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Ochsenfurt
Bernhard Sohn geht in den Ruhestand: Was man als Ochsenfurter Türmer so alles erlebt
Eine kaputte Rathausuhr, ein vergessener Schlüssel und ein Bischof als Ehrengast. Nach 35 Jahren als Gästeführer kann Bernhard Sohn manches erzählen.
Bernhard Sohn führte Touristen als Stadtführer und Türmer durch Ochsenfurt. Nun wurde er mit 84 Jahren als ältester Gästeführer Ochsenfurts in den Ruhestand verabschiedet.
Foto: Silvia Gralla | Bernhard Sohn führte Touristen als Stadtführer und Türmer durch Ochsenfurt. Nun wurde er mit 84 Jahren als ältester Gästeführer Ochsenfurts in den Ruhestand verabschiedet.
Julia Maul
 |  aktualisiert: 19.06.2023 02:27 Uhr

Als Gästeführer hat Bernhard Sohn 35 Jahre lang Touristen durch Ochsenfurt geführt und dabei viele Menschen kennengelernt und unvergessliche Augenblicke erlebt. Nun wurde er von Bürgermeister Peter Juks und der Leiterin der Tourist-Information Katharina Felton in den verdienten Ruhestand verabschiedet. Zum Ende seiner Tätigkeit blickt er im Interview noch einmal auf besonders schöne  Momente zurück.

Frage: Herr Sohn, wie sind Sie dazu gekommen, Gästeführer in Ochsenfurt zu werden?

Bernhard Sohn: Ich wurde hier mal angesprochen, ob ich nicht Gästeführer werden will. Meine Frau hat dann gesagt "Mach das doch! Das kannst du bestimmt!" Ich habe keine Ausbildung gemacht, sondern bin mit einer Fremdenführerin, die schon jahrelang geführt hat, mitgelaufen und habe mir Stichpunkte gemacht. Ich habe Fachblätter über die Stadt Ochsenfurt gelesen und mir alles, was ich über die Historie bekommen konnte, selber angeeignet. Dann bin ich eben vor 35 Jahren hier Gästeführer geworden, mit 49 Jahren.

Wie waren dann die ersten Führungen für Sie?

Sohn: Ich hatte Herzklopfen, weil ich es damals nicht gekannt habe, vor vielen Leuten zu sprechen. Aufgeregt war ich später auch noch oft, aber wenn ich die Leute kennengelernt habe und die ersten Worte gesprochen habe, habe ich gemerkt, ob es gut oder weniger gut wird. So war ich halt. Es gibt auch Leute, die sagen "Ich war immer clever." Ich wars nicht immer. 

Wie oft haben Sie Führungen gemacht?

Sohn: Ich habe manchmal 20 oder 30 im Jahr gemacht. Je nachdem, wie es gefordert wurde. Es gibt die normalen Stadtführungen samstags und sonntags. Da wurde ich eingeteilt oder ich wurde angerufen, ob ich an einem bestimmten Tag eine Führung für eine Gruppe machen kann. Während Corona waren Zeiten, da gab es gar keine. Aber einige hundert habe ich schon hinter mir.

Sie haben normale Stadtführungen und Führungen als Türmer gemacht, oder?

Sohn: Ja, als Türmer auch. Das war aber erst später. Da war die Überlegung da, dass es ein paar besondere Personen geben soll, wie das Tratschweib und den Nachtwächter. Ich habe dann ein Kostüm bekommen und ein Barett aufgehabt und bin mit den Gästen unsere mittelalterlichen Türme hochgestiegen.

Als Türmer führte Bernhard Sohn Touristen auf die mittelalterlichen Stadttürme von Ochsenfurt.
Foto: Gerhard Meißner (Archivbild) | Als Türmer führte Bernhard Sohn Touristen auf die mittelalterlichen Stadttürme von Ochsenfurt.
Welche Orte haben Sie den Touristen am liebsten gezeigt? 

Sohn: Vor allem das Rathaus und die Figurenuhr, die zur vollen Stunde schlägt. Ich habe es immer geschafft, rechtzeitig dort zu sein und den Leuten dieses Aushängeschild von Ochsenfurt zu zeigen. Einmal habe ich den Leuten erklärt, was gleich passiert und gesagt, dass sie auf die Uhr achten sollen, als die Figuren rauskommen sollten. Dann hat es "Bim" gemacht, aber es ist nichts passiert. Da war die Uhr kaputt. Ich habe mich entschuldigt, aber ich konnte ja nichts dafür. 

Haben Sie eine bestimmte Geschichte von Ochsenfurt, die Sie den Leuten besonders gerne erzählt haben?

Sohn: Ja. Die Sage vom Schmied von Ochsenfurt. Das ist eine Geschichte aus dem Mittelalter. Der letzte Stauferkönig Konradin war in Italien und in seinem Tross war auch ein Schmied aus Ochsenfurt, Bei Neapel wurden die Staufer in einen Hinterhalt gelockt und vernichtend geschlagen. Der Stauferkönig Konradin wurde gefangen genommen, verurteilt und enthauptet. Der Schmied von Ochsenfurt sah dem hingerichteten Stauferkönig sehr ähnlich.  Man hat ihn deshalb als Führer gewählt und er hat die Staufer in die Heimat geführt. Da soll er gesagt haben: "Der edle Staufe bin ich nicht, euch heimzuführen war meine Pflicht, des Königsspiels bin ich nun müd, ich bin doch nur der Ochsenfurter Schmied." 

Denken Sie, dass diese Geschichte wahr ist?

Sohn: Diese Geschichte erzähle ich gerne, aber ob es so war, weiß ich nicht. Das ist eine Sage und eine Sage hat oft eine gewisse Wahrheit, aber es ist auch vieles hinzugedichtet worden.

Bürgermeister Peter Juks verabschiedete Gästeführer Bernhard Sohn mit einem Handschlag und einem Gutschein für den Kultursommer.
Foto: Katharina Felton | Bürgermeister Peter Juks verabschiedete Gästeführer Bernhard Sohn mit einem Handschlag und einem Gutschein für den Kultursommer.
Gibt es Momente, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind, zum Beispiel eine besonders anstrengende Besuchergruppe?

Sohn: Ja, da waren mal zwei riesige Busse da und einer der Stadtführer hat gefehlt. Dann hab ich halt die zweite Gruppe auch noch übernommen. Da musste ich dann in voller Lautstärke sprechen, damit man mich verstehen konnte. Das waren an die 60 Leute.

Und ist Ihnen eine Führung besonders negativ in Erinnerung?

Sohn: Ich gebe zu, bei der ersten Führung war ich so nervös, dass ich den Schlüssel für das Rathaus vergessen habe. Da habe ich aber dann zum Glück zufällig einen Bekannten gesehen und gesagt "Fahr mich mal schnell nach Hause und zurück, damit ich den Schlüssel holen kann." Ich war dann rechtzeitig wieder zurück.

Welche Führung war für Sie besonders schön?

Sohn: Es waren eigentlich alle schön, bis auf die, von denen ich danach gesagt habe, dass sie nicht besonders gut liefen. Ich kann das nicht näher beschreiben. Das muss man fühlen. Ein besonderer Höhepunkt war aber zum Beispiel, als ich einen Bischof führen durfte. Zweimal sogar, nämlich Paul-Werner Scheele und Friedhelm Hofmann. Da hab ich mich schon geehrt gefühlt. Da haben die mal auf mich gehört, aber ich hab mich jetzt auch nicht als der Supermann gefühlt. Ich habe mich nur erkundigt, wie ich die Herren ansprechen soll. 

Waren Sie da besonders aufgeregt oder schon routiniert?

Sohn: Nein, aufgeregt war ich nicht, aber manchmal suche ich nach Worten. Wenn man älter ist, dann fallen einem manche Wörter nicht mehr ein. Deshalb habe ich auch gedacht "Jetzt hörst du auf." Es gibt eine Menge junger Leute, die das genauso gut machen.

Was ziehen Sie als Fazit aus Ihrer jahrelangen Tätigkeit?

Sohn: Die Arbeit war schön. Manchmal hatte ich Lampenfieber und manchmal habe ich gesagt "Heute war es nicht so gut", aber so ist das Leben. Nach 35 Jahren ist es aber auch Zeit aufzuhören.

Zur Person

Bernhard Sohn ist 1939 in Würzburg geboren. 1945 zog er mit seiner Mutter und seinem älteren Bruder nach Tauberrettersheim bis die Familie 1953 wieder nach Würzburg in die Sanderau zurückkehrte. Nach acht Klassen Volksschule machte er eine Lehre bei der Deutschen Bundespost. Nachdem er mit Ende 40 nach Ochsenfurt kam, war er dort 35 Jahre lang als Gästeführer tätig. Nun ist er mit 84 Jahren in den Ruhestand verabschiedet worden.
Quelle: juma
 
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