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Dürrbachau
Schockierend realistisch: So verlief die bisher größte Einsatzübung der Würzburger Rettungskräfte am Neuen Hafen
Über 330 Einsatzkräfte der Feuerwehren, der Polizei und des THW haben am Sonntag mit dem Universitätsklinikum Würzburg und dem Klinikum Würzburg Mitte für den Ernstfall geübt.
Täuschend echt: Um für den Ernstfall gewappnet zu sein, hat das Würzburger Amt für Zivil- und Brandschutz am Neuen Hafen einen Einsatz mit über 330 Einsatzkräften und Darstellern nachgestellt.
Foto: Ivana Biscan | Täuschend echt: Um für den Ernstfall gewappnet zu sein, hat das Würzburger Amt für Zivil- und Brandschutz am Neuen Hafen einen Einsatz mit über 330 Einsatzkräften und Darstellern nachgestellt.
Marco Karaschinski       -  Marco Karaschinski ist in Lübeck geboren und aufgewachsen. Nach seiner schulischen Ausbildung zum Kaufmännischen Assistenten mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik und seinem Abitur zog es ihn 2019 nach Würzburg. Hier studierte er Political and Social Studies und arbeitete als freier Mitarbeiter in der Würzburger Lokalredaktion. Marco Karaschinski ist seit April 2024 Volontär bei der Main-Post.
Marco Karaschinski
 |  aktualisiert: 28.09.2023 03:02 Uhr

Mit über 130 freiwilligen Helferinnen und Helfern sowie 200 Einsatzkräften von sieben verschiedenen Organisationen übten die Würzburger Rettungskräfte am Sonntagvormittag am Würzburger Neuen Hafen für ein Schreckensszenario unter realistischen Bedingungen. Das Uniklinikum sowie das Klinikum Würzburg Mitte richteten für diesen Einsatz extra Schockräume ein, um neben dem Normalbetrieb auch an dem Szenario teilzunehmen. "Es ist die größte Übung, die wir so jemals durchgeführt haben", so Dennis Wolz, Pressesprecher der Berufsfeuerwehr in Würzburg.

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"An alle Einsatzkräfte: Schwerer Unfall in der Würzburger Hafenstraße. Mehrere Personen sind verletzt und in Fahrzeugen eingeklemmt. Es tritt Gefahrstoff aus." So schallte es am Sonntag, gegen 10.30 Uhr, kurz vor Beginn der großen Übung, aus den Funkgeräten der Aufseher und Organisatoren am Übungsort. Wenige Minuten später trafen die Einsatzkräfte von Polizei und verschiedene Krankenwagen am Unfallort ein.

In dem simulierten Szenario ereignete sich ein Unfall zwischen mehreren Autos, von denen zwei ein illegales Straßenrennen gefahren waren. Bei dem Unfall wurden die Fahrzeuge schwer beschädigt; aus einem trat leicht entflammbares Ammoniumnitrat aus. Dieser Stoff wird als Dünger genutzt und sorgt bei Kontakt für Verätzungen der Haut sowie der Atemwege.

Mit Atemschutzmasken betraten die Feuerwehrleute das Szenario, leisteten erste Hilfe und sperrten den kontaminierten Gefahrenbereich ab.
Foto: Ivana Biscan | Mit Atemschutzmasken betraten die Feuerwehrleute das Szenario, leisteten erste Hilfe und sperrten den kontaminierten Gefahrenbereich ab.

Auch Rettungsschwimmer und Taucher übten für den Ernstfall

Bei der Übung gab es mehrere zum Teil schwer verletzte Personen, von denen einige nach dem Unfall flohen und im nahe gelegenen Hafenbecken landeten. Dort übten die Wasserwacht sowie das Technische Hilfswerk (THW) Würzburg mit Rettungsschwimmern und Tauchern das Suchen und die Bergung von Menschen aus dem Wasser.

Es war ein schockierend realistischer Anblick: Mit Kunstblut und Verletzungen übersät, lagen überall auf der Straße Menschen; andere waren in den Fahrzeugwracks eingeklemmt und schrien laut um Hilfe. Panische Passanten rannten in den Trümmern herum und suchten verzweifelt zwischen den Verletzten nach Angehörigen.

Die 'Unfallopfer' wurden in Würzburger Kliniken gebracht.
Foto: Ivana Biscan | Die "Unfallopfer" wurden in Würzburger Kliniken gebracht.

Wirkten täuschend echt: Platzwunden am Kopf und aus dem Bauch ragende Äste

Die freiwilligen Helfer waren so auf ihre Verletzungen geschult – von Platzwunden am Kopf, über aus dem Bauch ragende Äste bis hin zu schwersten Verletzungen –, dass sie sich täuschend echt verhielten. Auch die Verletzungsverläufe, von Verwirrung bis zur Ohnmacht, stellten sie realistisch nach.

Nicole Trunk, Peter Stephan und Sascha Lutz gehörten zu den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern der Feuerwehr. Sie spielten Unfallopfer, die mit Ammoniumnitrat kontaminiert wurden und an Verätzungen litten. Auf ihre Rollen hatten sie sich lange vorbereitet. "Es ist aufregend, an solchen Übungen teilzunehmen", so Lutz. Es sei gut, einen Unfall einmal nicht nur aus der Retter-, sondern auch aus der Opferperspektive zu erleben – um bei einem Einsatz den Verletzten noch besser helfen zu können.

Zirka 100 der ehrenamtlichen Einsatzkräfte bei der Übung waren laut Christina Gold, Pressesprecherin Malteser Hilfsdienst, vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK), den Johannitern und den Maltesern. Sie sichteten und behandelten die verletzten Personen und kümmerten sich um deren Transport in die Kliniken. Außerdem protokollierten sie den Ablauf der Übung vor Ort.

Kurz nachdem die ersten Rettungskräfte eingetroffen waren, begannen diese mit der Erstversorgung und der Sichtung der Lage. Die Polizei versuchte, den Bereich zu räumen und Gaffer sowie vermeintliche Zuschauer des Rennens aus dem Gefahrenbereich zu entfernen. Auch diese wurden von Helfern gespielt, um den Rettungskräften unter möglichst realistischen Bedingungen die Arbeit so schwer wie möglich zu machen.

Chaos auf der Straße, Verletzte überall: Diesem Szenario stellten sich die Würzburger Rettungskräfte bei der Einsatzübung im Neuen Hafen.
Foto: Ivana Biscan | Chaos auf der Straße, Verletzte überall: Diesem Szenario stellten sich die Würzburger Rettungskräfte bei der Einsatzübung im Neuen Hafen.

Feuerwehrleute betraten mit Gasmasken den Unfallbereich

Dann rückte auch die Feuerwehr mit Blaulicht an: In kleinen Gruppen und mit Atemschutzmasken betraten die Feuerwehrleute den Unfallbereich, leisteten erste Hilfe und sperrten den kontaminierten Gefahrenbereich in einem Radius von 50 Metern ab. Es folgten Reanimationsmaßnahmen sowie der Transport der Verletzten in die Schockräume der Kliniken.

Während die Feuerwehr Opfer aus Fahrzeugwracks schnitt, suchte die Wasserwacht mit ihren Einsatzkräften das Hafenbecken nach Toten und Verletzten ab. Trotz des vermeintlichen Chaos agierten alle Einsatzkräfte ruhig, routiniert und koordiniert. Schon wenige Minuten nach Beginn der Übung hatte sich das Chaos aufgelöst: Alle Gaffer waren vom Einsatzort weggeschickt worden, und jedes Opfer wurde seiner Symptome entsprechend behandelt.

Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer hatten sich auf ihre Rollen lange vorbereitet – um den Rettungskräften unter möglichst realistischen Bedingungen die Arbeit so schwer wie möglich zu machen.
Foto: Ivana Biscan | Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer hatten sich auf ihre Rollen lange vorbereitet – um den Rettungskräften unter möglichst realistischen Bedingungen die Arbeit so schwer wie möglich zu machen.

Alle "Verletzten" konnten gerettet werden

Nach gut zwei Stunden war die Übung weitestgehend abgeschlossen, und Erleichterung machte sich auf den Gesichtern der Organisatoren und der Einsatzkräfte breit. Das Fazit: Die Übung verlief gut, alle Verletzten konnten gerettet werden. "Wir sind sehr zufrieden mit der Übung. Alle haben das Szenario ernst genommen und so gearbeitet, als wäre es ein echter Einsatz. Besonders die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Organisationen hat hervorragend geklappt", so Pressesprecher Wolz.

Auch im Klinikum Würzburg Mitte erwies sich die Übung als Erfolg. Die Schockräume wurden in den ehemaligen Corona-Stationen vor dem Eingang der Notaufnahme eingerichtet; das Personal stand sowohl für die Übung, als auch für echte Notfälle bereit und versorgte die eingelieferten Unfallopfer. "Für uns war der Schwerpunkt der Übung das Übergabeszenario der Verletzten an die Klinik", erklärte die Chefärztin der Notaufnahme, Dr. Elisabeth Bösl, vor Ort. "Die Kommunikation an den Schnittstellen ist das Wichtigste – hier gehen die meisten Informationen verloren."

 
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Kommentare
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  • Felix Habermann
    @ an den Autor ! ! !
    Die Feuerwehrler tragen keine Gasmasken
    sondern Atemschutzmasken.
    Bitte um Korrektur des Berichtes ! ! !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
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  • Catharina Hettiger
    Sehr geehrter Herr Habermann, danke für Ihren Hinweis, der Begriff wurde im Text ausgebessert.

    Catharina Hettiger, Redaktion Würzburg Stadt und Land
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  • Christina Gold
    Das war in der Tat eine spannende und lehrreiche Übung für alle Beteiligten.
    Wichtig wäre noch zu erwähnen, dass auch fast 100 ehrenamtliche Einsatzkräfte von BRK, Johannitern und Maltesern mitgeübt haben. Ihre Aufgabe war Sichtung und Behandlung der verletzten Personen unter diesen sehr realen Bedingungen sowie der anschließende Abtransport in die Kliniken. Außerdem waren sie zur Beobachtung und Protokollierung des Ablauf der Übung vor Ort. Ich finde, dieses große Engagement unserer Ehrenamtlichen hätte eine explizite Erwähnung in Ihrem Artikel durchaus verdient gehabt.

    Christina Gold
    Pressesprecherin
    Malteser Hilfsdienst e. V.
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  • Catharina Hettiger
    Sehr geehrte Frau Gold, danke für Ihren Hinweis, um den wir den Artikel ergänzt haben.

    Catharina Hettiger, Redaktion Würzburg Stadt und Land
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  • Klaus B. Fiederling
    das ist echter soziale Arbeit was unsere Feuerwehren immer wieder leisten. Die meisten sind ja wohl freiwillige Feuerwehrler, also nach ihrer Arbeit, opfern sie viele Stunden von ihrer Freizeit zum Wohl für uns alle auf. Liebe Feuerwehrler, macht weiter so.
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