Momentan reiht sich eine Brandmeldung in Unterfranken an die nächste: Mal setzt ein Mähdrescher ein Feld in Flammen, mal brennt gleich, wie im unterfränkischen Stockstadt, ein ganzes Stück Wald. Bei vielen Einsätzen reicht die Brandbekämpfung vom Boden nicht aus und es wird Unterstützung aus der Luft benötigt.
Weil die bayerischen Feuerwehren keine eigenen Hubschrauber besitzen, arbeiten sie mit den Maschinen von Bundeswehr, Polizei und privaten Anbietern zusammen. Das gemeinsame Vorgehen im Ernstfall trainierten die Flughelferinnen und Flughelfern gemeinsam mit den unterschiedlichen Helikopter-Besatzungen zuletzt Mitte Juli bei einem Lehrgang der Feuerwehrschule Würzburg.
Bei der Fortbildung in und um Würzburg war auch Michael Waldmüller dabei. Der Hauptkommissar ist Flugtechniker und damit eine Art Co-Pilot im Hubschrauber der Polizei.
Die bayerische Polizeihubschrauberstaffel hat ihren Hauptsitz in München am Franz-Josef-Strauß-Flughafen. Eine Außenstelle mit 50 Einsatzkräften ist im mittelfränkischen Roth angesiedelt. Dort ist auch Michael Waldmüller stationiert. Mindestens einer der acht bayerischen Polizeihubschrauber muss dort ständig einsatzbereit sein, so der Hauptkommissar.
Die Hubschrauber der Polizei unterstützen die Feuerwehren bei der Brandbekämpfung
Normalerweise gehört das Brandlöschen nicht zu den Hauptaufgaben der Staffel. Der Alltag besteht vor allem aus der Personensuche, etwa bei Unfällen, oder der Suche nach Vermissten oder der Verfolgung Flüchtiger.
Wenn es die tägliche Polizeiarbeit es zulässt, wird die Staffel auch zur akuten Gefahrenabwehr bei Bränden eingesetzt, so Waldmüller. Da die Waldbrandgefahr in Unterfranken als sehr hoch eingestuft wird, gewinnen die Löscheinsätze eine bisher unbekannte Regelmäßigkeit.
Der Vergleich zum Vorjahr ist dabei besonders eindrücklich: Für das gesamte Jahr 2021 kann sich Waldmüller nur an "ein oder zwei Einsätze" erinnern, bei denen er tatsächlich zur Brandbekämpfung losfliegen musste. Wie der 42-jährige Flugtechniker berichtet, ist seine Staffel momentan jedoch täglich zur Aufklärung oder zum Löschen von Bränden im Einsatz – und das bis zu dreimal: "Heuer ist es ganz extrem. So viel haben wir noch nie gelöscht!"
Wie ist der Ablauf bei einem Feuerwehreinsatz mit Luftunterstützung?
Michael Waldmüller erklärt, was passiert, wenn die zuständige Feuerwehr feststellt, dass zur Brandbekämpfung oder Bereitstellung von Löschwasser Unterstützung aus der Luft notwendig wird. Weil die Feuerwehr selbst über keine Helikopter verfüge, frage sie die Maschinen neben der Bundeswehr und der Luftrettungsstaffel auch bei der Einsatzzentrale der Polizei an.
Sobald ein Hubschrauber der Polizei zum Einsatz ausgewählt wird und die Einsatzgenehmigung vorliegt, heißt es für die Besatzung: "Bambi-Bucket einpacken und ab zur Brandstelle", wie Hauptkommissar Waldmüller sagt. "Bambi-Bucket" nennen sie bei der Polizei die Löschwasserbehälter.
"Während die Maschine unterwegs ist, sichern die Flughelfer der Feuerwehr schon mal den Landeplatz", sagt Waldmüller, "das heißt, sie richten quasi einen kleinen Flugplatz ein und bereiten die Wasseraufnahme vor". Das Wasser werde, wenn möglich, an einem ausreichend tiefen Fluss oder See aufgenommen. Andernfalls befülle die Feuerwehr die Wasserbehälter aus den Tanks der Feuerwehrautos.
Sobald die Flughelferinnen und Flughelfer der Feuerwehr den Behälter befestigt haben, fliegt der Hubschrauber zur Wasserentnahme. Für die Bedienung der Mechanik sei dabei der Flugtechniker oder die Flugtechnikerin zuständig. Während die Pilotin oder der Pilot vorne am Steuer sitzt, so Waldmüller, steht er im Ernstfall gut gesichert außen auf der Kufe, seitlich der Maschine, und bedient den Lasthaken. Daran ist ein durchschnittlich sieben und maximal 30 Meter langes Seil mit dem "Bambi-Bucket" befestigt.
Als Techniker sorge er dann auch dafür, dass der etwa 800 Liter fassende Behälter geöffnet ins Wasser eintauche und nach der Aufnahme mechanisch verschlossen werde. Die Menge an tatsächlich aufgenommenem Löschwasser sei jedoch durch die Leistungsfähigkeit der Hubschrauber begrenzt, die aktuell lediglich 600 Liter zusätzlich tragen könnten: "Der Pilot stellt eine bestimmte Leistung der Maschine ein und der Flugtechniker lässt dann so viel Wasser ab, bis der Hubschrauber anfängt zu steigen", erklärt Waldmüller.
Wie er sagt, gebe es am Zielort zwei mögliche Manöver: "Wir können das Wasser im Überflug absprühen, oder es im Schwebeflug senkrecht aus dem Behälter ablassen". Letzteres werde nicht nur zur punktuellen Brandbekämpfung genutzt, sondern auch, um in Gegenden ohne direkte Wasserzufuhr am Boden die Faltbehälter der Feuerwehr zu füllen. Diese kann damit dann das Feuer bekämpfen.
Bei einem Waldbrand kommt es auf das Zusammenspiel von Piloten und Feuerwehr an
Die Kommunikation zwischen allen Beteiligten bei solch einem Einsatz ist auf das Wesentliche reduziert. Weil man aus dem Cockpit des Hubschraubers eine eingeschränkte Sicht nach unten hat, übernehmen die Technikerinnen und Techniker die punktgenaue Orientierung: "Ich kündige dem Piloten zum Beispiel an: 'Brandstelle voraus in 20 Metern.' Dann zähle ich die letzten Meter runter und zeitgleich mit dem Kommando 'Ich lasse ab', öffne ich die Wasserauslösung", erklärt der erfahrene Flugtechniker Waldmüller.
Bis zum Stichwort "Behälter leer, Abflug frei" muss die Pilotin oder der Pilot den Hubschrauber manuell im Schwebeflug halten. Waldmüller erklärt, dass sie sich dabei allein auf ihr Gespür und die Orientierung an einem festen Referenzpunkt, ein Haus oder ein markanter Baum, verlassen müssen. Erst im kommenden Jahr seien neue Maschinen eingeplant, die dann über einen sogenannten "Hoverautomaten" verfügen sollen und damit automatisch auf der Stelle schweben könnten.
Der Klimawandel führt zu häufigeren Extremwetterlagen und damit mehr Einsätzen
Michael Waldmüller ist seit 2010 Teil der Flugstaffel in Roth und dabei nicht nur regelmäßig im Einsatz unterwegs, sondern auch für die Aus- und Fortbildung verantwortlich. Aufgrund der engen Kooperation von Hubschrauberteams und Feuerwehren sieht der Experte für das Fliegen mit Außenlasten Bayern für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet: "Wir arbeiten ständig an Verbesserungen und haben hier ein funktionierendes System."
Der Klimawandel wird auch bei der Brandbekämpfung und dem Katastrophenschutz aus der Luft zu Veränderungen führen. Angesichts der Zunahme von extremen Wetterphänomenen ist für ihn klar: "Für solche Großlagen wie Waldbrände oder das Hochwasser im Ahrtal werden wir zukünftig häufiger gebraucht werden."