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Würzburg
Cannabis-Legalisierung: Wie ist der aktuelle Stand und warum gibt es Kritik?
Ist der Besitz von Cannabis noch strafbar? Werden Joints erlaubt, Haschkekse aber verboten? Und was ist mit dem Jugendschutz?  Das muss man wissen.
Der Konsum von Cannabis ist in Deutschland nicht ausdrücklich verboten, der Kauf, der Besitz, der Anbau und der Handel damit aber schon. Die Ampelregierung will Kauf, Besitz und Anbau in geringen Mengen künftig legalisieren.  
Foto: Annette Riedl, dpa | Der Konsum von Cannabis ist in Deutschland nicht ausdrücklich verboten, der Kauf, der Besitz, der Anbau und der Handel damit aber schon.
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 15.07.2024 12:38 Uhr

Die von der Ampelregierung geplante Legalisierung von Cannabis ist umstritten. Kritiker fürchten unter anderem eine Aufweichung des Jugendschutzes, mehr psychische Störungen bei Jugendlichen und allgemein einen Anstieg des Konsums.

Besonders aus Bayern kommt Widerstand. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) zufolge verstößt die Legalisierung von Cannabis gegen Völker- und Europarecht.

Hier sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum aktuellen Stand der Legalisierung und zu möglichen Problemen der Legalisierung. 

Ist der Besitz von Cannabis jetzt schon erlaubt?

Nein. Nach dem geltenden Betäubungsmittelrecht ist der Besitz von THC-haltigem, nicht medizinischem Cannabis immer noch strafbar. THC oder Tetrahydrocannabinol ist die psychoaktive Substanz der weiblichen Hanfpflanze. Für Anbau, Herstellung, Handel, Import und Export sowie Kauf und Besitz ist nach geltendem Recht nach wie vor eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren möglich.

Wann  genau kommt das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung?

Das ist aktuell völlig unklar. Der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat zwar bei der Vorstellung der Eckpunkte für eine geplante Entkriminalisierung von Cannabis im April angegeben, dass noch in diesem Jahr der Gesetzesteil in Kraft treten werde, der Eigenanbau und Besitz für den persönlichen Bedarf regle.

SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geht aber offenbar nicht mehr davon aus, dass das Gesetz noch in diesem Jahr in Kraft tritt. Er könne sich aber gut vorstellen, dass "2024 die Legalität erreicht ist“, sagte Lauterbach vor wenigen Tagen der ARD. Erst in dieser Woche sorgte der Gesundheitsminister für Schlagzeilen, als er ankündigte,  Haschkekse von der Legalisierung ausschließen zu wollen – um der Sicherheit von Kindern willen.  

Die Eckpunkte für die Cannabis-Legalisierung, die Özdemir und Lauterbach im April vorgestellt haben, sind  noch kein Gesetz. Auf der Basis dieses Papiers will die Regierung demnächst aber einen Gesetzesentwurf vorlegen. Dieses Gesetz muss dann in der Regierung abgestimmt und vom Kabinett beschlossen werden. Danach müsste es durch Bundestag und Bundesrat. Özdemir zufolge will die Ampel versuchen, das Gesetz so zu gestalten, dass der Bundesrat nicht zustimmen muss.

Was passiert aktuell, wenn die Polizei einen Konsumenten mit 25 Gramm Cannabis – also mit der Menge, die künftig legal sein soll – erwischt?

Die  Polizei beschlagnahmt das Cannabis und legt der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige vor. Die Staatsanwaltschaft entscheidet dann über den weiteren Verfahrensgang. Bei einer "geringen Menge“ zum Eigenbedarf können Strafverfolgungsbehörden auf ein Strafverfahren verzichten. Wie hoch diese "geringe Menge“ sein darf, ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. In Bayern, Baden-Württemberg und Hessen etwa liegt sie bei sechs Gramm. In Berlin, Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen sind zehn Gramm erlaubt.

Wie stellt die Polizei fest, ob ein Verkehrsteilnehmer Cannabis konsumiert hat?

Laut dem Bayerischen Innenministerium sind bayerische Polizisten "speziell geschult, Fahrer unter Drogeneinfluss zu erkennen“. Die Polizei setzt außerdem auf "spezielle Schnelltests“ und im Verdachtsfall auf Blutentnahme.

Verliert ein Verkehrsteilnehmer, der Cannabis konsumiert hat, aktuell noch seinen Führerschein?

Fahren unter THC-Einfluss ist weiterhin verboten. Welche Folgen es hat, erwischt zu werden, hängt vom  Einzelfall und der Konzentration von THC im Blutkreislauf sowie etwaiger Ausfallerscheinungen ab. Es drohen aber immer noch hohe Bußgelder, Punkte in Flensburg und Fahrverbote bis hin zu Strafverfahren und Entzug der Fahrerlaubnis. Zudem kann eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden.

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Darüber hinaus kann der nachgewiesene Konsum von THC beim Führen eines Fahrzeuges zum Verlust besonderer Erlaubnisse wie zum Führen von Gefahrgut-Transporten oder zur Fahrgastbeförderung führen.

Wird sich die Thematik um Führerscheinentzug nach Cannabis-Konsum in Zukunft ändern?

"Wenn es nach uns geht, nicht", antwortet das Bayerische Innenministerium auf diese Frage. Die bayerische Polizei lehnt eine Cannabis-Legalisierung strikt ab: Sie argumentiert, dass  THC die Fahrtüchtigkeit erheblich verschlechtere und damit die Verkehrssicherheit für andere Verkehrsteilnehmer negativ beeinflusse. Dies gelte unabhängig davon, ob der Besitz von Cannabis legal sei oder nicht.

Künftig wohl erlaubt, noch aber verboten: der Anbau von Hanfpflanzen etwa in Cannabis Social Clubs. Das Foto zeigt eine Cannabis-Plantage in Würzburg, die die Polizei beschlagnahmt hat. 
Foto: Polizei | Künftig wohl erlaubt, noch aber verboten: der Anbau von Hanfpflanzen etwa in Cannabis Social Clubs. Das Foto zeigt eine Cannabis-Plantage in Würzburg, die die Polizei beschlagnahmt hat. 

Ist absehbar, ab wann Cannabis Social Clubs in Bayern gegründet werden dürfen?

Ob in Bayern Cannabis Social Clubs (CSC) gegründet werden dürfen, ist abhängig davon, ob und wann das Vorhaben der Bundesregierung Gesetz wird.

Vorausgesetzt, es gibt demnächst Cannabis Social Clubs in Bayern: Wird die Polizei dann gehalten sein, diese Clubs zu kontrollieren – etwa daraufhin, ob wirklich nur 25 Gramm pro Person und nicht mehr als 30 Gramm monatlich bei Jugendlichen abgegeben werden?

Laut Bayerns Innenministerium gibt es dazu seitens der Bundesregierung noch keine Ausführungsbestimmungen, sondern nur „ viele offene Fragen“. Dazu gehört auch, wer welche Regelungen überwachen soll und ob diese überhaupt in der Praxis überwachbar sind.

Warum ist Cannabis für Jugendliche besonders gefährlich?

Cannabis-Konsum löst bewiesenermaßen vor allem in der Jugend Psychosen aus. Unter Psychosen verstehen Ärzte eine veränderte Realitätswahrnehmung, etwa durch Halluzinationen, Wahnvorstellungen oder Denkstörungen. Diese Symptome gehen oft einher mit starken Ängsten.  "Wir haben entsprechend Patienten", sagt Professor Marcel Romanos, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uni Würzburg.

Bereits jetzt konsumierten ein bis zwei Prozent der Jugendlichen regelmäßig Cannabis, wenigstens fünf Prozent konsumierten gelegentlich das Suchtmittel. Die Datenlage sei eindeutig, sagt Romanos: „Wir sehen nicht nur, dass Cannabis-Konsum einen psychologischen Effekt hat, sondern auch gehirnstrukturelle Veränderungen auslöst bei jungen Menschen, die kontinuierlich Cannabis konsumieren.“

Unterwandert die Cannabis-Legalisierung den Jugendschutz?

Aus Sicht des Würzburger Psychiatrie-Professors Romanos schon. Er befürchtet, dass auch Jugendliche leichter an Cannabis kommen, wenn es für Erwachsene leichter wird, Cannabis legal zu erwerben oder anzubauen. Diesen Effekt kennt Romanos aus Studien anderer Länder, die Cannabis legalisiert haben – wie etwa zahlreiche US-Bundesstaaten. Romanos befürchtet zudem durch die Legalisierung eine "gewisse Verharmlosung“ der Droge und hält es für unwahrscheinlich, dass Lauterbachs Vorstellung, dass die Legalisierung den "Schwarzmarkt austrocknet“, umsetzbar ist.

 
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  • E. S.
    ...
    Unterwandert die Cannabis-Legalisierung den Jugendschutz?
    Aus Sicht des Würzburger Psychiatrie-Professors Romanos schon. Er befürchtet, dass auch Jugendliche leichter an Cannabis kommen, wenn es für Erwachsene leichter wird, Cannabis legal zu erwerben oder anzubauen ...

    Dieser Logik nach sollte man das Jugendschutzgesetz zu Alkohol schleunigst abschaffen damit Jugendliche nicht mehr so viel saufen. 🤔
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  • M. E.
    Schön, Frau Rauch, Ihre kritischen Zeilen lesen zu dürfen.

    Solch impertinente Anfeindungen wie vor 19 Std hier geschrieben sollten die dort Erwähnten einfach ignorieren. Unglaublich, zu welch Impertinenz vermutetes Kiffen führen kann!
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  • P. K.
    Bis zur Legalisierung gibt es immerhin die Möglichkeit, sich Cannabis (teuer) privatärztlich verordnen zu lassen. In der Zellerau und Sanderau gibt es mittlerweile entsprechende Anbieter.

    Ähnlich lief es in Kalifornien vor einiger Zeit, wo Cannabis jetzt für Erwachsene auch zu Genusszwecken verkauft wird. Soweit mir bekannt ist deshalb dort nicht das Chaos im Verkehr und in den Psychatrien ausgebrochen…
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  • E. W.
    Derzeit sind immer noch viel zu viele Leute auf der "Arbeit-über-alles"-Schiene.

    Wäre nicht verkehrt, wenn die ganze Gesellschaft Dank erleichtertem Zugang zum Gras etwas entspannter und chilliger würde und nicht immer so ein Riesenstress um nichts gemacht würde.

    Man muss nicht immer rund um die Uhr den Hamster im Laufrad geben, man kann auch ruhig mal Faultier in der Hängematte sein und das Leben genießen. Das ist am Ende gesünder und macht viel mehr Spaß.
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  • M. E.
    Eos, da brauch ich aber absolut weder Rauschgift noch Alkohol dazu. Entspannen konnte ich schon immer, arbeiten auch! Aber alles zu seiner Zeit
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  • E. W.
    Ich trinke nicht, ich rauche nicht, ich nehme auch keine sonstigen Substanzen. Entspannen kann ich auch sehr gut. Nur mit dem Arbeiten will es einfach nicht mehr so recht klappen. Davon habe ich die Nase gestrichen voll. Da ist die Motivation komplett weg.
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  • M. E.
    Nun, wer das sich leisten kann...
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  • E. W.
    Die Boomer-Generation kann sich das noch locker leisten. Ich konnte schon mit knapp 58 aus dem Arbeitsleben aussteigen, obwohl es ja erklärtes Ziel der Schröder-Regierung war, "den Deutschen die Flucht in den vorzeitigen Ruhestand zu verbauen..."

    Aber jetzt wird das wohl immer schwerer werden und die Ampel denkt angeblich schon über "Arbeiten bis 70" nach.

    Aus meiner Sicht ist das reiner Wahnsinn.
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  • A. M.
    Ganz viel Halbwissen, Vermutungen und Falschinformationen munter aufgerührt in einem absolut tendenziösen Beitrag, der mal wieder nur Schreckgespenster der Unionsfraktion und dem größten Nutznießer der Cannabis-Prohibition, unserer lieben Polizei, aufwärmt.

    In ein paar Jahren nach der Legalisierung wird auch der dümmste Politiker erkennen, dass die Befürchtungen völlig haltlos waren.

    Ich bin gespannt auf deren Rechtfertigung, weshalb seit Jahrzehnten mündige Bürger völlig sinnlos kriminalisiert wurden.
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  • M. B.
    "Aus Sicht des Würzburger Psychiatrie-Professors Romanos schon. Er befürchtet, dass auch Jugendliche leichter an Cannabis kommen, wenn es für Erwachsene leichter wird, Cannabis legal zu erwerben oder anzubauen. "
    ..Darum geht es aber nicht, wie leicht, oder wie schwer der Zugang zu Cannabis für Jugendliche ist. Fakt ist, wer ran kommen will, der kommt auch ran. Soviel dazu.
    Allerdings, kommt die Jugend dann weiterhin n über den Schwarzmarkt, einhergehend mit schlechter Qualität, Streckmittel, kriminellem Umfeld an das Gras.
    Und der Dealer, der Gras verkauft, bietet vermutlich oft auch noch andere illegale Drogen an. Dies ist aber relativ unwahrscheinlich, wenn der 17-Jährige sich beim Onkel, oder dem schon Erwachsenen Kumpel etwas "schnorrt".
    Es geht um MEHR Jugendschutz und nicht darum sicherzustellen, dass kein Jugendlicher mehr an das Zeug ran kommt. Alleine die genannten Punkte sind eig schon Grund genug für eine Legalisierung. Btw. ich konsumiere selbst kein Versagerkraut grinsen
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  • M. F.
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