"Es stand spitz auf Knopf." Eine Million Liter Gärsubstrat aus einer Biogasanlage in Fuchsstadt hätten am 15. Februar 2022 eine schlimme Umweltkatastrophe verursachen können. "Nur, weil es wenig geregnet hatte und weil die Feuerwehren schnell einen Damm im Fuchsstadter Bach aufbauen konnten, ist es dazu glücklicherweise nicht gekommen", ist ein Beamter des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg vor dem Amtsgericht Würzburg am Dienstag überzeugt.
Ein 36 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Würzburg wird beschuldigt, in der Nacht auf den 15. Februar 2022 gegen halb drei nachts die beiden mehrfach gesicherten Luken der Gärbehälter mit einer Rohrzange geöffnet zu haben. Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft waren deshalb 1120 Kubikmeter Gärsubstrat, das aussieht wie Gülle, in einer Stunde ausgelaufen und über angrenzende Felder und Entwässerungsgräben über den Fuchsstadter Bach und Heuchelbach in Richtung des Würzburger Stadtteils Rottenbauer geflossen.
Ein Damm im Bach hielt die schwarze Brühe auf
Noch in der Nacht hatten die Würzburger Berufsfeuerwehr und freiwillige Feuerwehren aus dem Landkreis unterhalb der Y-Spange im Rottenbaurer Grund einen Damm gebaut, um die schwarze Brühe aufzuhalten. Sie wurde in ein angrenzendes Regenüberlaufbecken abgepumpt. "Wäre das nicht gelungen, wäre eine Verschmutzung des Würzburger Grundwassers zu befürchten gewesen", so der Staatsanwalt, der in seiner Anklage von einer vorsätzlichen Bodenverunreinigung und Gewässerverschmutzung ausgeht.
Schnell geriet ein ehemaliger Mitarbeiter der Biogasanlage unter Verdacht. Noch am gleichen Tag wurde er vorläufig festgenommen. Er habe überraschend ruhig und selbstsicher reagiert, schildert der zuständige Sachbearbeiter der Polizei in seiner Zeugenaussage. Und sein Mandant sei kooperativ gewesen, betont der Pflichtverteidiger des Angeklagten.
Zwei Jahre, von April 2019 bis April 2021, habe er für die beiden Brüder, die in Fuchsstadt die Biogasanlage als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) betreiben, gearbeitet. Der Vorsitzenden Richterin und den beiden Schöffen schildert der Beschuldigte ein zunächst gutes Verhältnis zu seinen Chefs. Nach einem Streit um eine Abrechnung sei ihm schließlich ordentlich gekündigt worden.
Den Tatvorwurf bestreitet der Mann. "Ich habe damit nichts zu tun", sagt er im Prozess am Dienstagmorgen. Er sei in der Nacht zu seiner Arbeitsstätte nach Würzburg gefahren, wo er kurz vor drei Uhr auch ankam. Eine Buchung in der Zeiterfassung belegt das.
Landeskriminalamt hat Spuren an einer Rohrzange untersucht
Aber wie kommen dann seine DNA-Spuren an ein Stellrad und an den Griff eines Schlagschiebers? "Die könnten noch aus der Zeit stammen, wo ich selber dort gearbeitet habe", mutmaßt der Beschuldigte. Außerdem würde auch ein Neffe von ihm in der Biogasanlage arbeiten. Seine DNA sei nicht abgeglichen worden, behauptet der 36-Jährige. Wegen der verwandtschaftlichen Beziehung könnte sie seiner aber ähnlich sein.
In der Beweisaufnahme geht es auch um ein Gutachten des Landeskriminalamtes München. Die Kriminaltechniker haben unter dem Mikroskop Spuren an einer Sicherungsschraube mit zwei Rohrzangen verglichen, die bei dem 36-Jährigen sichergestellt worden sind. Vor Gericht ist sich ein Sachverständiger sicher, dass die Spuren an der Schraube von einer der beiden Rohrzange stammen.
Handydaten des Beschuldigten ausgewertet
Ein drittes Indiz, das die Anklage vorbringt, sind Handydaten des Beschuldigten. Das von ihm benutzte Smartphone generiert GPS-Daten selbst. Eine Auswertung habe ergeben, dass er sich in der Tatnacht gegen 2.30 Uhr auf dem Gelände der Biogasanlage befunden habe. Laut Kriminalpolizei sei eine Abweichung von 65 Metern möglich, erklärt die Vorsitzende auf die Einlassung der Verteidigung, dass der 36-Jährige nicht unweit der Biogasanlage wohne. "Luftlinie sind es 651 Meter. Das habe ich im Bayernatlas nachgemessen", erklärt die Richterin.
Dass in der Nacht nicht mehr Gülle ausgelaufen ist, habe er einem Nachbarn zu verdanken, der gegen 3.30 Uhr bei ihm Sturm geklingelt habe, sagt einer der beiden Betreiber. Mit einem Holzbrett habe er sofort die arretierten Schieber zugeschlagen. "Die Behälter waren voll. Am Morgen wollten wir die Gülle auf die Felder ausbringen", sagt der 48 Jahre alte Landwirtschaftsmeister und schätzt seinen Schaden auf etwa 20.000 Euro. Er berichtet aber auch von einer Reihe an weiteren Sabotageakten in seinem Betrieb - von platt gestochenen Reifen bis hin zur Brandstiftung. Mit der Kündigung des Beschuldigten im April 2021 hätte das aber aufgehört.
Weil die Verteidigung weitere Zeugen hören möchte, soll der Prozess am Donnerstag, 13. Juni um 13.30 Uhr fortgesetzt werden.