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Würzburg
Dr. Helds Corona-Tagebuch: Zögern geht auf der Intensivstation nicht
Die Bilder von beatmeten Covid-Patienten erschrecken. Was aber heißt Intensivstation wirklich?Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte, berichtet exklusiv.
Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte, erklärt in seinem Tagebuch, warum auf der Intensivstation jeder Handgriff der Mediziner und Pfleger sitzen muss.
Foto: Thomas Obermeier | Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte, erklärt in seinem Tagebuch, warum auf der Intensivstation jeder Handgriff der Mediziner und Pfleger sitzen muss.
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:40 Uhr

Wir versorgen im Klinikum derzeit elf Covid-Erkrankte, einen davon auf der Intensivstation. Zwei Patienten konnten gestern wie geplant entlassen werden. Das zeigt: Auch am Freitag den 13. gibt es bei uns keine Explosion der Zahlen, zum Glück. Trotzdem müssen wir unsere Behandlungs-Konzepte immer wieder nachschärfen.

Genau das hat mich heute beschäftigt: Wir überarbeiten momentan für Corona-Patienten die sogenannten Standard Operating Procedures, sprich die Standard-Verfahrensanweisungen. Denn seit dem Frühjahr ist das Wissen über das Virus stetig gewachsen. Wir müssen nun sicherstellen, dass die Erkrankten immer nach den neusten Methoden behandelt werden. Beispielsweise geht es dabei darum, welche Medikamente helfen können oder um die Abläufe auf der Intensivstation.

Wenn ein Notfall kommt, muss dort jeder Handgriff sitzen. Zeit zu zögern gibt es nicht. Egal, ob dann eine künstliche Beatmung eingeleitet oder ein Luftröhrenschnitt gemacht werden muss, für jeden Intensivmediziner sind das Standardverfahren. Die Isolationsbedingungen aber erschweren das, man muss schnell arbeiten und in Schutzkleidung. Das erhöht den Stress.

Beatmete Corona-Patienten müssen oft auf den Bauch gedreht werden

Grundsätzlich beginnt ein Tag auf der Intensivstation mit der Visite des interdisziplinären Ärzteteams und der Pflegekräfte. Bei Corona-Patienten gehen sie strukturiert die Befunde durch, prüfen etwa die Sauerstoffversorgung, die Nieren- und Magen-Darm-Funktion oder die Laborwerte. So ein kompletter Check wird einmal pro Schicht durchgeführt. Wenn dann im Tagesverlauf akut Verschlechterungen auftreten, wird sofort reagiert. Daneben heißt Intensivstation nicht, dass ein beatmeter Patient einfach nur an Schläuche angeschlossen da liegt. Er muss gepflegt werden, die Fachkräfte kümmern sich um die Haut, die Mundhöhle oder um die Ernährung.

Bei Corona-Patienten ist es oft auch nötig, sie während der künstlichen Beatmung auf den Bauch zu drehen. So können hintere Abschnitte der Lunge leichter belüftet werden. Aber: Einen Patienten, der beatmet wird und an zahlreiche Kabel angeschlossen ist, zu drehen, das ist gar nicht so einfach – das geht nur im Team. Und dabei muss eben jeder genau wissen, was er zu tun hat.

Die schönste Nachricht des Tages hat mich heute in Form eines Studienprotokolls erreicht. Das Klinikum wird an einer größeren Studie teilnehmen, bei der es darum geht, Corona-Infektionen besser zu verstehen. Wir werden eines der Studienzentren und stecken nun mitten in der Vorbereitung.

Corona-infizierte Pflegekräfte einzusetzen, wird bislang nicht erwogen

Weit entfernt sind wir hingegen von dem so erhitzt diskutierten Vorschlag, im Notfall auch Corona-infizierte Pflegekräfte einzusetzen. Dass das bundesweit für den absoluten Katastrophenfall erwogen wird, ist denkbar – wird bei uns aber bislang nicht erwogen. Wir haben derzeit ausreichend Betten und können die personell gut bedienen.

Insgesamt kann man zum Halbzeit-Wochenende des Lockdown sagen: Es wird für mich arbeitsreich, auch in dieser Woche sind viele Dinge auf meinem Schreibtisch liegen geblieben. In der Klinik sind wir generell weiter angespannt, ja, aber es läuft bisher gut. Das mag optimistisch klingen. Aber manchmal hilft Optimismus mehr als, wenn wir nur Schwarzsehen würden.

Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist auch für die Behandlung von Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er in den nächsten Wochen täglich Einblicke in den Klinikalltag unter: www.mainpost.de/corona-tagebuch

 
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