Dass sie mal den Verkauf von Blumensträußen überwachen müssten, hätten unterfränkische Polizeibeamte vor einem Jahr wohl nicht für möglich gehalten. Aber genau das steht an diesem Sonntag an: Weil die Floristen am Valentinstag zwar öffnen dürfen, aber nur zwischen 8 und 12 Uhr und keine Minute länger, sollen die Beamten ein Auge auf den Blumenverkauf haben. Wohlgemerkt auf den Verkauf bereits vorbestellter Blumen, denn nur das Abholen im Laden ist erlaubt.
"Das müssen wir mit Blick auf die Gefährdung der Bevölkerung durch Corona kontrollieren", bestätigt der Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken, Michael Zimmer. Genauso utopisch wie die Floristen-Kontrolle wäre den Beamten vor einem Jahr vermutlich auch die Kontrolle von Winterspaziergängern vorgekommen. Aber auch sie ist geplant für diesen Valentinssonntag, der zwar klirrend kalt, aber sonnig zu werden verspricht: Vor allem in der Rhön und im Spessart werden Beamte wieder Wanderer überwachen, außerdem Jogger, Langläufer und Familien mit Kleinkindern und Schlitten im Schlepp. Nicht auszuschließen, sagt Zimmer, dass die Polizei, wie vor zwei Wochen, dabei wieder Teile der Ausflugsgebiete wegen Überfüllung sperren muss.
Aufgabengebiete der Polizei haben sich stark verschoben
Beide Beispiele zeigen, wie stark sich die Aufgabengebiete seit Beginn der Pandemie verschoben haben. "Natürlich läuft das normale Einsatzgeschehen weiter", sagt der Polizeisprecher. So richteten die Beamten gerade ihr Augenmerk auf Geldautomatensprenger, ermittelten im Wiesenfelder Mordfall sowie wegen des Anschlags auf eine Werntalbahn am Dreikönigstag oder fokussierten sich auch auf die Prävention in Sachen Wohnungseinbrüche in der Dämmerung.
Manche personalaufwändige Routinen, wie etwa die Sicherung von Fußballspielen, Volksfesten oder öffentlichen Veranstaltungen wie etwa auch der Faschingszüge fielen dagegen pandemiebedingt weg. Was Unterfrankens Polizeikräfte stattdessen in erheblichem Maß bindet, ist die Überwachung der Corona-Maßnahmen.
Rechtliche Vorgaben ändern sich extrem schnell
Dabei erleben viele Polizisten die Corona-Kontrollen als durchaus fordernd und belastend. So formuliert es Thorsten Grimm, unterfränkischer Bezirksvorsitzender und Vize-Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Denn, so Grimm, die rechtlichen Vorgaben änderten sich sich je nach Infektionsverlauf extrem schnell. In kürzester Zeit müssten die Beamten sich dann informieren, was gerade gilt und wie das neue Recht anzuwenden sei.
Als anstrengend erleben viele Beamte Grimm zufolge die Notwendigkeit, "nicht nur zu sanktionieren und zu kontrollieren, sondern auch um Verständnis zu werben und Vorwürfe auszuhalten". Gerade bei der aktuell großen Zahl an Demos ließen manche Bürger ihre Wut über die von der Politik beschlossenen Corona-Beschränkungen gern an den Polizeibeamten aus. "Da ist mehr Diskussion als früher, da ist der Ton rauer, da kommen viele Vorwürfe, da werden wir diffamiert als 'Handlanger des Staats' oder 'Marionetten'", sagt der Polizeigewerkschafter.
Kindergeburtstage aufzulösen tut manchem Beamten "menschlich weh"
"Die Anfeindungen sind größer als sonst, heftiger als sonst", bestätigt auch Peter Pytlik, der Bayern-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Die Akzeptanz für die Lockdown-Maßnahmen lässt nach und wir bekommen das zu spüren." Gefragt, welche Situationen Polizeibeamte als besonders schwierig erlebten, bringt Pytlik einen Kindergeburtstag ins Spiel: "Auch wenn wir natürlich verpflichtet sind, bei Verstößen gegen die Kontaktbeschränkungen etwa eine Gruppe feiernder Vorschulkinder aufzulösen, tut das doch menschlich weh, da einzugreifen", sagt Pytlik. "So etwas geht einem gegen den Strich, gerade, wenn die Beamten selbst kleine Kinder haben."
Fingerspitzengefühl ist laut Pytlik und Grimm auch bei Bürgeranrufen wegen angeblicher oder tatsächlicher Corona-Verstöße von Nachbarn nötig. Die Einsatzkräfte müssten sich fragen: Wo verläuft die Grenze, was ist nachvollziehbare Besorgnis, wo fängt das Denunziantentum an? Die Kollegen müssten "mit viel Sensibilität" im Einzelfall herausfinden, was anliegt, sagen die Gewerkschaftssprecher.
Will ein Anwohner seine Nachbarin, die nach der Ausgangssperre noch zu ihrer Garage läuft, da grade mal drankriegen, weil er seit Jahren einen Brass auf sie hat? Oder hat der Anwohner einfach nur Angst? Gehen einer Anruferin Hundebesitzer generell auf die Nerven oder befürchtet sie zu Recht eine unkontrollierte Verbreitung des Virus, wenn sie vier Hundebesitzerinnen ohne Maske miteinander plaudern sieht?
"Die Gruppe der Böswilligen ist klein", glaubt Polizeisprecher Zimmer. "Die meisten Anrufer haben ernsthaft Angst und rufen uns etwa wegen einer Ruhestörung an, weil sie fürchten, dass eine größere Gruppe von Leuten mit größerer Wahrscheinlichkeit das Virus etwa in ein Mietshaus schleppt."
Was Pytlik und Grimm angesichts der Aufgabenlast wirklich ärgert, ist deren vermehrte Heranziehung der Polizei zu externen Aufgaben. Rund 600 bayerische Beamte seien aktuell in den Gesundheitsämtern als Corona-Tracer eingesetzt, so Pytlik. Die Ansage des Innenministeriums, eventuell Hunderte weiterer Beamter demnächst in der Verwaltung von Pflegeheimen einzusetzen, erzürnt ihn: "Das macht uns sprachlos, das ist den Beamten nicht vermittelbar."
Polizisten selbst betroffen
Oberste Priorität müsse doch das Aufrechterhalten der Funktionsfähigkeit der Dienststellen sein - bei einer "ohnehin schon sehr angespannten personellen Situation innerhalb der Polizei". Denn Corona mache ja vor den Beamten nicht halt. Einerseits müssten auch viele Beamte aktuell das Homeschooling ihrer jüngeren Kinder plus fordernden Dienst managen, sagt der GdP-Vorsitzende. Andererseits seien Polizisten besonders gefährdet, sich bei Einsätzen zu infizieren. Mehr als 1400 bayerische Polizisten hätten sich seit Beginn der Pandemie bereits mit dem Virus angesteckt.
die zahlen fallen, gott sei dank, fallen sie ja im moment, und dafür ist halt auch die polizei da, dass sie für ruhe und disziplinierter ordnung in der stadtmitte schaut. was wäre, wenn
heute wieder tausende in die innenstadt zum fasching rennen würden oder morgen und am montag die züge in ganz normaler weise stattfinden würden, dann wäre würzburg und
der landkreis bald wieder auf 100 oder mehr fallzahlen, habt ihr geistreichen denker schon einmal darüber nachgedacht? bestimmt hatte noch niemand von albiz oder seminstar jemals einen fall von corona in der familie, bekanntschaft ... sonst würdet ihr nicht so sinnlos daher reden!
In den Imagevideos zur Bewerbung einer Ausbildung kommt allerdings nichts davon vor, dass Polizeianwärter später einmal Blumengeschäfte filzen und Kindergeburtstage auflösen müssen.
Mit derartigen kriminellen Aktionen lässt sich am Jahresende dann aber eine hervorragende Bilanz der Polizeiarbeit mit stets steigenden Aufklärungszahlen vorlegen.
Und weite Teile der Bevölkerung klatschen auch noch Applaus...