Wir haben die neue Woche im Klinikum Würzburg Mitte mit 26 Corona-Patienten begonnen, vier davon werden auf den Intensivstationen an beiden Standorten behandelt. Der Eindruck, dass die Zahlen leicht zurückgingen, trügt jedoch leider: Gerade am Wochenende kamen einige Covid-Erkrankte neu hinzu. Erfreulich ist dennoch, dass gerade eine ganze Reihe von Patienten entlassen werden können.
Über eine Corona-Patientin haben wir in der Visite länger mit Kollegen aus verschiedenen Fachbereichen gesprochen. Ihr Beispiel zeigt, dass wir in der Medizin nie nur das eine Organ, das eine Problem betrachten dürfen. So kam die Frau eigentlich mit einer Covid-Lungenentzündung zu uns, die sie mittlerweile gut überstanden hat. Nur: Dabei blieb es nicht. Erst traten Herzrhythmusstörungen auf, die haben wir in den Griff bekommen. Dann litt die Patientin plötzlich unter Durchfällen – und wir haben einen Tumor im Enddarm entdeckt. Sie wird nun im Viszeralonkologischen Zentrum im Juliusspital operiert. Unser Ziel ist es, dass sie möglichst bald alles überstanden hat.
Bewegt hat mich auch ein Gespräch mit einer Kollegin am Wochenende. Sie hat mir von ihrem Bruder erzählt, der in einer anderen Stadt in Bayern lebt und eine Lungenembolie erlitten hat. Er hatte Atemprobleme, die immer schlimmer wurden. Die Diagnose aber verzögerte sich, auch, weil er erst auf das Ergebnis eines Corona-Tests warten wollte. Das zeigt: Bei akuten Beschwerden muss man sofort die Notfallversorgung in Anspruch nehmen! Niemand sollte aus Furcht vor einer Corona-Infektion oder aus Sorge, andere anzustecken, die Diagnostik verzögern. Das gilt nicht nur bei plötzlicher Atemnot, sondern etwa auch bei Schmerzen im Brustkorb, im Bauch oder bei neurologischen Symptomen.
Situation in Würzburg bleibt angespannt – aber kontrolliert
Was in den vergangenen Tagen viele Mitarbeiter berührt hat, war der Tod von Professor Werner Strik. Er war einer meiner Vorgänger als Chefarzt der Inneren Medizin am Missio und als Ärztlicher Direktor und wurde hier in der Klinik wegen Covid-19 behandelt. Leider konnten wir die Erkrankung nicht mehr wenden, er starb an den Folgen der Lungenentzündung. Das hat mich sehr traurig gemacht und viele Mitarbeiter sehr bewegt. Er war auch nach seiner beruflichen Tätigkeit hier präsent, einige kannten ihn lange. Unser Mitgefühl gehört jetzt seiner Familie. Und wir hoffen, wir konnten ihn trotzdem gut begleiten.
Gute Nachrichten gibt es mit Blick auf die Impfungen: Am Montag wurde im Klinikum der 500. Mitarbeiter geimpft – das entspricht in etwa einem Viertel der Belegschaft. Auch ich selbst bin geimpft. Die Impfbereitschaft ist generell bei uns weiter enorm hoch – dafür kann man allen nur danken.
Insgesamt muss man sagen: Wir arbeiten in Würzburg nach wie vor angespannt, aber die Situation ist derzeit aus meiner Sicht recht gut unter Kontrolle. Die Gefahr der Triagierung besteht aktuell nicht. Wenn man aber die bundesweit nach wie vor hohen Infektionszahlen vor Augen hat, weiß man, dass auch in der Region alles nur ein labiles Gleichgewicht ist.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist für die Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er seit vielen Wochen regelmäßig Einblicke in den Klinikalltag: www.mainpost.de/corona-tagebuch