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Würzburg
Dr. Helds Corona-Tagebuch: Der Krieg relativiert manches in der Pandemie
Der Krieg beschäftigt auch das Team im Würzburger Klinikum. Zugleich suchen Risikopatienten angesichts der Lockerungen Rat. Was rät ihnen Lungenspezialist Dr. Matthias Held jetzt?
'Wir geben alle sehr viel – aber wir bekommen auch unglaublich viel zurück', sagt Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte.
Foto: Archivbild: Daniel Peter | "Wir geben alle sehr viel – aber wir bekommen auch unglaublich viel zurück", sagt Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte.
Bearbeitet von Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:00 Uhr

Wir behandeln im Klinikum Würzburg Mitte derzeit 39 Covid-Erkrankte, davon drei auf den Intensivstationen. Die Belegungszahlen sind leicht rückläufig, sie fordern uns aber noch heraus.

Normalerweise sprechen wir hier über die Corona-Situation und darüber, wie sehr diese einschränkt. Jetzt aber sind die Gedanken des Teams auch bei den Menschen, die unter Kriegszuständen leiden. Die aktuelle weltpolitische Lage relativiert die Pandemie - zumindest insofern, als dass man daran erinnert wird, wie schnell Frieden und Freiheit bedroht sein können und wie viel beeinträchtigender Krieg ist. Das macht nachdenklich.

Einen Grund, Danke zu sagen, gab es für mich am Montag, dem Tag der Seltenen Erkrankungen. Wir behandeln sowohl Patientinnen und Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie und mit  Sarkoidose. Im Lungengefäßzentrum musste für sie während der Pandemie vieles angepasst werden. Wir haben es geschafft, keinen dieser Patienten durch Covid-19 zu verlieren. Dafür möchte ich mich beim Team bedanken.

Der zweiseitige Dankesbrief einer 90-Jährigen

Besonders berührt hat mich der Brief einer Patientin, bei der ich vor zwei Jahrzehnten eine Haarzell-Leukämie diagnostiziert habe. Die Patientin ist inzwischen 90 Jahre alt und wandert, wie sie schreibt, immer noch jeden Tag zweieinhalb Stunden. Sie hat mich durch das Corona-Tagebuch wiedererkannt und mir einen zweiseitigen Brief geschrieben, der vor Lebensfreude sprüht. Und sie äußert so viel Dankbarkeit dafür, dass sie trotz der Diagnose mit onkologischer Fachbetreuung so gut leben kann.

Warum ich das erzähle? Es sind solche Momente, die uns in der medizinischen Versorgung motivieren. Wir geben alle sehr viel – aber wir bekommen auch unglaublich viel zurück.

Bitte um Verständnis: In der Pandemie kann nicht immer alles optimal laufen

Das habe ich bei der Beantwortung von Patientenschreiben gesehen. Es gab zahlreiche positive Reaktionen – aber auch einzelne Nachfragen, warum etwa zu wenig Zeit war, individuelle Diagnosen oder Therapieentscheidungen zusätzlich Angehörigen zu erklären. Hier kann ich nur um Verständnis bitten: In der Pandemie ist der Druck noch immer so hoch, dass nicht immer alles optimal laufen kann.

Sehr bewegt hat mich das Gespräch mit einem 54-jährigen Lungenfibrose-Patienten. Seine Familie hat sich immer strikt an die Kontaktbeschränkungen gehalten und alle waren sehr vorsichtig. Schlicht aus seiner berechtigten Angst heraus, dass eine Infektion bei ihm tödlich verlaufen könnte oder seine Grunderkrankung verschlechtern würde.

Nun aber hat sich die Pandemie verändert, durch Omikron und neue Medikamente. Deshalb suchte der Patient Rat, wie er sich verhalten soll. Dabei hat man deutlich seine Anspannung gespürt – er selbst fürchtet sich nach wie vor, will aber seine Kinder nicht einschränken. Ich habe ihm geraten, vorsichtig zu sein. Wir haben besprochen, wie man den Kindern entgegenkommen kann. Wichtig ist, dass er sich bei Symptomen sofort testet. Denn dann haben wir die Möglichkeit, frühzeitig zu behandeln und zu helfen. Solche Gespräche sind lang – aber enorm wichtig für den Patienten.

Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (51) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist für die Covid-19-Patientinnen und -Patienten zuständig. In seinem Tagebuch gibt er regelmäßig Einblicke in den Klinikalltag. Alle Folgen finden Sie unter www.mainpost.de/corona-tagebuch

 
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  • T. F.
    Ja, auch Ärzte brauchen Motivation, das wird von den Patienten leider oft vergessen....ich bin ein treuer Tagebuch-Leser von der 1. Stunde....ich möchte mich bei Ihnen einfach mal bedanken, bleiben Sie gesund und einfach wie Sie sind!
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