereitung in Richtung THW aufmachen. Am Ende waren wir 22 Helfende, was wichtig war, da es darum ging, möglichst schnell die Scherben von der Straße zu kehren und die verkeilten Kästen auf dem Laster wieder zu richten.

Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Meine Mutter stand auf der Adenauer-Brücke im Stau und hat von Heidingsfeld knapp eine Stunde bis zum Wolfgang-Adami-Bad gebraucht. Als ich ihr später von dem Einsatz erzählt habe, war sie stolz auf mich. Es bedeutet mir viel, mich für die Gesellschaft zu engagieren – etwa für die vielen Menschen, die bei diesem Unfall im Stau standen, und selbstverständlich auch, wenn es noch viel ernster wird. Ich kann mir gut vorstellen, auch mal für mehrere Tage mit dem THW unterwegs zu sein – etwa, wenn es darum geht, nach einer Flut aufzuräumen. Auch ein Auslandseinsatz kommt für mich grundsätzlich in Frage."

Simon Geis (37, Maschinenbautechniker), THW-Fachgruppe Räumen:

Ihm half die Arbeit beim THW auch durch die Pandemie-Zeit: Simon Geis.
Foto: Silvia Gralla | Ihm half die Arbeit beim THW auch durch die Pandemie-Zeit: Simon Geis.

"Ich bin 2019 von Breitenbrunn im Spessart ins Frauenland gezogen, war in meinem Heimatort in der Feuerwehr aktiv. Dass ich mich im November 2019, also kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie, dem THW in Würzburg angeschlossen habe, war mein großes Glück. Sonst wäre ich hier wohl als Neuling allein zu Hause versauert.

Während der Corona-Phase haben wir sehr viele Fahrdienste übernommen – zum Beispiel Schutzausrüstung in der Region verteilt. Später haben wir dann die großen Corona-Testzentren mit aufgebaut. Meinen ersten großen Einsatz für das THW hatte ich im Sommer 2022 nach der Flutkatastrophe im Ahrtal. Ich habe mich gemeldet und war bei der ersten Gruppe aus Würzburg dabei.

Als wir an einem Sonntagabend angekommen sind, haben wir erstmal unsere Turnhalle bezogen. Am nächsten Tag ging es dann nach Bad Münstereifel. Das Bild der Zerstörung war wirklich erschreckend. Wir haben uns gleich einer Betonplatte im Bachbett angenommen und sie mithilfe eines Baggers aus dem Weg geräumt. In einem anderen Fall mussten wir verhindern, dass ein Haus weiter mit Wasser unterspült wird. Es drohte einzustürzen. Wir haben sehr eng mit einer THW-Gruppe aus Ostfriesland zusammengearbeitet. Da ist in der Woche eine enge Bindung entstanden.

Die Bevölkerung war sehr dankbar, dass wir da waren. So viel zu essen habe ich vermutlich noch nie zu Gesicht bekommen. Es gab aber auch vereinzelt Stimmen, die frustriert waren, dass es erst so spät losgegangen ist mit dem Aufräumen. Die Hilfskoordination war sicher nicht ideal, keine Frage, aber so etwas gab's auch nie zuvor. Mich würde auch ein Auslandseinsatz reizen, aber Katastrophen will man sich natürlich nicht ausmalen. Ansonsten genieße ich unseren Zusammenhalt bei den wöchentlichen Übungstreffen am Dienstag hier in der Schweinfurter Straße und den Ganztagesausbildungen an einem Sonntag im Monat. Schlussendlich proben wir da ja immer für den Ernstfall."

Sebastian Zimmer (43, Vertrieb Feuerwehrzubehör), tätig im Stab des Ortsverbandes OV-Stab und Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit:

Schon sein Opa war beim THW dabei: Sebastian Zimmer.
Foto: Silvia Gralla | Schon sein Opa war beim THW dabei: Sebastian Zimmer.

"Ich habe das THW-Gen wohl in die Wiege gelegt bekommen. Mein Opa hat lange hauptamtlich für unsere Regionalstelle in Karlstadt gearbeitet. Da hat er mich öfters mitgenommen. Wir haben zudem neben der Feuerwehr gewohnt. Da habe ich als kleines Kind immer am Zaun geschaut. Auch mein Vater ist THWler. Er ist Ortsbeauftragter in Würzburg und damit unser Chef.

Ich habe in meinen rund 25 Jahren beim THW unzählige Ausbildungen absolviert. Mit am eindrücklichsten fand ich die Fortbildung zur Bergung entgleister Züge. Wir werden zwar hoffentlich nie einen entgleisten Zug bergen müssen. Aber was wir dort gelernt haben, hilft mir in vielen Bereichen. Die Aufstellung eines umgekippten Waggons etwa war ein sehr intensives Gemeinschaftserlebnis.

Ich habe auch zwei Auslandseinsätze hinter mir, zuerst nach einem Hochwasser im Süden Polens 2010, im Mai 2014 ging es dann mit dem THW nach Bosnien. Dort gab es nach starken Regenfällen schwerste Überschwemmungen. Wir sind mit einer bundesweiten Truppe und drei Havariepumpen dorthin gefahren, die zusammen bis zu 25.000 Liter pro Minute abpumpen können. Die Menschen vor Ort waren überaus gastfreundlich. Sie haben uns in der Mittagspause direkt im Freien einen Tisch mit leckeren Köstlichkeiten bereitet. Das werde ich nie vergessen.

Auch im Ahrtal war ich 2022 mit dabei. Dort ging es für uns darum, den Weg für eine neue Brücke freizumachen. Weil sie durch das Hochwasser weggespült worden ist, mussten lange Umwege in Kauf genommen werden. Gerade Einsätze über mehrere Tage können auch psychisch sehr belastend sein. Daher finde ich es wichtig, dass zuletzt immer mehr Elemente in die Ausbildungen mit aufgenommen worden sind, die das mentale thematisieren und es auch eigene Kontakt hierfür gibt."

Das Technische Hilfswerk (THW)

Das THW ist die ehrenamtlich getragene Einsatzorganisation des Bundes. Das Engagement der bundesweit mehr als 85.000 Freiwilligen bildet die Grundlage für die Arbeit des THW im Bevölkerungsschutz. Mit seinen Fachleuten, seiner Technik und seinen Erfahrungen ist das THW im Auftrag der Bundesregierung weltweit gefragt, wenn Notlagen dies erfordern. Neben bilateralen Hilfen gehören dazu auch technische und logistische Aufgaben im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens sowie im Auftrag von UN-Organisationen. Mehr Infos zum Engagement des THW im In- und Ausland gibt es unter www.jetzt.thw.de.
Quelle: THW
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Grombühl
Jörg Rieger
Berufsfeuerwehren
Containerschiffe
Feuerwehr Schwanfeld
Hochwasser und Überschwemmung
Mütter
Polizei
Technisches Hilfswerk
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top