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Giebelstadt
Corona-Tests für alle: Der Andrang hält sich noch in Grenzen
Seit 1. Juli können sich in Bayern auch symptomfreie Patienten kostenlos testen lassen. Wie bewältigen Hausarztpraxen in der Region diese zusätzliche Aufgabe?
Seit dem 1. Juli greift in Bayern ein neues Testkonzept, das auch Menschen ohne Krankheitssymptome kostenlose Coronatests ermöglicht. Die Kosten dafür übernimmt der Freistaat Bayern (Symbolbild).
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Seit dem 1. Juli greift in Bayern ein neues Testkonzept, das auch Menschen ohne Krankheitssymptome kostenlose Coronatests ermöglicht. Die Kosten dafür übernimmt der Freistaat Bayern (Symbolbild).
Claudia Schuhmann
 |  aktualisiert: 13.02.2024 08:16 Uhr

Corona-Tests für alle: Das besagt im Grunde der bayerische Kabinettsbeschluss, der jedem Einwohner des Freistaates seit 1. Juli auch ohne Vorliegen von Symptomen die Möglichkeit eines kostenlosen Tests bietet - vorzugsweise beim Hausarzt. Wie wirkt sich die neue Regelung in den Praxen der Kassenärzte im Landkreis konkret aus? Rennen ihnen besorgte Patienten jetzt die Türe ein? Dr. Christian Pfeiffer, Vorsitzender des unterfränkischen Hausärzteverbandes, glaubt das eher nicht.

"Wenn wirklich jeder kommen würde, würde alles zusammenbrechen", sagt der Arzt aus Giebelstadt. Das sei aber, soweit ihm nach den ersten Tagen seit Inkrafttreten der Regelung aus dem Kreise seiner Kollegen bekannt geworden ist, bislang nicht der Fall. Er selbst gehört zu den Hausärzten, die bei ihren Patienten Corona-Tests durchführen, wenn diese das wünschen. Allerdings hält er wenig davon, den Test ohne weitere Nachfrage und ohne genaue Kenntnis der jeweiligen Umstände einfach durchzuführen. Deshalb erklärt er seinen Patienten genau, ob in ihrem Fall der Test überhaupt sinnvoll ist.

Dr. Christian Pfeiffer, Vorsitzender des unterfränkischen Hausärzteverbandes, verzeichnet in seiner Giebelstadter Praxis noch keine allzu große Nachfrage nach Corona-Tests.
Foto: Thomas Obermeier | Dr. Christian Pfeiffer, Vorsitzender des unterfränkischen Hausärzteverbandes, verzeichnet in seiner Giebelstadter Praxis noch keine allzu große Nachfrage nach Corona-Tests.

"Ich persönlich sehe darin einen Sinn, wenn zum Beispiel jemand aus dem Urlaub zurückkehrt, oder an ein Urlaubsziel reisen möchte, wo ein Test verlangt wird", sagt Pfeiffer. Auch wer lediglich indirekten Kontakt zu einem mit dem Coronavirus Infizierten hatte und damit als "Kontaktperson Kategorie 2" gilt, könne nun nach der neuen Regelung zum Test gehen und Sicherheit erlangen, ob er sich nicht vielleicht doch angesteckt hat. Vorher war das nicht möglich gewesen.

Tests sind lediglich eine Momentaufnahme

Da die Regelung über die Häufigkeit solcher Tests keine Aussagen trifft, wäre es theoretisch denkbar, dass sehr besorgte Personen ihren Hausarzt nun alle paar Tage aufsuchen, um sich testen zu lassen. Solchen Patienten würde Pfeiffer ohne Umschweife erklären, dass das überhaupt keinen Sinn hat. "Der Test ist ja immer nur eine Momentaufnahme", sagt der Mediziner. Der Patient kann, wenn er Pech hat, direkt nach dem Arztbesuch auf der Straße angehustet werden, und schon geht alles zurück auf Anfang.

"Wir haben etwa 3500 Patienten. Wenn die jetzt alle kämen, würde es ein bis zwei Jahre dauern, sie zu testen."
Dr. Christian Wirz, Hausarzt im Ochsenfurter Mainärztehaus

Auch in der Hausarztpraxis im Ochsenfurter Mainärztehaus ist es derzeit im Hinblick auf Corona-Tests noch ruhig. "Wir haben dafür zwei Abende pro Woche vorgesehen, an denen wir jeweils fünf Patienten testen können", sagt Dr. Christian Wirz. Im Augenblick laufe das nach dem Motto "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst." Sollte der Andrang allerdings zunehmen, müsste seine Praxis die Patienten nach Risikogruppen aufteilen und würde besonders gefährdete Patienten vorrangig testen.

Positive Testergebnisse könnten zum Problem werden

Christian Wirz fühlt sich von den Verantwortlichen etwas allein gelassen. Die Regelung wurde in München beschlossen, und die bayerischen Hausärzte müssen selbst zusehen, wie sie die Tests in ihren Praxisablauf integrieren. "Wir haben etwa 3500 Patienten. Wenn die jetzt alle kämen, würde es ein bis zwei Jahre dauern, sie zu testen", rechnet der Arzt vor. Außerdem ist da noch das Problem möglicher positiver Testergebnisse.

"Wenn ein Patient von mir positiv getestet wird, dann muss ich als ,Kontaktperson 1' zwei Wochen in Quarantäne", sagt Wirz. "Und nicht nur ich, sondern die ganze Praxis." Das heißt, dass die Praxismitarbeiter auch bei völlig symptomfreien Patienten die Tests in voller Montur machen müssen, mit Mundschutz, Brille, Ganzkörperanzug und langen Handschuhen - ein nicht unerheblicher Aufwand.

Die Auswertung ist schwierig

Ganz abgesehen davon glaubt Christian Wirz, dass die Auswertung der Testergebnisse schwierig sein wird. Denn welche Schlussfolgerung soll man letztlich aus der Erkenntnis ziehen, welcher Prozentsatz symptomfreier Menschen dennoch infiziert war, fragt sich der Mediziner.

"Kein Labor kann eine Immunität feststellen."
Dr. Christian Pfeiffer, Vorsitzender des unterfränkischen Hausärzteverbandes

In der Praxis von Dr. Katrin Langmann in Rimpar hält sich die Nachfrage nach Tests bislang ebenfalls in Grenzen. Drei symptomfreie Patienten seien in dieser Woche da gewesen, berichtet die Ärztin. Zwei davon hätten nach entsprechender Aufklärung dann aber auf den Test verzichtet. Katrin Langmann hat den Eindruck, dass vielen Patienten die Zusammenhänge nicht klar sind.

Tests ersetzen nicht das richtige Verhalten

Manche etwa wollten den Test, um abklären zu lassen, ob sie eine Corona-Infektion in der Vergangenheit bereits durchgemacht hätten. Dabei kann das der staatlich finanzierte Test gar nicht feststellen, sondern lediglich eine akute Infektion nachweisen. Im Ergebnis hält die Ärztin aus Rimpar "Corona-Tests für alle" für Resourcenverschwendung.

Zu den häufig mit den Tests für akute Infektionen verwechselten Antikörpertests sagt Christian Pfeiffer: "Kein Labor kann eine Immunität feststellen." Das heißt: Wer eine Coronainfektion durchgemacht hat, sei möglicherweise, aber nicht zwingend, zunächst immun gegen das Virus. Kein Test, so der Arzt, ersetze das richtige Verhalten der Menschen. Für jeden müsse daher in jedem Fall weiter gelten: Abstand, Hygiene, Alltagsmasken.

 
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  • J. G.
    Wie gesagt, das Ergebnis eines Tests ist nur ein Status Quo und kann eine Woche später schon anders sein. So gesehen, wiegt ein negatives Ergebnis einen in einer falschen Sicherheit und Brüderchen Leichtsinn könnte eintreten. Außerdem wird immer nur durch die Kostenübernahme durch den Freistaat genannt, falls die gesetzlichen Kassen nicht übernehmen. Was ist aber mit den vielen Privatversicherten, falls deren Kassen die Kosten (angeblich um die 200 Euro) nicht übernehmen? Springt dann auch der Freistaat ein? Wurde schon heiß diskutiert
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  • C. L.
    Die Antwort von meinem Hausarzt hierzu: täglich eine halbe Stunde von 11.00 bis 11.30 h werden Termine für die Tests vergeben.
    Wenn man woanders werktätig ist, muss man sich dafür frei nehmen, dafür dass nur der eine Augenblick getestet wird.
    Viel wichtiger sind Tests für unser Gesundheitspersonal (Pflegekräfte) in der Regelmäßigkeit wie bei den Profifussballern.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Danke für die Klarstellung durch die Ärzte.

    Das Beispiel zeigt, dass Margus wieder in die Rolle des Populisten nach Art des Hauses „Asyltourismus„ zurückgefallen ist.
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  • G. K.
    Bisher hat mich – und ich hätte nie gedacht, so etwas einmal zu schreiben 😉 – Söder mit seinem Corona-Management überzeugt.

    Aber diese Aktion mit den anlasslosen freiwilligen Tests – das geht schon wieder in Richtung Populismus. Schade.

    Wollen wir hoffen, dass die Bevölkerung vernünftig genug ist, dieses Angebot nur dann in Anspruch zu nehmen, wenn das Ergebnis irgend einen Nutzen bringen kann.

    Einfach mal auf blöd eine vollkommen unsystematisch zusammengesetzte Personengruppe zeitlich verteilt zu testen – das bringt gar nix.
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