
Die Bundestagswahl ist entschieden und die Ergebnisse bringen für die Direktkandidatinnen und Kandidaten aus Würzburg Licht und Schatten. Während Hülya Düber (CSU) und überraschenderweise auch Aaron Valent von der Linken den Sprung ins Parlament geschafft haben, musste Andrew Ullmann (FDP) sein Mandat abgeben. Auch für Jessica Hecht von den Grünen hat es knapp nicht gereicht. Mit Listenplatz 15 ist sie aber die erste Nachrückerin bei den Grünen auf der Bayern-Liste.
Einen Tag nach der Wahl hat diese Redaktion mit ihnen gesprochen: Wie bewerten sie das Wahlergebnis? Und was bedeutet es für ihre politische Zukunft?
Hülya Düber: Am Montag gleich der erste Termin als Bundestagsabgeordnete

"Ich glaube, es dauert noch ein bisschen, bis ich es wirklich realisiert habe", sagt eine überglückliche Hülya Düber am Montagvormittag. Nach dem Termindruck der vergangenen Wochen fühlen sich die ersten freien Stunden "ein bisschen komisch an". Um 14 Uhr nimmt sie den ersten Termin als künftige Abgeordnete des Bundestags wahr: Zusammen mit anderen CSU-Vertretern trifft sie sich mit dem Betriebsrat des von der Schließung bedrohten Würzburger Industriebetriebs Brose.
Sozialreferentin der Stadt bleibt die 46-Jährige noch ein paar Wochen lang. Wenn ab Mitte März das amtliche Endergebnis der Wahl vorliege, ruhe ihr Mandat als berufsmäßige Stadträtin. "Ich werde noch einige Themen abschließen beziehungsweise übergeben", sagt Düber.
Eine Wohnung in Berlin hat sie noch nicht gesucht, sie wird nach Fraktionssitzungen oder Landesgruppensitzungen erstmal im Hotel übernachten. Einbringen will die Sozialpolitikerin ihre Expertise zum Beispiel in den Ausschüssen für Arbeit und Soziales oder Familie. Doch bei rund 23 Sitzungswochen im Jahr in Berlin bleibe ihr noch genug Zeit im Wahlkreis. Dort will Düber regelmäßige Sprechstunden und niederschwellige Formate anbieten, um mit Bürgerinnen und Bürgern zu sprechen. "Ich will die Bodenhaftung nicht verlieren und mit dem Ohr weiter an den Bedürfnissen der Menschen bleiben."
Aaron Valent fährt am Montag schon nach Berlin und trifft sich dort mit der neuen Linken-Fraktion

"Ziemlich unausgeschlafen, aber total glücklich" zeigt sich Aaron Valent am Morgen nach der Wahlnacht. "Die Endorphine tragen mich gerade durch den Tag." Der Würzburger Linken-Kandidat zieht überraschend auf Listenplatz 6 in den Bundestag ein. Erst mit dem vorläufigen Endergebnis in der Nacht stand fest, dass es für den 27-Jährigen tatsächlich klappt.
Für Valent ist es ein Sprung ins kalte Wasser. Schon am Montag fährt er nach Berlin, lernt dort am Dienstag seine neue Fraktion kennen. Ein langes Programm sei schon geplant, bei dem es vor allem um Organisatorisches ginge. "Es fühlt sich an, wie der erste Schultag. Nur, dass wir eine Bahncard 100 statt einer Schülerfahrkarte bekommen."
Apropos Schule: Seine Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachangestellten will Valent neben dem Abgeordnetenmandat abschließen. Wie das gehen könnte, müsse er jetzt erstmal mit seiner Chefin und der Berufsschule abklären.
Jessica Hecht will sich Restadrenalin bewahren

Montagmorgen um 9 Uhr sitzt Jessica Hecht (Bündnis90/Die Grünen) schon wieder in der Sitzung des Kreisausschusses im Landratsamt. Sie sieht müde aus. "Der Wahlkampf war anstrengend", sagt die 52-Jährige, die erst einmal Lehrerin bleiben wird. Denn den Einzug in den Bundestag hat sie nicht geschafft. 14 Abgeordnete stellen die bayerischen Grünen künftig im Parlament. Hecht kandidierte auf Platz 15 der Landesliste und als Direktkandidatin im Wahlkreis Würzburg.
"Ich werde mir Restadrenalin bewahren", sagt sie. Denn es könne ja jederzeit passieren, dass sie als erste Nachrückerin doch noch Abgeordnete wird. Mit ihrem Wahlergebnis ist sie zufrieden – persönlich und auch für die Grünen in Stadt und Landkreis Würzburg. "Wir liegen deutlich über dem Landes- und Bundesdurchschnitt. Und was die Erststimmen angeht, so sind bayernweit gesehen nur drei besser. Da muss ich mich nicht verstecken."
Katharina Räth will sich künftig auf kommunalpolitischer Ebene betätigen

Natürlich sei sie enttäuscht über das Abschneiden ihrer Partei, sagt SPD-Direktkandidatin Katharina Räth am Tag nach der Wahl. Hunderte von Klinken hatte sie in den letzten Wochen beim Haustürwahlkampf geputzt, Infostände besucht und bis in die späte Nacht Plakate geklebt, obwohl sie auf Platz 28 der Landesliste im Prinzip keine Chance hatte, selbst in den Bundestag einzuziehen. Inzwischen geht ihr Blick nach vorn. Den eindeutigen Regierungsauftrag an eine schwarz-rote Koalition bewertet die 41-jährige Gewerkschaftssekretärin als positiv. So bleibe dem Land ein wochenlanges Polit-Poker erspart.
Auf überregionaler Ebene engagiert sich Katharina Räth weiterhin als Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit der SPD und als Mitglied im Bundesvorstand. Künftig wolle sie sich auch auf kommunale Ebene im Landkreis engagieren. Für Manöverkritik am eigenen Wahlkampf sei es noch zu früh. "Das müssen wir aufarbeiten und sehen, was wir künftig besser machen können", so Räth. Sehr positiv habe sie beeindruckt, mit welcher Geschlossenheit die SPD in Stadt und Landkreis den Wahlkampf geführt hat.
Andrew Ullmann löst Berliner Wohnung und Büros auf

"Erschüttert" über das Ergebnis seiner Partei (4,3 Prozent) ist der FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann auch am Tag nach der Wahl noch: "Dass es knapp werden würde, war klar, aber in dieser Deutlichkeit hätte ich es nicht erwartet." Er selbst habe mit einem Ergebnis von deutlich über 5 Prozent gerechnet, "aber da hat mich wohl die gute Stimmung an unseren Wahlständen fehlgeleitet".
Den Rückzug Christian Lindners als Parteichef bedauert Ullmann. "Er war derjenige, der mich nach dem Bundestags-Aus der FDP 2013 bewogen hat, in die Bundespolitik zu gehen." Nach über sieben Jahren im Parlament muss Ullmann seinen Berliner Arbeitsplatz jetzt aufräumen. Die Wohnung in der Hauptstadt ist schon gekündigt, die Abgeordnetenbüros werden aufgelöst. Er selbst habe ein Rückkehrrecht in die Würzburger Uniklinik, wo er seit 2012 Universitätsprofessor ist.
Der FDP-Kreisvorstand wolle sich noch am Montagabend mit dem Wahlergebnis beschäftigen. Zudem gehe es nun darum, sich auf die Kommunalwahl 2026 zu konzentrieren, so Ullmann, der seit 2020 auch Stadtrat in Würzburg ist. Und wie sieht es mit möglichen Ambitionen in Sachen OB-Kandidatur aus? Dazu wollte sich Ullmann in Hinblick auf die Wahlniederlage vom Sonntag zunächst nicht äußern.
Federico Beck ist wehmütig

Federico Beck von der AfD empfindet beim Blick auf das Wahlergebnis eine gewisse Wehmut. Zwar sei er grundsätzlich zufrieden, da sich das Ergebnis seiner Partei seit 2021 verdoppelt habe, dennoch habe er mit mindestens 22 Prozent der Stimmen gerechnet. Das Resultat in Würzburg überraschte ihn jedoch nicht. "Natürlich war mir persönlich im vorab klar, dass es schwer wird, über das Direktmandat in den Bundestag zu kommen, aber ein blaues Wunder in Würzburg wäre ein Novum gewesen", sagt er.