Ich hatte schon einige Einsätze mit dem Technischen Hilfswerk (THW), aber dieser wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Das liegt nicht nur an der außergewöhnlichen Aufgabe, sondern auch an dem etwas besonderen Datum.
Es war der 23. Dezember 2022; ich hatte nicht nur Feierabend, sondern auch meinen letzten Arbeitstag im zu Ende gehenden Jahr. Am Vortag hatte ich mich schon von meinen THW-Kollegen verabschiedet – und ihnen frohe Weihnachten gewünscht. Das war wohl etwas voreilig. Für mich ist es schon ein kleines Ritual, diesen Tag mit dem Reinigen meines Dienstfahrzeugs zu beenden. Die Geschenke waren alle schon verpackt, die besinnliche Zeit sollte so langsam beginnen. Jedoch kam es diesmal etwas anders.
Um 16.30 Uhr, das Auto war fast sauber, spürte ich ein Vibrieren am Gürtel. Ich wusste gleich, was das bedeutet und wartete auf die Durchsage meines Funkrufweckers. Es kam das Schlagwort "Technische Hilfeleistung Verkehrsunfall Schiff". Zu diesem Zeitpunkt konnte ich damit noch nichts anfangen. Vielmehr glaubte ich, die Durchsage nicht richtig verstanden zu haben.
Wie immer bei einer Alarmierung habe ich mich gleich auf den Weg zur THW-Unterkunft in der Schweinfurter Straße gemacht. Dort angekommen ging mein erster Blick auf das Einsatzfax und ich musste feststellen, dass ich die Durchsage richtig verstanden hatte. Nach einer kurzen Vorbereitung fuhren wir mit der ersten Gruppe zur Einsatzstelle.
Da so langsam die Dunkelheit eintrat, sah ich am Anfang nur Blaulicht. Bei Einweisung durch die Feuerwehr erkannte ich jedoch den vollen Umfang der Lage. Ein großes Frachtschiff hat sich an der Würzburger Schleuseneinfahrt so verkeilt, dass sich sogar das Mainwasser aufstaute und es sich so keinen Meter mehr bewegen konnte. Jetzt war mir klar: Das wird ein sehr langer Einsatz und Heiligabend bei der Familie ist in Gefahr.
Wie wir aber so sind, habe ich das schnell verdrängt und mich um unseren Auftrag gekümmert: Sicherstellen einer Beleuchtung, sodass sich die Feuerwehr um die Bergung kümmern konnte. Ich möchte gar nicht so in die Einsatzdetails gehen. Nur, dass die Stunden sehr schnell vergingen und ich mir schon langsam, aber sicher Gedanken machte, wie ich meiner Familie erzähle, dass sie erstmal ohne mich mit der Bescherung beginnen und mir was vom Weihnachtsbraten übriglassen solle. Es vergingen einige Bergungsversuche ohne Erfolg, aber das Schiff war hartnäckig und ich habe mich schon damit abgefunden, dass ich den Heiligabend mit den Kollegen der Feuerwehr und des THW verbringen werde.
Um 23 Uhr dieses 23. Dezembers kam dann aber die erlösende Nachricht. Die Einsatzstelle wird gesichert und der Einsatz bis auf weiteres unterbrochen. Ich habe meinen Kollegen nochmal frohe Weihnachten gewünscht, war um 1 Uhr nachts zu Hause. Der Heiligabend war gesichert. Für Einsatzkräfte ist nicht immer alles planbar und so kann auch mal ein Fest sehr schnell abgesagt werden. Aber wir machen es gerne und zu jeder Zeit.
Foto: Sebastian Zimmer
Christian Schenk ist Zugführer beim THW-Ortsverband Würzburg.
In der Kolumne "Würzburger Adventskalender" schreiben Menschen aus der Region Würzburg Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.