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Würzburg
Eingesprungen als Chef nach Trabusch-Aus: Herr Rootering, ist das Mainfranken Theater Würzburg ein Trümmerhaufen?
Die Liste der akuten Aufgaben ist lang: Georg Rootering soll als Interimsintendant das Würzburger Theater neu ausrichten - vor allem atmosphärisch. Wie er das machen will.
Er will dem Mainfranken Theater Würzburg inneren Frieden und Stabilität zurückgeben: Georg Rootering wird das Haus als Interimsintendant in den kommenden 18 Monaten leiten.
Foto: Thomas Obermeier | Er will dem Mainfranken Theater Würzburg inneren Frieden und Stabilität zurückgeben: Georg Rootering wird das Haus als Interimsintendant in den kommenden 18 Monaten leiten.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 16.01.2025 02:37 Uhr

Der Theatermann Georg Rootering ist seit 1. Januar Interimsintendant des Mainfranken Theaters Würzburg. Sein Vorgänger Markus Trabusch und die Stadt Würzburg hatten sich Mitte Dezember vorzeitig getrennt. Der 68-jährige Rootering soll das Theater nun bis zum Amtsantritt eines dauerhaften Nachfolgers oder einer Nachfolgerin 18 Monate lang als Interimsintendant leiten - also bis Beginn der Saison 2026/2027.

In Würzburg findet Rootering ein Haus vor, das in den vergangenen Jahren nicht nur durch Kunst aufgefallen ist, sondern auch durch einen Dauerkonflikt zwischen Belegschaft und Intendanz.

Unzufriedenheit auf vielen Ebenen, große Fluktuation, vielleicht weitere Bauverzögerungen sind Themen, die auf den erfahrenen Theatermann zukommen. Was helfen dürfte: Das Theater ist ihm seit den 1990er Jahren vertraut. Er selbst sagt: "Ich habe dem Haus enorm viel zu verdanken." 

Nach Stationen in Zürich, München, Wien und Essen war Rootering in Würzburg von 1995 bis 1997 Oberspielleiter des Musiktheaters. Als Regisseur realisierte er bis 2012 hier 17 Musiktheaterproduktionen. 1997 wurde er Intendant des Theaters am Kirchplatz in Schaan im Fürstentum Liechtenstein, seit 2006 ist er als freier Regisseur tätig.

Aktuell für 2025 war Rootering schon vor dem Trabusch-Aus in und für Würzburg im Einsatz: als künstlerischer Leiter der Veranstaltungsreihe "Feiheyt 1525 – Freiheit 2025" zu 500 Jahren Bauernkrieg in Würzburg.

Herr Rootering, als ich vor einigen Monaten den Intendanten eines deutschen Theaters fragte, ob er sich vorstellen könnte, sich in Würzburg zu bewerben, lautete die Antwort: "Um Himmelswillen, das ist doch ein Trümmerhaufen." Ist das Mainfranken Theater ein Trümmerhaufen?

Georg Rootering: Nein. Eindeutig nein. "Trümmerhaufen" ist kein gut gewählter Begriff, wenn man sich vor Augen hält, dass die hervorragende, wunderbare Belegschaft des Hauses zu vielem bereit ist und sehr, sehr viel leistet. Wenn das alles zueinander findet und wir gemeinsam denken und agieren, wird es zu ganz neuen Kräften kommen. Wir sind in einer zugegebenermaßen problematischen Situation. Einfach durch die bisherigen Verzögerungen der Umbauphase. Aber das wird sich einrenken, man hat ein Ziel vor Augen, auch wenn der Einzug ins neue Haus noch vier bis fünf Jahre dauern wird.

Georg Rootering und Gábor Hontvári beim Abschied des Kapellmeisters und Dirigenten am Dreikönigstag.  Der neue Intendant will möglichst schnell möglichst direkten Kontakt zur Belegschaft aufbauen.
Foto: Heiko Becker | Georg Rootering und Gábor Hontvári beim Abschied des Kapellmeisters und Dirigenten am Dreikönigstag.  Der neue Intendant will möglichst schnell möglichst direkten Kontakt zur Belegschaft aufbauen.
Der Spalt zwischen Leitung und Belegschaft war immer wieder Thema. Der Personalrat kritisierte unsinnigen Produktionswege und intransparente Entscheidungen. Kapellmeister Gábor Hontvári, der gerade das Haus verlassen hat, spricht von "gewichtigen Problemen", die nicht nur mit der Person Trabusch zu tun hätten. Wo setzen Sie an?

Rootering: Zur Vorgeschichte kann ich nichts sagen. Ich bin erst seit wenigen Tagen dabei, mir einen Überblick zu verschaffen. Den ersten Teil meiner Aufgabe sehe ich darin, das Haus erst einmal intern zu befrieden und ihm Stabilität zurückzugeben. Gleichzeitig will ich eine neue, hoffentlich kluge Struktur zu den einzelnen Bereichen entwerfen. Dazu muss ich aber erst wissen, wo die Nöte und Begehrlichkeiten sind. Wo der Schuh drückt. Es geht jetzt darum, Arbeitsrhythmen und Produktionszeiten zu analysieren und dann neue Vorschläge zu machen und umzusetzen.

"Ich habe eine Parole ausgegeben, die ganz wörtlich für alle gilt: Meine Tür steht offen."
Georg Rootering, Interimsintendant am Mainfranken Theater Würzburg
Wie könnten die konkret aussehen?

Rootering: Es geht vor allem um Produktionsverläufe. Den Weg von der Benennung der Teams über die Vorbereitung einer Produktion bis hin zu deren Umsetzung. Da müssen wir uns genau anschauen, wie wir mit den Zeiten umgehen. Da spielen auch Technik und Personal im Hintergrund eine große Rolle.

Georg Rootering: 'Es gilt, zwei Gefäße miteinander zu vergleichen - das Gefäß des Angebots für das Publikum und das Gefäß der vorhandenen Produktionszeiten.'
Foto: Thomas Obermeier | Georg Rootering: "Es gilt, zwei Gefäße miteinander zu vergleichen - das Gefäß des Angebots für das Publikum und das Gefäß der vorhandenen Produktionszeiten."
Genau aus diesen Bereichen hört man auch Stichwörter wie Überarbeitung, Erschöpfung, hohe Fluktuation.

Rootering: Das greift alles ineinander. Es gilt, zwei Gefäße miteinander zu vergleichen: das Gefäß des Angebots für das Publikum und das Gefäß der vorhandenen Produktionszeiten. Wenn man diesen Fragen offen begegnet und dabei die Expertise und Kompetenz der Mitarbeitenden berücksichtigt, wird sich sehr vieles auflösen. Es wird sich zusammenfinden und zu einem regelrechten Klimawandel führen, den das Haus meiner Ansicht nach dringend braucht. Ich habe eine Parole ausgegeben, die ganz wörtlich für alle gilt: Meine Tür steht offen. 

Generalmusikdirektor, Erster Kapellmeister und Studienleiter sind gegangen oder werden gehen, es ist noch kein neuer Konzertmeister gefunden. Gábor Hontvári hatte vor 13 Monaten gekündigt, aber es ist noch kein neuer Erster Kapellmeister benannt. Noch eine Baustelle also?

Rootering: Das Verfahren, einen Ersten Kapellmeister zu finden, wird jetzt eingeleitet. Diese ganzen Bewegungen hängen in meiner Wahrnehmung sehr damit zusammen, wie bisher Dinge gelaufen sind. Das versuche ich zu korrigieren. Es gab auch im Bereich des Musiktheaters große Unruhe. Auch hier gilt es, Ruhe reinzubringen und Kreativität zu fördern.

"Oberste Autorität ist die Bühne - das ist der Bereich, in den wir unsere Kreativität lenken müssen."
Georg Rootering, Theatermann, Regisseur und Interimsintendant 
Für die Oper "Carmen", ursprünglich als Inszenierung von Markus Trabusch eingeplant, wird ein neues Regieteam gebraucht. Wie weit sind Sie da? 

Rootering: "Carmen" ist gerade am dringendsten. Da sollte es binnen zwei, drei Tagen eine gute Lösung geben, die wir dann auch bekanntgeben können. Man wird sich auch die Spielplanpolitik insgesamt anschauen müssen. Im kommenden April und Mai wird für mich zu wenig Musiktheater gezeigt. Das kann man aber beheben, da bereiten wir gerade ein kleines, feines Schmuckstück vor. 

Wie gehen Sie mit dem Spielplan für die kommende Saison um?

Rootering: Der ist natürlich schon weit fortgeschritten - wäre auch fatal, wenn das nicht so wäre. Auch da haben wir einen gewissen Zeitstress. In den nächsten Wochen müssen wir überprüfen, ob dieser oder jener Titel sich realisieren lässt. Da sitzt man viel zusammen, da gibt es eine Fülle von Besprechungen. Oberste Autorität für mich ist aber immer die Bühne - das ist der Bereich, in den wir unsere Energie und unsere Kreativität lenken müssen.

 
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  • @Ralph Milewski
    " ... wenn alle Beteiligten ..."
    Die Begleiter der "Menschen mit Behinderung" sollten in Ihre Schulungsmaßnahmen einbezogen werden.
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  • Ralph Milewski
    Inklusion kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten verstehen, was der Begriff tatsächlich bedeutet. Zu oft wird er falsch interpretiert – als Synonym für Barrierefreiheit oder Sonderlösungen. Doch Inklusion ist keine separate Maßnahme, sondern eine Haltung, die Menschen mit Behinderungen als gleichberechtigten Teil der Gesellschaft begreift.

    Das Mainfranken Theater hat jetzt die Chance, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Dazu bedarf es aber mehr als guter Absichten: Eine umfassende Schulung aller Mitarbeitenden ist notwendig, um Missverständnisse abzubauen, Vorurteile zu hinterfragen und konkrete Kompetenzen zu vermitteln.

    Nur durch ein gemeinsames Verständnis kann Inklusion vom Schlagwort zur gelebten Realität werden – auf der Bühne, hinter den Kulissen und im Publikum. Georg Rootering könnte hier neue Maßstäbe setzen, wenn er diesen Ansatz konsequent verfolgt.
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  • Steffen Cyran
    Sie haben gar nicht erkannt, daß diese ganze Inklusions-Debatte nichts weiter war als ein gefundenes Fressen der Trabusch-Gegner, die ihn aus ganz anderen Gründen (!) weghaben wollten. Stimmts?
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  • Ralf Eberhardt
    Die Aussagen von Herr Rootering wirken gut - für das Ensemble, das Mainfrankentheater und seine Entwicklung. Äuffällig auch, dass er nicht mit großen Schuldzuweisungen und überflüssigem Blick in die Vergangenheit agiert. Allerdings hat er auch nicht allzu viel Zeit für die Gestaltung von Veränderungen und mit der Neubesetzung der Indendantenstelle wird ja dann auch nochmals neu aufgesetzt. Jetzt erst mal viel Energie und Erfolg für Herr Rootering!
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  • Peter Levin Schuster
    Georg Rootering gibt mir die Hoffnung, daß von der ideologischen wieder zur Sachebene zurückgekehrt wird.

    Ich wünsche ihm viel Erfolg bei der Erreichung seiner großen Ziele.
    Das Mainfranken Theater hat es verdient.
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  • Barbara Fersch
    lieber ein kleineres Theater, jedoch gute Zusammenarbeit, als diesen "Klotz" für 100 Millionen, der womöglich gar nicht fertig gestellt wird ???
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  • Steffen Cyran
    Diese beiden Themen hängen nicht zusammen.
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  • Womöglich haben Sie nichts an den Vorgängen verstanden?
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