
Von „Einsicht bis Pech gehabt“ – die Bandbreite der Reaktionen von Autofahrern, wenn sie den Führerschein wegen Alkohol oder Drogen verloren haben, ist groß. So richtig ins Grübeln kommen manche erst, wenn sie den Führerschein wiederhaben wollen und die Hürden erkennen, die sie dafür nehmen müssen.
Der Informationsbedarf ist enorm, wissen Hedwig Heinisch, Sabine Till und Dieter Schwenkert von der Suchtberatung der Caritas. Wie enorm, das sahen sie, als die Plätze nicht ausreichten beim Informationsabend „Führerscheinentzug wegen Alkohol und Drogen“ im Caritashaus Edith Stein.
Ohne Auto ist alles nichts. Dies gilt besonders in ländlichen Gebieten wie Rhön-Grabfeld. Auf Busverbindungen oder Fahrgemeinschaften kann man sich nicht verlassen, wenn man im Schichtdienst oder als Leiharbeiter tätig ist. In manchen Gemeinden ist man sogar dann aufs Auto angewiesen, wenn man nur für den täglichen Bedarf einkaufen gehen will.
Nicht Autofahren zu dürfen, kann existenzielle Folgen haben – alkoholisiert Auto fahren allerdings auch. Dieser Aspekt des Führerscheinentzugs ist den Suchtberatern besonders wichtig. Ohne die Einsicht, dass man sich die Suppe selbst eingebrockt hat, dass man andere Menschen gefährdet hat, dass man Täter war, stehen die Chancen für das Wiedererlangen des Führerscheins nicht sonderlich gut, so ihre Erfahrung.
Von Autofahrern, die ein Alkohol- oder Drogenproblem haben, wird zum Beispiel erwartet, dass sie ihre Sucht bekämpfen, dass sie Einsicht zeigen, eine Therapie machen und sich ändern. Nach der Therapie müssen sie ein Jahr Abstinenz nachweisen (Haarproben oder Urinanalysen), bevor sie sich zur medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) anmelden.
Zur MPU müssen Autofahrer, die mehrfach mit Alkohol am Steuer aufgefallen sind, oder einmal mit 1,6 Promille oder mehr erwischt wurden. Das Gleiche gilt für Autofahrer, die unter Drogeneinfluss hinterm Steuer saßen oder außerhalb des Straßenverkehrs gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben. Auch mehr als 17 Punkte in der Verkehrssünderdatei in Flensburg qualifizieren für eine MPU.
Der Weg zum Führerschein ist trotz dieser gesetzlichen Regelungen sehr individuell, verdeutlichten die Referenten Hans-Peter Götz (Führerscheinstelle Landratsamt Rhön-Grabfeld), Carmen Iclozan und Eva Schnabel (Verkehrspsychologinnen beim TÜV Thüringen) sowie Sylke Biedler (Fachpsychologin für Verkehrspsychologie). Deshalb ist es unerlässlich, dass jeder, der seinen Führerschein verliert, sich sofort bei den Fachstellen informiert, welche Voraussetzungen er erfüllen muss, damit er ihn nach der Sperre wiederbekommt, so der Rat der Suchtberater.
So problembehaftet der Verlust des Führerscheins für einen Autofahrer auch sein mag, bisweilen hat der Führerscheinentzug auch seine positiven Seiten. „Jeder braucht einen Leidensdruck, bis er etwas an seinem Leben ändert. Wenn die Fahrerlaubnis weg ist, beginnt bei manchen das Nachdenken“, ist die Erfahrung von Dieter Schwenkert. So ein Schuss vor den Bug könne durchaus dafür sorgen, dass so mancher sich Gedanken über seinen Alkoholkonsum macht.
Eignung zum Autofahren
Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (abgekürzt: MPU) beurteilt die Fahreignung eines Autofahrers. Gemeint sind die körperliche und geistige Eignung (zum Beispiel Reaktionsfähigkeit) und Persönlichkeitsmerkmale wie die persönliche Zuverlässigkeit.
Das MPU-Gutachten liefert eine Prognose darüber, wie sich das Verhalten eines Autofahrers wahrscheinlich entwickelt. Die Prognose ist dann günstig, wenn die Zweifel der Fahrerlaubnisbehörde durch die verkehrsmedizinischen und verkehrspsychologischen Befunde ausgeräumt werden, also belegbare Hinweise auf stabile Verhaltens- und Einstellungsänderungen des Autofahrers vorliegen, so die Vorgaben.
Vor der Entscheidung über die Neuerteilung der Fahrerlaubnis prüft die zuständige Behörde, ob das Gutachten nachvollziehbar ist. Bestehen begründete Zweifel an der Objektivität, kann ein Gutachten abgelehnt werden.