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Brandbrief an Abgeordnete: Wasserversorger befürchten, dass der Trinkwasserschutz in Bayern aufgeweicht wird
Änderungen von CSU und Freien Wählern im Landesentwicklungsprogramm Bayern alarmieren die Wasserversorger: Ist dadurch das Trinkwasser in Gefahr?
Brandbrief an Abgeordnete: Wasserversorger befürchten, dass der Trinkwasserschutz in Bayern aufgeweicht wird
Foto: Patrick Pleul, dpa
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 09.02.2024 08:36 Uhr

Will die Staatsregierung den Trinkwasserschutz in Bayern zugunsten wirtschaftlicher Interessen aufweichen? Dieser Vorwurf geht aus einem Brandbrief an alle Abgeordneten des Bayerischen Landtags hervor. Unterzeichnet ist er vom Bayerischen Städtetag, vom Bayerischen Gemeindetag, dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), dem Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) und dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in Bayern.

"Es ist ein Paukenschlag, wenn sich alle Wasserversorger darauf verständigen, dass hier eine Grenze überschritten wird", sagt Juliane Thimet, Direktorin des Bayerischen Gemeindetags und Vorsitzende der Wasserwerksnachbarschaften in Bayern. Um zu zeigen, wie viel auf dem Spiel steht, wollen sich die Verbände jetzt auch direkt an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wenden.

Der Handelsriese Edeka kauft die Siegsdorfer Petrusquelle, Aldi Nord übernimmt Altmühltaler: In Zeiten, in denen sich Unternehmen direkten Zugriff auf Wasservorkommen in Bayern sichern, dürfe nicht auch noch der Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung in Frage gestellt und der Trinkwasserschutz aufgeweicht werden, sagt Juliane Thimet.

Kritik an drei Änderungsanträgen von CSU und Freien Wählern 

Der Grund für den Aufruhr bei den bayerischen Wasserversorgern sind drei Änderungen, die CSU und Freie Wähler nach einem Jahr Beratungen "in letzter Minute" in das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) eingebracht haben. Ohne "Anhörung der betroffenen Wasserversorger". So steht es in dem Brief an die Abgeordneten.  

Das LEP ist der große inhaltliche Rahmen für die Raumplanung in Bayern. Es ist Grundlage für alle, die entscheiden, ob künftig die öffentliche Wasserversorgung, der gewerbliche Mineralwasserhersteller, der Windpark-Betreiber oder eine Bergbau-Firma Vorrang haben. Das LEP wird aktuell fortgeschrieben. Die drei Änderungen könnten also schon Ende April beschlossene Sache sein.

Am "Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung" wird gerüttelt

Worum geht es? Erstens: Grundwasser soll nicht länger "bevorzugt", sondern nur noch "insbesondere" der Trinkwasserversorgung dienen. Lebensmittel- und Getränkehersteller könnten künftig ebenfalls priorisiert werden. Die Folge, so die Unterzeichner des Briefes: Gewerbliche und private Interessen würden gestärkt. Ein fatales Signal in Zeiten, in denen Trinkwasser in einigen Gebieten Bayerns bereits knapp werde.

Brandbrief an Abgeordnete: Wasserversorger befürchten, dass der Trinkwasserschutz in Bayern aufgeweicht wird

Zweitens: Das sensible Tiefengrundwasser soll nicht mehr "explizit vor Rohstoffabbau" geschützt werden. Die gestrichene Passage könnte relevant werden im Fall der Altertheimer Mulde im Landkreis Würzburg, in der der weltgrößte Gipsveredler Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) Bayerns größtes Bergwerk errichten möchte, befürchtet der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib.

Schutz der Wasservorkommen in Bayern wird aufgeweicht

Der Anspruch, verunreinigte, etwa mit Nitrat belastete Grundwasserkörper - also abgegrenzte Grundwasservorkommen - zu sanieren, wurde aus dem LEP entfernt.

Drittens: Auch gestrichen wurde die Kategorie der "Vorbehaltsgebiete" sowie das Wörtchen "dauerhaft" beim Schutz von Trinkwasservorkommen und Wasserschutzgebieten. Die Folge, so die Unterzeichner des Briefes: Trinkwasservorkommen, die noch nicht erschlossen sind, könnten im Wettlauf mit Gewerbegebieten, Siedlungen oder dem Ausbau erneuerbarer Energien den Kürzeren ziehen.

"Denken Sie das alles mal zusammen", sagt VKU-Geschäftsführer Gunnar Braun. "Als Wasserversorger, der weiß, wie leicht Schadstoffe ins Grundwasser gelangen und dass die Mengen im Klimawandel auch nicht mehr, sondern weniger werden, fühlt man sich unwohl." 

SPD-Abgeordneter Volkmar Halbleib aus Ochsenfurt befürchtet: 'Der Grundwasserschutz kann durchlöchert werden wie ein Schweizer Käse.'
Foto: Ulises Ruiz Diaz | SPD-Abgeordneter Volkmar Halbleib aus Ochsenfurt befürchtet: "Der Grundwasserschutz kann durchlöchert werden wie ein Schweizer Käse."

Der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib aus Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) sagt: "Wenn der Vorrang der Trinkwasserversorgung aufgegeben wird und der Schutz des Tiefengrundwassers stärker zur wirtschaftlichen Disposition gestellt wird, dann kann der Grundwasserschutz durchlöchert werden wie ein Schweizer Käse."

Halbleib fordert CSU und Freie Wähler auf, die Verschlechterungen vor der abschließenden Entscheidung des Landtags zurücknehmen. Die Landtags-SPD werde "alles tun, um die fatale Entwicklung auf den letzten Metern zu korrigieren".

 
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  • sauer.paul.nordheim.de@web.de
    Die CSU opfert alles - sogar den Grundwasserschutz - für Mammon und Machterhalt.

    Wie kann man eine solche Partei nur wählen!!!
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  • gowell70@yahoo.de
    Scheinbar sind diese Regierungsparteien dem Schmiergeld mehr verpflichtet als dem Allgemeinwohl.
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  • dietmar@eberth-privat.de
    Zumindest in Bayern.

    Jetzt bin ich mal gespannt wie stark sich die direkt gewählten Abgeordnete sich für die Interessen ihrer Region einsetzen oder doch nur ihrer Partei hinterherbeten?
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  • Arcus
    Die werden sich, wie auch zu 99,9% im Land- oder Bundestag, dem Diktat der Parteioberen unterwerfen. Zumindest bei der CSU ist das so. Das bestätigen die entsprechenden Stellen im Bundes- und Landtag.
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  • leser1969
    Das war auch gleich mein Gedanke...
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  • ralfestenfeld@aol.com
    Viele Bereiche sind bereits "industriealisiert". Vor allem der Energiesektor - dort gibt es nur einige wenige, die unsere Versorgung bestimmen. Würde mich nicht wundern, wenn auch der Bereich Wasser von der Wirtschaft besetzt würde. Dann sind wir auch dort abhängig von deren Verteilungspolitik. Und die Politik schaut entweder zu oder legalisiert diese Verhältnisse.
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  • Arcus
    Die CSU und die Opfsofthubsis wollen den Schutz unseres Trinkwasser aufweichen. Das muß doch selbst den schwärzesten Schwarzen zu denken geben. Dieser Partei und den Opflsofthubsis muß endlich das Vertrauen entzogen werden.
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  • Auf eigenen Wunsch gesperrt.
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  • Mainkommentar
    Wie wäre es wenn man das Brauchwasser (gereinigtes Wasser) aus der Würzburger Kläranlage in den Wäldern verieseln lassen würde? Das ist eine Menge Wasser und die Wälder könnten das Wasser brauchen!!!
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  • Arcus
    Dann fehlt das Wasser dem Main. Der leidet ja auch eine notorische Wasserarmut.
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  • dietmar@eberth-privat.de
    In 2 Wochen haben wir 1. April
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