Nach dem Ende der Schulferien können sich deutschlandweit Reiserückkehrer nur noch kostenlos testen lassen, wenn sie aus einem Risikogebiet kommen. Ab 1. Oktober soll auch das wegfallen. Testen lassen kann sich dann nur noch, wer Symptome zeigt, eine Risikobegegnung hatte oder in einem medizinischen Beruf arbeitet. Außer in Bayern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält an kostenlosen Testungen auch ohne Anlass fest und wird dafür zunehmend kritisiert.
FDP-Vorschlag: Altenpflegekräfte alle 14 Tage testen
"Wir müssen die Ressourcen schonen, sagt der Würzburger Bundestagsabgeordnete und Infektiologe Andrew Ullmann (FDP)." Wir können jetzt nicht wildes Massentesten durchführen und dann nicht genügend Kapazitäten für die Bevölkerungsgruppen haben, wo es besonders wichtig wäre." Ullmann denkt dabei vor allem an die Risikogruppen. In einem von ihm federführend ausgearbeiteten Testkonzept schlägt die FDP-Bundestagsfraktion - als Empfehlung, nicht als Pflicht - vor, Altenpflegekräfte alle 14 Tage zu testen.
Die Labore ächzten unter der Vielzahl der Abstrichen, sagt der Vorstandsvorsitzende der Akkreditierten Labore in der Medizin e.V. (ALM), Dr. Michael Müller. Bundesweit sei man im September an die Kapazitätsgrenzen gestoßen. Der Auslastungsgrad liege bei 90 Prozent, in einigen Regionen deutlich darüber. Dies führe zwangsläufig zu einem Rückstau noch offener Befunde und zu längeren Wartezeiten. Allmählich steige zudem der Bedarf an Diagnostik für andere Infektionen an, so Müller: „Wir bereiten uns derzeit auf die beginnende Herbst- und Wintersaison mit dem sicher hohen Bedarf an breit angelegter PCR-Diagnostik für akute Atemwegserkrankungen vor.“
Labor-Kapazitäten sind nicht unendlich
Die steigenden Sieben-Tage-Inzidenzen in Stadt und Landkreis Würzburg und Corona-Fälle bei Lehrern und Schülern haben nach dem Schuljahresanfang in Unterfranken zu einer hohen Zahl von Tests. Zu Kapazitätsengpässen sei es dabei aber nicht gekommen, sagt der Testkoordinator des Gesundheitsamtes Würzburg, Paul Justice. Man profitiere von Rahmenverträgen, die der Freistaat auch über Bayern hinaus mit Laboren geschlossen habe. So lasse Würzburg seine Abstriche in Frankfurt/Main und dem oberbayerischen Ebersberg auswerten. Bislang seien alle Testergebnisse zeitnah wieder eingegangen, auch wenn die vereinbarten Obergrenzen an Tests einmal übertroffen worden seien.
Auch die Hausarztpraxen stellen eine stark erhöhte Nachfrage nach Corona-Tests fest, sagt der Giebelstädter Hausarzt und unterfränkische Bezirksvorsitzende im Bayerischen Hausärzteverband, Dr. Christian Pfeiffer - auch aus seiner eigenen Erfahrung. Was die Laborkapazitäten betrifft, seien ihm bislang keine Probleme bekannt, dass die Ergebnisse nicht zeitnah vorliegen würden.
Da jetzt die Husten- und Schnupfenzeit beginne, müssten die Hausärzte Patienten mit Symptomen vorrangig behandeln und bevorzugt testen. Daran müssten sich die Kapazitäten in den einzelnen Praxen orientieren, so Pfeiffer. Kein Arzt sei verpflichtet, Infektionssprechstunden mit Testungen durchzuführen.
RKI: Weniger als ein Prozent der Getesteten sind positiv
Wer viel testet, entdeckt auch mehr Infektionen, das mussten Stadt und Landkreis Würzburg in der vergangenen Woche erfahren, als die Teststrecken regelrecht überrannt wurden. Für den Ministerpräsidenten ist das genau der Grund, an niederschwelligen Tests festzuhalten: Über 6000 Infizierte habe man damit in Bayern identifizieren und deren Infektionsketten nachvollziehen können. Laut Robert Koch-Institut (RKI) sind in Deutschland im Schnitt zirka ein Prozent der Getesteten tatsächlich positiv, laut der Laborgemeinschaft ALM e.V. aktuell sogar nur 0,88 Prozent. Die WHO geht davon aus, dass ein Land die Pandemie "im Griff" hat, wenn weniger als fünf Prozent der Getesteten positiv sind.
Schnelltests für Großveranstaltungen?
FDP-Politiker Ullmann hält Söder entgegen, die Infizierten in Bayern hätten auch mit einer gezielten Teststrategie ausfindig gemacht werden können. Er sei absolut sicher, dass die Positiv-Rate bei den Menschen, die sich ohne Symptome, Anlass und ohne konkretes Risiko testen lassen, extrem gering sei. Der Gesundheitsausschuss des Bundestages diskutiere aktuell über den häufigeren Einsatz von Schnelltests. Die seien zwar nicht ganz so genau wie der gängige PCR-Test, aber man habe sofort ein Ergebnis, so Ullmann.
Auch Großveranstaltungen sollen durch solche Schnelltests wieder möglich werden. Dann aber müssten die Besucher die Testung bezahlen, nicht der Steuerzahler oder die Krankenkasse, sagt Ullmann. Und es sei fraglich, ob überhaupt genügend Schnelltests zur Verfügung gestellt werden könnten.
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, nennt die bayerische Strategie mit großflächigen Tests eine "Verschwendung von Labor-Ressourcen". Hinzu komme, dass ein negativ Getesteter sich in falscher Sicherheit wiegen könne. Ein Test sei immer nur eine Momentaufnahme, warnt Reinhardt.
Der in Deutschland gängige PCR-Test hat den Nachteil, dass er in den ersten Tagen nach der Ansteckung falsche Ergebnisse liefern kann: Wenn sich die Infektion gerade erst entwickle und noch keine Symptome auftreten, könne die Menge an ausgeschiedenen Viren zu gering sein, um im Test erkannt zu werden,fanden Forscher in den USA heraus.
Auch in Würzburg habe man schon Tests wiederholen müssen, weil das Ergebnis nicht sicher war, sagt Koordinator Paul Justice. Es gebe auch nachweisbare Falschtestungen, doch das seien sehr wenige.
Auch wenn Bayern nach wie vor, das Bundesland mit dem schlechtesten COVID 19 Werten aller Bundesländer ist, sollte Söder jetzt nicht ganz in planlosen Aktionismus fallen. Angesagt ist jetzt kluges und zielgerichtetes Handeln.
Lernen kann das der Margus bei seinem grünen MP Kollegen Kretschmann. Der arbeitet mit seinem Team unauffällig, aber erfolgreicher im Hintergrund. Öffentliche Auftritte zur SelbstInszenierung wie Söder hat er nicht notwendig.