zurück
Würzburg
Brandbekämpfung aus der Luft wird in Nordbayern zum Dauereinsatz: "So viel haben wir noch nie gelöscht!"
Zurzeit müssen täglich Brände in Unterfranken auch aus der Luft gelöscht werden. Ein Flugtechniker der Polizeihubschrauberstaffel in Roth erklärt, wie die Einsätze ablaufen.
Wenn ein Brand nicht allein vom Boden aus gelöscht werden kann, ruft die Feuerwehr sie zur Hilfe: In ganz Franken sind aktuell täglich Hubschrauber zur Brandbekämpfung im Einsatz.
Foto: Thomas Obermeier | Wenn ein Brand nicht allein vom Boden aus gelöscht werden kann, ruft die Feuerwehr sie zur Hilfe: In ganz Franken sind aktuell täglich Hubschrauber zur Brandbekämpfung im Einsatz.
Christoph Sommer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:10 Uhr

Momentan reiht sich eine Brandmeldung in Unterfranken an die nächste: Mal setzt ein Mähdrescher ein Feld in Flammen, mal brennt gleich, wie im unterfränkischen Stockstadt, ein ganzes Stück Wald. Bei vielen Einsätzen reicht die Brandbekämpfung vom Boden nicht aus und es wird Unterstützung aus der Luft benötigt. 

Weil die bayerischen Feuerwehren keine eigenen Hubschrauber besitzen, arbeiten sie mit den Maschinen von Bundeswehr, Polizei und privaten Anbietern zusammen. Das gemeinsame Vorgehen im Ernstfall trainierten die Flughelferinnen und Flughelfern gemeinsam mit den unterschiedlichen Helikopter-Besatzungen zuletzt Mitte Juli bei einem Lehrgang der Feuerwehrschule Würzburg.

Bei der Fortbildung in und um Würzburg war auch Michael Waldmüller dabei. Der Hauptkommissar ist Flugtechniker und damit eine Art Co-Pilot im Hubschrauber der Polizei. 

Die bayerische Polizeihubschrauberstaffel hat ihren Hauptsitz in München am Franz-Josef-Strauß-Flughafen. Eine Außenstelle mit 50 Einsatzkräften ist im mittelfränkischen Roth angesiedelt. Dort ist auch Michael Waldmüller stationiert. Mindestens einer der acht bayerischen Polizeihubschrauber muss dort ständig einsatzbereit sein, so der Hauptkommissar.

Die Hubschrauber der Polizei unterstützen die Feuerwehren bei der Brandbekämpfung

Normalerweise gehört das Brandlöschen nicht zu den Hauptaufgaben der Staffel. Der Alltag besteht vor allem aus der Personensuche, etwa bei Unfällen, oder der Suche nach Vermissten oder der Verfolgung Flüchtiger.

Wie bei dieser Übung am Main an der Staustufe bei Erlabrunn können die Helikopter Löschwasser mit speziellen Behältern aufnehmen und transportieren. 
Foto: Thomas Obermeier | Wie bei dieser Übung am Main an der Staustufe bei Erlabrunn können die Helikopter Löschwasser mit speziellen Behältern aufnehmen und transportieren. 

Wenn es die tägliche Polizeiarbeit es zulässt, wird die Staffel auch zur akuten Gefahrenabwehr bei Bränden eingesetzt, so Waldmüller. Da die Waldbrandgefahr in Unterfranken als sehr hoch eingestuft wird, gewinnen die Löscheinsätze eine bisher unbekannte Regelmäßigkeit.

Der Vergleich zum Vorjahr ist dabei besonders eindrücklich: Für das gesamte Jahr 2021 kann sich Waldmüller nur an "ein oder zwei Einsätze" erinnern, bei denen er tatsächlich zur Brandbekämpfung losfliegen musste. Wie der 42-jährige Flugtechniker berichtet, ist seine Staffel momentan jedoch täglich zur Aufklärung oder zum Löschen von Bränden im Einsatz – und das bis zu dreimal: "Heuer ist es ganz extrem. So viel haben wir noch nie gelöscht!" 

Wie ist der Ablauf bei einem Feuerwehreinsatz mit Luftunterstützung?

Michael Waldmüller erklärt, was passiert, wenn die zuständige Feuerwehr feststellt, dass zur Brandbekämpfung oder Bereitstellung von Löschwasser Unterstützung aus der Luft notwendig wird. Weil die Feuerwehr selbst über keine Helikopter verfüge, frage sie die Maschinen neben der Bundeswehr und der Luftrettungsstaffel auch bei der Einsatzzentrale der Polizei an.

Die Löschwasserbehälter der Hubschrauber können bis zu 800 Liter Wasser fassen.
Foto: Thomas Obermeier | Die Löschwasserbehälter der Hubschrauber können bis zu 800 Liter Wasser fassen.

Sobald ein Hubschrauber der Polizei zum Einsatz ausgewählt wird und die Einsatzgenehmigung vorliegt, heißt es für die Besatzung: "Bambi-Bucket einpacken und ab zur Brandstelle", wie Hauptkommissar Waldmüller sagt. "Bambi-Bucket" nennen sie bei der Polizei die Löschwasserbehälter.

"Während die Maschine unterwegs ist, sichern die Flughelfer der Feuerwehr schon mal den Landeplatz", sagt Waldmüller, "das heißt, sie richten quasi einen kleinen Flugplatz ein und bereiten die Wasseraufnahme vor". Das Wasser werde, wenn möglich, an einem ausreichend tiefen Fluss oder See aufgenommen. Andernfalls befülle die Feuerwehr die Wasserbehälter aus den Tanks der Feuerwehrautos.

Über dem Zielobjekt wird das Wasser dann aus dem Behälter abgelassen.
Foto: Thomas Obermeier | Über dem Zielobjekt wird das Wasser dann aus dem Behälter abgelassen.

Sobald die Flughelferinnen und Flughelfer der Feuerwehr den Behälter befestigt haben, fliegt der Hubschrauber zur Wasserentnahme. Für die Bedienung der Mechanik sei dabei der Flugtechniker oder die Flugtechnikerin zuständig. Während die Pilotin oder der Pilot vorne am Steuer sitzt, so Waldmüller, steht er im Ernstfall gut gesichert außen auf der Kufe, seitlich der Maschine, und bedient den Lasthaken. Daran ist ein durchschnittlich sieben und maximal 30 Meter langes Seil mit dem "Bambi-Bucket" befestigt.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Als Techniker sorge er dann auch dafür, dass der etwa 800 Liter fassende Behälter geöffnet ins Wasser eintauche und nach der Aufnahme mechanisch verschlossen werde. Die Menge an tatsächlich aufgenommenem Löschwasser sei jedoch durch die Leistungsfähigkeit der Hubschrauber begrenzt, die aktuell lediglich 600 Liter zusätzlich tragen könnten: "Der Pilot stellt eine bestimmte Leistung der Maschine ein und der Flugtechniker lässt dann so viel Wasser ab, bis der Hubschrauber anfängt zu steigen", erklärt Waldmüller.

Wie er sagt, gebe es am Zielort zwei mögliche Manöver: "Wir können das Wasser im Überflug absprühen, oder es im Schwebeflug senkrecht aus dem Behälter ablassen". Letzteres werde nicht nur zur punktuellen Brandbekämpfung genutzt, sondern auch, um in Gegenden ohne direkte Wasserzufuhr am Boden die Faltbehälter der Feuerwehr zu füllen. Diese kann damit dann das Feuer bekämpfen.

Bei einem Waldbrand kommt es auf das Zusammenspiel von Piloten und Feuerwehr an

Die Kommunikation zwischen allen Beteiligten bei solch einem Einsatz ist auf das Wesentliche reduziert. Weil man aus dem Cockpit des Hubschraubers eine eingeschränkte Sicht nach unten hat, übernehmen die Technikerinnen und Techniker die punktgenaue Orientierung: "Ich kündige dem Piloten zum Beispiel an: 'Brandstelle voraus in 20 Metern.' Dann zähle ich die letzten Meter runter und zeitgleich mit dem Kommando 'Ich lasse ab', öffne ich die Wasserauslösung", erklärt der erfahrene Flugtechniker Waldmüller.

Gut gesichert stehen die Flugtechniker auf den Kufen des Helikopters. Sie geben die Kommandos zur punktgenauen Orientierung und bedienen die angebrachte Mechanik.
Foto: Thomas Obermeier | Gut gesichert stehen die Flugtechniker auf den Kufen des Helikopters. Sie geben die Kommandos zur punktgenauen Orientierung und bedienen die angebrachte Mechanik.

Bis zum Stichwort "Behälter leer, Abflug frei" muss die Pilotin oder der Pilot den Hubschrauber manuell im Schwebeflug halten. Waldmüller erklärt, dass sie sich dabei allein auf ihr Gespür und die Orientierung an einem festen Referenzpunkt, ein Haus oder ein markanter Baum, verlassen müssen. Erst im kommenden Jahr seien neue Maschinen eingeplant, die dann über einen sogenannten "Hoverautomaten" verfügen sollen und damit automatisch auf der Stelle schweben könnten.

Der Klimawandel führt zu häufigeren Extremwetterlagen und damit mehr Einsätzen

Michael Waldmüller ist seit 2010 Teil der Flugstaffel in Roth und dabei nicht nur regelmäßig im Einsatz unterwegs, sondern auch für die Aus- und Fortbildung verantwortlich. Aufgrund der engen Kooperation von Hubschrauberteams und Feuerwehren sieht der Experte für das Fliegen mit Außenlasten Bayern für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet: "Wir arbeiten ständig an Verbesserungen und haben hier ein funktionierendes System."

Fotoserie

Der Klimawandel wird auch bei der Brandbekämpfung und dem Katastrophenschutz aus der Luft zu Veränderungen führen. Angesichts der Zunahme von extremen Wetterphänomenen ist für ihn klar: "Für solche Großlagen wie Waldbrände oder das Hochwasser im Ahrtal werden wir zukünftig häufiger gebraucht werden."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Christoph Sommer
Brandbekämpfung
Bundeswehr
Feuerwehr Schwanfeld
Feuerwehren
Polizei
Polizeihubschrauber
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • K. F.
    es liegt ja wohl auf der hand und ist nicht verwunderlich, dass bei nun schon über 5 wochen heißen temperaturen und kaum regen die natur völlig ausgedörrt ist. wenn man sieht, wie klein dieses jahr nur die sonnenblumenäcker stehen oder der mais halb so groß ist wie die lettzen jahre und dazu noch alles so trocken, dass beim traktor eine 20meter lange staubwolke hinter her kommt, da wundert es einem nicht, wenn es zunderloh das brennen anfängt. schlägt heuer der wettergott mal richtig zurück, da seine menschenkinder nicht mehr an ihn glauben?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. E.
    Hat nichts mit Wettergott zu tun
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten