"Schmidt sägt am eigenen Stuhl": Über diese Main-Post-Schlagzeile aus dem Frühling 1972 konnte Heinrich Schmidt, der 2021 verstorbene, letzte Bürgermeister der selbstständigen Gemeinde Rottenbauer, immer wieder schmunzeln. Schmidt hatte die Eingemeindung des Dorfs in die Stadt Würzburg in seiner kurzen Amtszeit von 1972 bis zum 1. Januar 1974 vehement vorangetrieben – und damit eine bis heute anhaltende Erfolgsgeschichte begründet. An diesem Samstag werden 50 Jahre Zugehörigkeit zur Stadt in Rottenbauer gefeiert.
Es gibt Gemeinden in der Region, da sind die Wunden der kommunalen Gebietsreform aus den 1970er Jahren bis heute noch spürbar. In Rottenbauer ist das anders. Schon die Bürgerbefragung 1972 hatte ein klares Ergebnis gebracht: 62 Prozent der wahlberechtigten Bewohnerinnen und Bewohner, seinerzeit überwiegend in der Landwirtschaft und in den umliegenden Steinbrüchen tätig, votierten für den Anschluss ihrer Gemeinde nach Würzburg. Damit war der Weg frei zum Ausbau von Rottenbauer zu einem dörflich geprägten Wohnort im Grünen mit direkter Anbindung an die Stadt.
Ein paar Jahre hat es dann doch gedauert, bis alle Verbindungswege vollendet waren: erst die Straße hinüber zum Heuchelhof, ab 1996 dann die Y-Spange als weiterer Brückenschlag hin zur B19. Der idyllisch gelegene Radweg durch den Rottenbauerer Grund nach Heidingsfeld wurde 2011 endgültig fertig – und erfreut sich seitdem großer Beliebtheit.
Richtig in der Großstadt Würzburg ankommen lassen hat die Menschen in Rottenbauer aber die Straßenbahn-Linie 5, die 1997 den Betrieb aufnahm – und mittlerweile tagsüber im Zehn-Minuten-Takt Schülerinnen und Schüler, Studierende sowie viele hundert Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer via Heuchelhof und Heidingsfeld in die Innenstadt und darüber hinaus befördert. Und selbstverständlich auch wieder zurück ins heimelige Dorf.
Neues Wohngebiet für 500 Familien geplant
Der kleinste Würzburger Stadtteil gewann an Attraktivität für junge Familien, das Wohnbaugebiet "Rottenbauer-Nord" hat ihn gewaltig wachsen lassen – von 1100 Einwohnerinnen und Einwohnern im Jahr der Eingemeindung 1974 über 2000 anno 1999 bis heute 4200.
Als nächsten Erweiterungsschritt plant die Stadt für die kommenden Jahre die Erschließung eines Baugebiets "Rottenbauer-Süd" in Richtung Fuchsstadt. Im Endausbau könnten dort eines Tages bis zu 500 weitere Familien unterkommen, sagt Rainer Schott, langjähriger Stadtrat und Stadtteil-Sprecher. Der 71-Jährige stammt aus Albertshausen, er lebt seit 1976 in Rottenbauer.
Rottenbauer bietet vielfältiges Vereinsleben
Dass der Stadtteil trotz des Wachstums mehr ist als nur ein Quartier zum Wohnen, verdankt Rottenbauer seiner doch in weiten Teilen bewahrten dörflichen Struktur. Dazu gehören neben den beiden Kirchen zwei Kindertagesstätten und die kleine zweizügige Grundschule als zweites Standbein der Leonhard-Frank-Schule am Heuchelhof – alles gut zu Fuß zu erreichen. Zur wohnortnahen Versorgung tragen Arzt- und Zahnarztpraxis, eine Bäckerei, Banken und ein Einkaufsmarkt bei.
Entscheidend indes fürs Miteinander von alteingesessenen Rottenbäurern, wie sich die Einheimischen selbst nennen, und Neubürgern ist die intakte Vereinsstruktur, unter anderem mit Pfadfindern, Jugendrotkreuz, Gesangverein, Bands und Chören, mit der Freiwilligen Feuerwehr, die 2023 ihr 125-jähriges Bestehen feierte, sowie dem Turn- und Sportverein.
Der TSV hat kürzlich die 1000-Mitglieder-Marke überschritten. Die etwas oberhalb des Dorfes traumhaft gelegene Sportanlage mit zwei Rasen-Fußballplätzen, einer Reithalle, Tennis- und Paddel-Plätzen sowie dem Sportheim mit Turnhalle lockt vor allem Kinder und Jugendliche zum wohnortnahen Sport. Ein Höhepunkt ist das Willi-Mark-Fußballturnier, zu dem sich alljährlich im Juli der Fußball-Nachwuchs aus der ganzen Region in Rottenbauer trifft.
Ehrenamt wird in den Vereinen großgeschrieben – auch und gerade beim gemeinsamen Feiern. Am letzten Juli-Wochenende steigt wieder das Rotenbur-Straßenweinfest, benannt nach dem historischen Namen von Rottenbauer, im Stadtteil. Neu ist das Chorfest, zu dem 200 Sängerinnen und Sänger aus acht Chören am Sonntag, 16. Juni, in den Straßen und Gassen rund um das historische Schloss musizieren.