Will die Staatsregierung den Trinkwasserschutz in Bayern zugunsten wirtschaftlicher Interessen aufweichen? Dieser Vorwurf geht aus einem Brandbrief an alle Abgeordneten des Bayerischen Landtags hervor. Unterzeichnet ist er vom Bayerischen Städtetag, vom Bayerischen Gemeindetag, dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), dem Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) und dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in Bayern.
"Es ist ein Paukenschlag, wenn sich alle Wasserversorger darauf verständigen, dass hier eine Grenze überschritten wird", sagt Juliane Thimet, Direktorin des Bayerischen Gemeindetags und Vorsitzende der Wasserwerksnachbarschaften in Bayern. Um zu zeigen, wie viel auf dem Spiel steht, wollen sich die Verbände jetzt auch direkt an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wenden.
Der Handelsriese Edeka kauft die Siegsdorfer Petrusquelle, Aldi Nord übernimmt Altmühltaler: In Zeiten, in denen sich Unternehmen direkten Zugriff auf Wasservorkommen in Bayern sichern, dürfe nicht auch noch der Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung in Frage gestellt und der Trinkwasserschutz aufgeweicht werden, sagt Juliane Thimet.
Kritik an drei Änderungsanträgen von CSU und Freien Wählern
Der Grund für den Aufruhr bei den bayerischen Wasserversorgern sind drei Änderungen, die CSU und Freie Wähler nach einem Jahr Beratungen "in letzter Minute" in das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) eingebracht haben. Ohne "Anhörung der betroffenen Wasserversorger". So steht es in dem Brief an die Abgeordneten.
Das LEP ist der große inhaltliche Rahmen für die Raumplanung in Bayern. Es ist Grundlage für alle, die entscheiden, ob künftig die öffentliche Wasserversorgung, der gewerbliche Mineralwasserhersteller, der Windpark-Betreiber oder eine Bergbau-Firma Vorrang haben. Das LEP wird aktuell fortgeschrieben. Die drei Änderungen könnten also schon Ende April beschlossene Sache sein.
Am "Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung" wird gerüttelt
Worum geht es? Erstens: Grundwasser soll nicht länger "bevorzugt", sondern nur noch "insbesondere" der Trinkwasserversorgung dienen. Lebensmittel- und Getränkehersteller könnten künftig ebenfalls priorisiert werden. Die Folge, so die Unterzeichner des Briefes: Gewerbliche und private Interessen würden gestärkt. Ein fatales Signal in Zeiten, in denen Trinkwasser in einigen Gebieten Bayerns bereits knapp werde.
Zweitens: Das sensible Tiefengrundwasser soll nicht mehr "explizit vor Rohstoffabbau" geschützt werden. Die gestrichene Passage könnte relevant werden im Fall der Altertheimer Mulde im Landkreis Würzburg, in der der weltgrößte Gipsveredler Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) Bayerns größtes Bergwerk errichten möchte, befürchtet der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib.
Schutz der Wasservorkommen in Bayern wird aufgeweicht
Der Anspruch, verunreinigte, etwa mit Nitrat belastete Grundwasserkörper - also abgegrenzte Grundwasservorkommen - zu sanieren, wurde aus dem LEP entfernt.
Drittens: Auch gestrichen wurde die Kategorie der "Vorbehaltsgebiete" sowie das Wörtchen "dauerhaft" beim Schutz von Trinkwasservorkommen und Wasserschutzgebieten. Die Folge, so die Unterzeichner des Briefes: Trinkwasservorkommen, die noch nicht erschlossen sind, könnten im Wettlauf mit Gewerbegebieten, Siedlungen oder dem Ausbau erneuerbarer Energien den Kürzeren ziehen.
"Denken Sie das alles mal zusammen", sagt VKU-Geschäftsführer Gunnar Braun. "Als Wasserversorger, der weiß, wie leicht Schadstoffe ins Grundwasser gelangen und dass die Mengen im Klimawandel auch nicht mehr, sondern weniger werden, fühlt man sich unwohl."
Der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib aus Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) sagt: "Wenn der Vorrang der Trinkwasserversorgung aufgegeben wird und der Schutz des Tiefengrundwassers stärker zur wirtschaftlichen Disposition gestellt wird, dann kann der Grundwasserschutz durchlöchert werden wie ein Schweizer Käse."
Halbleib fordert CSU und Freie Wähler auf, die Verschlechterungen vor der abschließenden Entscheidung des Landtags zurücknehmen. Die Landtags-SPD werde "alles tun, um die fatale Entwicklung auf den letzten Metern zu korrigieren".
Wie kann man eine solche Partei nur wählen!!!
Jetzt bin ich mal gespannt wie stark sich die direkt gewählten Abgeordnete sich für die Interessen ihrer Region einsetzen oder doch nur ihrer Partei hinterherbeten?