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Würzburg
Dr. Helds Corona-Tagebuch: "Die Pandemie ist nicht Ende März vorbei"
Corona-positive Krebspatienten, die dringend eine Chemo brauchen. OPs unter Isolationsbedingungen. Der Würzburger Klinik-Arzt Matthias Held sagt: Normalbetrieb ist das nicht.
Lungenspezialist Dr. Matthias Held vom Klinikum Würzburg Mitte hofft und appelliert: 'Weiter Eigenverantwortung zeigen, sich schützen und nicht zu unvorsichtig werden.'
Foto: Archivbild: Daniel Peter | Lungenspezialist Dr. Matthias Held vom Klinikum Würzburg Mitte hofft und appelliert: "Weiter Eigenverantwortung zeigen, sich schützen und nicht zu unvorsichtig werden."
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:59 Uhr

Wir behandeln im Klinikum Würzburg Mitte aktuell 35 Covid-Erkrankte, davon erfreulicherweise keinen auf der Intensivstation. Unter anderem hatten wir in dieser Woche aber sechs Kinder mit Covid-19 in der Kinderklinik.

Tatsächlich hat unsere Kinderklinik in diesem Winter immer wieder Kinder mit Covid-Lungenentzündungen aufgenommen – das war in den ersten Wellen nicht der Fall. Die Betroffenen waren zum Glück nicht intensivpflichtig, aber so krank, dass sie stationär betreut werden mussten.

Chemotherapie trotz positivem Corona-Test

Stark beschäftigt haben uns zwei Tumorpatienten, eine 39-jährige Lymphom-Patientin und ein 64-jähriger Mann mit Lungenkrebs. Beide sind Corona-positiv, aber klinisch nicht krank – und beide benötigen die Fortsetzung ihrer Chemotherapie. Das ist eine neue Situation. Normalerweise setzt man eine Chemotherapie aus, wenn Patienten einen Infekt haben. Durch Omikron und die Infektionsdynamik gibt es aber mittlerweile Konstellationen, in denen Patienten positiv und onkologisch dringend behandlungsbedürftig sind.

Genau das war bei den beiden Patienten der Fall. Und da beide keine Corona-Symptome zeigten, haben wir uns entschieden, die Chemotherapie durchzuführen.

So etwas ist keine leichte Entscheidung. Man muss sich die Patienten individuell anzuschauen und Nutzen und Risiko genau abzuwägen. Hier wäre der Nachteil durch ein Aussetzen der Chemotherapie größer gewesen. Gleichzeitig bedeutet die Entscheidung, dass die Chemotherapie natürlich unter Isolationsbedingungen durchgeführt werden muss, um andere Krebspatienten nicht zu gefährden. Das funktioniert inzwischen gut. Es war aber eine Herausforderung.

Insgesamt bleibt die Dynamik hoch – und das wird uns im Krankenhaus noch eine ganze Weile begleiten. Die Pandemie ist, auch wenn das gesellschaftlich und politisch vielleicht gerade so wahrgenommen wird, nicht Ende März vorbei. In den Kliniken wird sie uns weiter fordern.

Das zeigt auch das Beispiel eines Patienten, der Corona-positiv ist und mit einer Lungenentzündung und der Komplikation einer Eiteransammlung im Rippenfell zu uns in die Klinik kam. Es war klar, dass er thoraxchirurgisch operiert werden muss – allerdings unter Isolationsbedingungen. Das ist eine logistische Mammutaufgabe und eine viel größere Belastung, als eine OP unter normalen Umständen. Ähnliche Fälle erleben auch die Viszeral- und Unfallchirugen im Juliusspital. In der Versorgung solcher Fälle ist man sicher wesentlich routinierter als vor zwei Jahren, es ist aber nach wie vor mit Mehraufwand verbunden.

Gemischte Gefühle angesichts der Lockerungen

Blickt man aus dieser Lage auf die Entscheidung, Bars, Kneipen und Clubs wieder zu öffnen, muss man sagen: Sicher merken wir mit den Impfungen und Omikron eine geringere Krankheitsschwere. Trotzdem arbeiten wir in der Medizin noch nicht wieder unter Normalbedingungen. Da werden die Lockerungen schon mit gemischten Gefühlen wahrgenommen. Wir hoffen extrem, dass die Menschen Eigenverantwortung zeigen, sich schützen und nicht zu unvorsichtig werden.

Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (51) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist für die Covid-19-Patientinnen und -Patienten zuständig. In seinem Tagebuch gibt er regelmäßig Einblicke in den Klinikalltag. Alle Folgen finden Sie unter www.mainpost.de/corona-tagebuch

 
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