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Würzburg/Schweinfurt
Corona: Warum Schutzkleidung zum Stresstest in der Krise wird
Der Bedarf an Schutzkleidung ist enorm, auch in Unterfranken. Doch der Nachschub stockt. Sind Atemschutzmasken in Deutschland  spurlos verschwunden?
Eine Krankenpflegerin auf der Intensivstation an einer Uniklinik: Schutzkleidung wird in Deutschland zunehmend knapp.
Foto: Marcel Kusch, dpa | Eine Krankenpflegerin auf der Intensivstation an einer Uniklinik: Schutzkleidung wird in Deutschland zunehmend knapp.
Folker Quack
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:44 Uhr

Egal ob Arztpraxen, Kliniken, Rettungsdienste oder Seniorenheime in Unterfranken - allen fehlt es an Schutzkleidung, um das eigene Personal zu schützen. Und um zu vermeiden, dass dasCoronavirus sich weiter verbreitet.    

Für den FDP-Gesundheitspolitiker und Professor für Infektiologie, Andrew Ullmann, hat das Bundesministerium für Gesundheit beim Thema Schutzkleidung versagt. Seit drei, vier Wochen verspreche man Nachschub-Lieferungen, sagt der Bundestagsabgeordnete aus Würzburg. Die seien zwar auch gekommen, aber nicht in ausreichender Menge. "Es darf nicht sein, dass das medizinische Personal zum Kanonenfutter wird", so Ullmann. Inzwischen gebe es schwere Verlaufsfälle auch bei Ärzten und Pflegepersonal. Es sei fatal, wenn Menschen, die Kranken helfen, selbst in größte Gefahr kämen, nur weil die Schutzkleidung fehle.

SPD-Abgeordnete Sabine Dittmar: Ganze Lieferungen verschwunden

Die Lage entspanne sich ein wenig, sagt Ullmanns Kollegin Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Insgesamt seien bis zum 5. April fast 37 Millionen Atemschutzmasken ausgeliefert worden. Über 2,3 Millionen davon gingen an Bayern. Dies seien vor allem OP-Masken, aber auch bundesweit fast neun Millionen hochwertige FFP2 und FFP3-Masken. Für sie sei es nach wie vor nicht nachvollziehbar, dass immer wieder Lieferungen verschwinden würden, so die Bundestagsabgeordnete aus Bad Kissingen.  

Für vier Tage habe man noch ausreichend Schutzkleidung, berichtete Ulrike Hahn von der Arbeiterwohlfahrt in Unterfranken (AWO) am Montag. Mit dem Hans-Sponsel-Heim in Würzburg hat die Arbeiterwohlfahrt ein besonders schwer vom Virus betroffenes Pflegeheim zu betreuen. Aus allen anderen Häusern habe man die Schutzkleidung zusammen getragen, damit Personal und Bewohner im betroffenen Heim optimal geschützt werden könnten, so Hahn. Unvorstellbar sei die Situation, wenn jetzt noch ein zweites Heim betroffen wäre. 5000 Einwegmasken habe man aktuell geliefert bekommen, so Hahn. Doch allein im betroffenen Hans-Sponsel-Heim benötige man über 100 davon pro Tag und genau so viele Schutzkittel, die derzeit am knappsten seien.    

Jeder muss sich seine Schutzkleidung selbst organisieren

Katastrophenschutz und Krisenstäbe in der Region setzen indes alle Hebel in Bewegung, Nachschub an Schutzkleidung zu bekommen. Doch die Lage bleibe brisant, sagt Paul Justice vom Würzburger Krisenstab. Das Landratsamt Würzburg berichtet, dass man inzwischen die hochwertigen Masken sterilisiere und wieder verwende. Offiziell sei die Bestellung und Zuteilung zentrale Aufgabe des Freistaates Bayern. Doch der fordere die Behörden vor Ort auf, auch selbst aktiv zu werden und sich selbst um den Nachschub zu kümmern. In den weniger sensiblen Bereichen kämen längst auch genähte Schutzmasken zum Einsatz. 

Verzweifelter Appell: Auch in Bayern haben Hilfsorganisationen schon zur Spende von Schutzkleidung aufgerufen.  
Foto: Markus Scholz, dpa | Verzweifelter Appell: Auch in Bayern haben Hilfsorganisationen schon zur Spende von Schutzkleidung aufgerufen.  

In ganz Unterfranken arbeiten die Verantwortlichen in Kliniken und Seniorenheimen daran, die notwendige Schutzkleidung selbst zu organisieren. "Wir haben zwar auch schon Nachschub vom Krisenstab erhalten", berichtet Ulrike Hahn. Doch darauf allein könne man sich nicht verlassen. Der Landesverband der AWO hatte in der vergangenen Woche Handwerker, Tätowierer und Vereine aufgerufen, nicht benötigte Atemschutzmasken der AWO zu überlassen. Zwar gebe es immer wieder Nachschub, sagt auch der Ärztliche Direktor der Würzburger Uniklinik, Professor Georg Ertl. Aber die Situation habe sich nicht entspannt.

Mitarbeiter schauen mulmig auf kommende Wochen

"Die Mitarbeiter schauen den kommenden Wochen mulmig entgegen", sagt Thomas Knieling, Bundesgeschäftsführer des Verbands Deutscher Alten- und Behindertenhilfe. Das Material sei knapp, das Personal könne Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, Handschuhe und Mundschutz regelmäßig zu wechseln, schlichtweg nicht einhalten. 

In einer früheren Version dieses Textes war von bis zu 35 Millionen verschwundenen Schutzmasken die Rede. Diese Angabe beruhte auf einem Missverständnis. Gemeint waren wohl die fast 37 Millionen ausgelieferten Schutzmasken. Die Zahl der verschwundenen Masken lässt sich aktuell nicht seriös beziffern. Wir haben den Fehler im Text korrigiert und bitten ihn zu entschuldigen. 

 
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  • F. Q.
    Liebe Kommentatoren, vielen Dank für den Hinweis, dass 35 Millionen verschwundene Atemschutzmasken doch sehr viel seien. Wir sind dem sofort nachgegangen. Leider war es ein Missverständnis. Diese Zahl an Masken und sogar etwas mehr wurden ausgeliefert. In der Tat sind viele verschwunden. Wir halten uns bei der Bezifferung hier jetzt erst einmal zurück. Darüber hinaus sollten wir aber bedenken, dass auch in Krisenzeiten wie diesen die parlamentarische Kontrolle der Regierung funktionieren muss.
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  • A. H.
    Und mir kommt vor, das man da fast schon in pawlowscher Manier ein Skandal beschreiben wollte... Zu so leichtfertigem Umgnang mit so einer großen und unwahrscheinlichen Zahl gibt's keine Ausrede "Missverständnis?/?" Ein Glück, dass ich nicht alles glaube.....😉😉😉
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  • U. L.
    Das Problem liegt nicht bei einzelnen, sondern in der Gesamtheit.

    Das deutsche Wolkenkuckucksheim hat sich viele Jahre mit Fragen beschäftigt wie Ehe für alle, Gendertoiletten, wer vielleicht im Minimalbereich schlimmer ist: die Linksradikalen oder die Rechtsradikalen, ob es adäquat ist, gebrauchte Wasserwerfer nach Großbritannien zu verkaufen, ob ein Gedicht eines Schweizer Lyrikers noch an einer Hauswand stehen darf, nur weil im Gedicht Frauen vorkommen, ob die Rathausuhr in Limburg noch "Fuchs du hast die Gans gestohlen" spielen darf, auch wenn das nicht vegan ist und ob die Kindergärtnerin die Eltern eine Mädchens, das mit Zopffrisur und Kleid in den Kindergarten kommt, als rechtsradikal verdächtigen muss. Das, was wirklich wichtig ist, bleibt dabei natürlich auf der Strecke.

    Am 19.12.19 habe ich in diesem Forum geschrieben, dass unsere Gesellschaft einmal einen dumpfen Aufschlag für das Aufwachen aus der Moraltrance braucht. Dieser dumpfe Aufschlag findet jetzt statt.
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  • L. S.
    Sie haben recht. Und diese Wolkenkuckucksheimer Hamstern Klopapier.
    Ich find auch, es ist gut das die Menschheit mal wieder auf den Boden der Tatsachen sprich NATUR gebracht worden ist.
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  • A. H.
    Typisch "Sind verschwunden.....?" und "geht davon aus, dass------seien" - was sind denn des für Fakten??
    Gaaanz anders der heutige Kommentar auf Seite 2: Wohltuend fair und verständnisvoll und nicht so besserwisserisch (im Nachhein kann das jeder) und gschaftelhuberische und nicht so offenkundig parteipolitisch präferiert.
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  • H. M.
    ist??

    Ich hätte folgende Schlagzeile verwendet:

    "Hätte unser Volksvertreter Ullmann es besser machen können?"

    Ja?, dann muss er sich die Frage stellen lassen, warum es in seinem Zuständigkeitsbereich nicht besser ist als Bundesweit!

    35 Millionen Masken fehlen?

    Eine gewaltige Zahl, woher kommt die denn?

    Ist bei uns die Mafia unterwegs?

    Fazit: Nicht jede ungeprüfte Aussage eines Einzelnen gleich als Schlagzeile verkaufen!
    Nicht, dass es der Main-Post so geht wie der Berliner Bildzeitung. Die hat sogar ungeprüft die Aussage eines kleinen Stadtrats von Berlin abgedruckt, der behauptete, die USA hätte Masken beschlagnahmt die für Berlin bestellt und angefertigt waren!
    Die Verantwortung hat nicht nur jeder Bürger, indem er sich an die Ausgangsbeschränkung hält, sondern auch die Medien, mit dem was sie von sich geben!
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  • T. H.
    Sie treffen es auf den Punkt. Besserwisser gibt es immer. Leute die meckern auch. Klar, die Situation ist Katastrophal und traurig. Es wurden Fehler gemacht, auch klar. Aber jetzt mit dem Finger auf andere zeigen geht mal gar nicht. Wer von uns hätte noch wenigen Wochen gedacht, dass "sowas" auf uns zukommt.

    Jetzt heißt es durchhalten, die Ärzte, das Pflegepersonal dadurch unterstützen, indem man sich an die Ausgangsbeschränkung hält.

    Wenn die Krise vorüber ist, dann muss das alles aufgearbeitet werden, aber ohne Schuldzuweisungen. Die Fehler die hier und in den vergangenen Jahren passiert sind, dürfen sich nicht wiederholen. Letztlich hatte man ja auch für vermutlich wenig Geld ein Szenario auf dem Papier, wo das was gerade passiert durchgespielt wurde.
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  • A. H.
    nicht nur "Besserwisser", manches, könnte einer meinen, wird auch wider besserem Wissen aus vordergründigen Überlegungen heraus, geschrieben: Es wird scho was hängen bleiben.
    Und das angesichts einer unvergleichlichen Situantion!
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