Michael Wolf, der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Würzburg, äußerte sich auf der Frühjahrsvollversammlung in seinem Bericht zur Lage deutlich. Der 60-Jährige ging unter anderem auf die "aus dem Ruder" gelaufenen Kosten ein. "Wir wissen nun schon seit einigen Jahren, dass sich die finanzielle Situation der Diözese in einer Schieflage befindet", sagte Wolf. Und: "Es wird prognostiziert, dass sich die Situation in absehbarer Zeit wohl nicht zum Besseren ändern wird." Es stelle sich deshalb die Frage: "Wohin und auf welchem Kurs sind wir? Wohin streben wir als Diözese? Wofür reichen unsere Mittel noch?" Die Redaktion hat bei ihm nachgefragt.
Frage: Was kann sich die Diözese noch leisten angesichts des hohen Defizits?
Michael Wolf: Ich sehe keine rosige Zukunft, was die Finanzlage der Diözese angeht, und gehe davon aus, dass wir uns auf eine weitere Verschlechterung der Situation einstellen müssen. 2020 war das erste Jahr, in dem die Nettolöhne gesunken sind. Sinken die Löhne, sinken die Steuern – also auch die Kirchensteuer.
Also bleibt es nicht nur bei der Schließung von Bildungshäusern?
Wolf: Wie unser Bischof schon gesagt hat, ist die Schließung der Bildungshäuser nur ein erster Schritt, der in aller Eile durchgeführt wurde. Zur echten Haushaltskonsolidierung müssen sicherlich weitere Maßnahmen folgen.
Der bischöfliche Finanzdirektor Sven Kunkel hat einen ausgeglichenen Haushalt bis 2025 angekündigt.
Wolf: Das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel. Wenn man sich die veröffentlichen Zahlen anschaut, auch die bilanztechnischen Zahlen, bleibt gar nichts anderes übrig als in Bälde einen ausgeglichenen Haushalt anzustreben. Die Rücklagen sind beschränkt. Die Frage ist: Was tut man?
Bischof Franz Jung hat an die Diözesanräte appelliert, Vorschläge zu machen, welche Aufgaben abgegeben werden sollen.
Wolf: Diesen Appell gebe ich zurück: Wir müssen uns für die gesamte Diözese erst mal die Ziele überlegen: Was tun wir? Was wollen wir in Zukunft tun? Meine Forderung, die ich bei der Versammlung formuliert habe, ist die nach einer klaren Strategie. Und anhand der kann man abschichten was leistbar ist und was nicht. Da gehört eine Prioritätendefinition dazu.
Ärger und Enttäuschung des Diözesanrat-Gremiums beim Thema Tagungshäuser waren deutlich spürbar...
Wolf: Wenn Maßnahmen nicht ordentlich kommuniziert werden, werden diese leicht als Willkür ausgelegt. Zudem stellt sich bei uns Diözesanräten das Gefühl der Machtlosigkeit ein. Wie ich in meinem Bericht zur Lage bereits betont habe, scheint es in der Katholischen Kirche kaum ein schwierigeres Problem zu geben als gute, transparente Kommunikation. Und in der Diözese Würzburg zeigt es sich aktuell deutlich in Bezug auf die Tagungshäuser. Hinzu kommt bei diesem Thema eine Ungleichverteilung: Würzburg ist, was diese Häuser angeht, sehr gut aufgestellt. Das Geld, das in die Sanierung des Matthias-Ehrenfried-Hauses geflossen ist, hätten sich auch die Einrichtungen in der Fläche gewünscht. Auch dort, im ländlichen Gebiet, müssen wir die Präsenz erhalten.
Sie wohnen in Schmerlenbach in Sichtweite des Tagungszentrums. Bedauern Sie die geplante Schließung?
Wolf: Das bedaure ich extrem. Zudem sind einige Fragen nicht gelöst. Denn es gibt keine bauliche Trennung zwischen den kirchlichen Gebäuden und dem Tagungshaus. Falls es ein Hotel wird, muss hier investiert werden. Und dann hat die Pfarrgemeinde künftig keine Sitzungsräume mehr. Wir konnten bislang immer ins Tagungshaus gehen.
Ist schon klar, dass es in Schmerlenbach bald ein Hotel gibt?
Wolf: Diese Gespräche verlaufen im kleinen Kreis mit Finanzdirektor Sven Kunkel. Ich habe keine Ahnung, mit wem geredet wird, welche Lösung womöglich schon auf dem Tisch liegt oder ob es auf eine Schließung des Tagungshauses hinausläuft. Die geografische Lage des Tagungshauses würde aber eine Nutzung als Tagungshotel sicherlich als wirtschaftlich sinnvolle Lösung zulassen.
Warum werden Sie als Diözesanratsvorsitzender nicht zu solchen Gesprächen eingeladen?
Wolf: Das geht an uns total vorbei. Wir haben uns jetzt sozusagen reingeklagt, dass wir zu den Strategiebesprechungen eingeladen werden. Denn: Man kann uns nicht eine Strategie vorsetzen und dann fragen: Wie bringt ihr euch als Diözesanrat ein?
An diesem Freitag trifft sich der Vorstand des Diözesanrats. Wird er über den Appell des Bischofs beraten? Also über strategische Ziele?
Wolf: Wir bereiten eine außerordentliche Vollversammlung im Sommer vor. Natürlich wird dabei auch die Frage des Geldes eine wesentliche Rolle spielen. Aber vorrangig geht es um die weitere Gestaltung der Pastoral der Zukunft, um unser Votum zur mittleren Ebene. Auch darüber müssen wir Entscheidungen treffen.
Mich würde einmal interessieren wer in der Diözese überhaupt miteinander spricht.
Mit uns (kritischen) Ehrenamtlichen spricht jedenfalls so gut wie niemand. Wir werden schlicht totgeschwiegen. Meine Erfahrungen der beiden letzten Jahre waren überwiegend geprägt von Ignoranz, Arroganz und Respektlosigkeit. Mittlerweile bin ich auch der Überzeugung, dass wir Ehrenamtliche bewusst aus Entscheidungsprozessen und vor allem aus Finanzthemen heraus gehalten werden.
Zum Einsparungspotential:
Bei 2419 Mitarbeiter für 609 Kirchengemeinden sollte einmal transparent gemacht werden mit was sich die Leute eigentlich beschäftigen. Schließlich sind 60% vom Haushalt Personalkosten. Mir scheint das Verhältnis von hauptamtlichen Mitarbeitern in den Kirchengemeinden zum Rest in der Diözese sehr kopflastig zu sein.
L. Unsleber