
Kostenlose Corona-Tests für alle Bayern – die Staatsregierung hat sie versprochen. Doch nach gut drei Wochen zeigt sich in Unterfranken: Die Realität ist eine andere. Es kann schwierig werden, an einen Test zu kommen. Manche Hausärzte vertrösten oder testen gleich gar nicht, selbst Risikogruppen bekommen Absagen. Im Landkreis Würzburg etwa fand ein ambulanter Pfleger, dessen Kind Symptome hatte, nur mühsam einen Hausarzt für den Test.
Auch ohne Symptome: Niedergelassene Ärzte sollen Tests durchführen
Generell gilt: Jeder bayerische Bürger kann sich auf das Coronavirus testen lassen, ohne Symptome und ohne konkreten Anlass. Eine Obergrenze pro Person gibt es nicht. Durchgeführt werden die Tests von niedergelassenen Ärzten, die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) übernimmt die Abrechnung, der Freistaat bezahlt. So der Plan. Man könne aber keinen Arzt zwingen, die Tests anzubieten, hieß es aus dem Gesundheitsministerium.
Spontan vor der Tür stehen und einen Corona-Test verlangen, das klappt auch beim Giebelstädter Hausarzt Dr. Christian Pfeiffer nicht. "Dazu brauchen wir Schutzkleidung, selbst wenn der Patient keine Symptome zeigt", sagt der unterfränkische KVB-Sprecher. In seiner Praxis würden Abstriche deshalb nur mit Termin in einer speziellen Infektsprechstunde genommen.
Wirklich jeden Einwohner in Bayern zu testen – "das geht nicht", sagt Pfeiffer. Die Testkapazitäten im Freistaat seien zwar hoch, aber nicht unbegrenzt. Und in der Region machten längst nicht alle Ärzte bei den Testungen mit. Aus Pfeiffers Sicht ist ein Test etwa für Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten sinnvoll, aber nicht zum Spaß für Menschen ohne Symptome. "Ein Abstrich gibt nur Gewissheit für den derzeitigen Moment", sagt der KVB-Sprecher. "Er ist kein Ersatz für das richtige Verhalten." Bisher sei die Nachfrage nach Tests ohne Anlass und Grund bei ihm gering. Trotzdem bedeute jeder Fall "zusätzlichen Verwaltungsaufwand" für die Abrechnung.
Ob die Finanzierung reibungslos klappe, wisse er noch nicht, sagt Dr. Jürgen Schott vom Hausarztzentrum in Grafenrheinfeld, zu dem drei weitere Praxen im Landkreis Schweinfurt gehören. Die Endabrechnung werde erst Anfang 2021 gemacht, "da sehe ich, ob alles bezahlt wird".
Zwischen zehn und 20 Patienten fragen bei Schott und seinen Kollegen täglich nach einem Corona-Test, ungefähr die Hälfte von ihnen habe keine Symptome. Teilweise würden bereits Abstriche für Mitte August angefragt, weil "Patienten Termine für die Tage nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub buchen".

Getestet wird bei ihm nur in Schutzausrüstung, in einer eigens gebauten Corona-Box. Der Patient steht für den Abstrich wie vor einer Telefonzelle. "Jeder bekommt den Test, er muss nur aus Bayern sein", sagt der Mediziner.
Und ein Berufspendler aus Baden-Württemberg? Schott ist unsicher, Kollege Pfeiffer winkt ab. Dabei hatte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) den Gratis-Test auch als Ausnahme für Pendler aus anderen Bundesländern angekündigt. Eine Information, die bei der KVB und den Ärzten offenbar nicht angekommen ist. Stinksauer ist deshalb Raimund Binder, Leiter eines AWO-Seniorenheims in Würzburg. Sein Hausmeister pendelt jeden Tag aus dem Main-Tauber-Kreis nach Würzburg. Eine Hauszärztin lehnte mit Verweis auf den Wohnort einen kostenlosen Test aber ab. Nun bezahlt das Heim, "aber die Rechnung schicke ich dem Söder", schimpft Binder.
Täglich mehr als 20 000 kostenlose Corona-Tests in Bayern
Aus dem Gesundheitsministerium war dazu bis Redaktionsschluss keine Erklärung zu erhalten. Von der Staatsregierung heißt es, im Schnitt seien in den vergangenen Wochen täglich zwischen 20 000 und 23 500 kostenlose Corona-Tests gemacht worden.
Fazit: Jeder kann sich testen lassen – wenn er einen Arzt dafür findet. Die KVB bietet deshalb auf ihrer Internetseite (www.kvb.de) eine neue Online-Suche an. Wer mit seiner Postleitzahl einen "Arzt für Coronavirus-Test" sucht, bekommt die Kontaktdaten passender Praxen. Bislang sind laut KVB knapp 900 Ärzte im Freistaat eingetragen. Zudem seien rund 1200 Mediziner bereit, sich an Reihentestungen beispielsweise von Personal in Kitas oder in Alten- und Pflegeheimen zu beteiligen. Vorausgesetzt, die Bürokratie funktioniert: Die nötigen Formulare zur Abrechnung wurden erst dieser Tage an die Gesundheitsämter verschickt.