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WÜRZBURG
Der Umweltreferent will keine Dieselfahrverbote
Manuela Göbel
 und  Holger Welsch
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:40 Uhr

„In den vergangen vier Jahren sind wir in die Mobilitätswende eingestiegen“, sagt Wolfgang Kleiner. Der Umweltreferent verteidigt sich im Gespräch gegen die Kritik, dass die Stadt den motorisierten Verkehr nicht wirkungsvoll reduziert.

Frage: Die Regierung von Unterfranken hat kürzlich die Einführung der geplanten Umweltzone für Würzburg in Frage gestellt. Was sagen Sie?

Wolfgang Kleiner: Meine Haltung als Umweltreferent ist unverändert. Wir haben 2014 die Aufnahme der Umweltzone beantragt, damit wir alle geeigneten und rechtlich machbaren Möglichkeiten zur Verbesserung der Luftqualität ergreifen können. Deren Einführung alleine reicht aber sowieso nicht. Sie senkt die Belastung durch Stickstoffoxid nur um etwa zwei Prozent.

Wären dann Dieselfahrverbote für besonders belastete Straßen wie Grombühl- und Theaterstraße eine Lösung? Das ist ja jetzt erlaubt.

Kleiner: Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat klargestellt, dass Fahrverbote möglich sind, wenn es keine anderen Maßnahmen gibt, um die Grenzwerte von 40 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Kilogramm Luft im Jahresmittel einzuhalten. Auf dem Stadtring Süd hatten wir 2017 38 Mikrogramm. Für Theater- und Bahnhofstraße sagen uns Prognosen, dass wir die Grenzwerte durch die Umrüstung unserer Busflotte und die verkehrlichen Maßnahmen bald einhalten können. Bei der Grombühlstraße ist die Frage, ob die Sperrung dieses 120 Meter langen Abschnittes tatsächlich eine Lösung ist.

Wie viele Dieselfahrzeuge sind in der Stadt zugelassen?

Kleiner: Bei den Pkw ist das Verhältnis Benzin zu Diesel etwa 2:1. Die aktuell rund 22 000 Dieselautos haben aber eine deutlich höhere Fahrleistung. Deshalb wird etwa die Hälfte der in Würzburg gefahrenen Kilometer mit einem Diesel-Pkw zurückgelegt. Dazu kommen Nutzfahrzeuge, die fast alle mit Diesel fahren.

Welchen Anteil haben Dieselfahrzeuge an der Luftverschmutzung in der Stadt?

Kleiner: Die eine „Luftverschmutzung“ gibt es nicht. Es gibt eine mehr oder weniger gleichmäßig verteilte Hintergrundbelastung von rund 25 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel. 60 Prozent davon verursacht der städtische Verkehr, den Rest andere, zum Teil überregionale, Quellen. An stark befahrenen Straßen kommt zu dieser Hintergrundbelastung die des dortigen Verkehrs hinzu. Die Hauptquellen für Stickstoffoxid sind Dieselfahrzeuge. Im städtischen Verkehr erzeugen sie zwischen 70 und 80 Prozent. Feinstaub stammt dagegen aus einer Vielzahl von Quellen. Auch Fahrzeuge mit Elektromotor erzeugen Feinstaub durch die Aufwirbelung von Staub und Reifenabrieb.

Wer ist der Hauptverursacher von Stickstoffoxiden am Stadtring Süd? Diesel-Pkw oder Laster und Busse?

Kleiner: Dort sieht man, dass Pkw und leichte Nutzfahrzeuge 70 Prozent der Belastung verursachen und 30 Prozent Lkw und Busse. Dabei machen letztere nur fünf Prozent des Verkehres aus. Allerdings muss man wissen, dass die Lkw immer weniger Anteil an der Stickstoffoxidbelastung haben. Durch Versäumnisse der Automobilindustrie und die bisher unvollständige EU-Regulierung ist nämlich die unglaubliche Situation eingetreten, dass ein moderner Euro-6-Lkw pro Kilometer weniger Schadstoffe ausstößt als ein mittelgroßer Euro-5 oder Euro-6-Pkw. Hier muss die Automobilindustrie dringend handeln.

Die Bundesregierung will Fahrverbote vermeiden und gibt Kommunen mit schlechter Luft deshalb Geld für Green-City-Pläne und Sofortprogramme. Auch Würzburg ist dabei. Was passiert jetzt konkret?

Kleiner: Bereits jetzt schaffen wir mit Unterstützung von staatlichen Förderungen elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge an und bauen die Ladeinfrastruktur aus. Auch das Parkraummanagement soll noch in diesem Jahr verbessert werden. Mittel- und langfristig geht es um die stärkere Vernetzung des ÖPNV, intelligente Verkehrssteuerung, effiziente innerstädtische Logistik und andere neue, innovative Maßnahmen.

Die BI „Brummis weg vom Stadtring“ wirft der Stadt vor, bislang nicht viel gegen schlechte Luft getan zu haben. Sie sagen, die bereits getroffenen Maßnahmen würden jetzt sogar wirken. Welche konkreten Maßnahmen meinen Sie?

Kleiner: In den vergangen vier Jahren sind wir in die Mobilitätswende eingestiegen. Aktuell optimieren wir das Radwegenetz, wie in der Zellerau oder nach Versbach. Die Elektromobilität kommt auch abseits der Straßenbahn ins Rollen: In Würzburg verdoppelt sich die Zahl an Elektro-Autos jährlich, mittlerweile sind rund 5000 E-Bikes unterwegs. Gerade bauen wir mit vier Umlandgemeinden das Wegenetz aus, um die Nutzung auch für Pendler attraktiv zu machen. Wir modernisieren unsere Busflotte, rüsten ältere Modelle mit Filtern nach, haben an vielen Straßen Tempo 30 eingeführt. Seit 2016 gibt es ein Fahrverbot für Lkw auf dem Stadtring . . .

. . . das laut der BI „Brummis weg vom Stadtring“ aber nicht greift. Weil es zu viele Ausnahmeregeln gibt und zu wenig kontrolliert werde, würden immer noch viele Lkw zwischen der A 3 und der A 7 über den Stadtring abkürzen. Stimmt das?

Kleiner: Hinweise, dass das Fahrverbot wirkt, gibt die rückläufige Schadstoffbelastung auf dem Stadtring Süd. Auch die Kontrollen der Polizei zeigen, dass im ersten Halbjahr 2017 weniger Lkw gegen das Verbot verstießen als 2016. Es sind aber noch immer bis zu zehn Prozent der Lastwagen, die dort unberechtigt fahren. Wirklich zufriedenstellend ist das noch nicht.

Wieviel Lkw und Pkw fahren denn täglich über den Stadtring?

Kleiner: Das Baureferat hat im Herbst 2017 gezählt. Die Auswertung ist aber noch nicht fertig.

 
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