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Würzburg
Bauernproteste in Würzburg: Über 1200 Traktoren waren auf den Straßen unterwegs – das große Chaos blieb aus
Der Deutsche Bauernverband hat Landwirte zu Protesten aufgerufen. Auch in und um Würzburg waren die Aktionen am Montag deutlich bemerkbar. So lief der erste Tag der Protestwoche.
Am Montag kam es deutschlandweit zu Bauernprotesten. Auch in und um Würzburg wurde demonstriert. Hier ein Foto des Demozugs an der Brücke der Deutschen Einheit.
Foto: Thomas Obermeier | Am Montag kam es deutschlandweit zu Bauernprotesten. Auch in und um Würzburg wurde demonstriert. Hier ein Foto des Demozugs an der Brücke der Deutschen Einheit.
Gina Thiel
 und  Julia Rüther
 |  aktualisiert: 14.01.2024 02:56 Uhr

Es ist sechs Uhr morgens auf einem Pendlerparkplatz an der B13 bei Randersacker. Stephan Schlichenmaier schaut auf sein Handy: minus 3 Grad zeigt es an. Der Landwirt aus Albertshausen (Lkr. Würzburg) wartet am vereinbarten Treffpunkt auf seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter – allesamt Landwirte und Winzer aus der Region Würzburg. Gemeinsam mit ihren Traktoren wollen sie heute verschiedene Straßen im Landkreis blockieren und ihrem Ärger über die Sparpläne der Ampelregierung zum Ausdruck zu bringen.

Fotoserie

Szenen wie in Randersacker spielten sich am frühen Montagmorgen an vielen Orten in der Bundesrepublik ab. Der Deutsche Bauernverband hatte bereits vergangene Woche zu einer Aktionswoche der Landwirtinnen und Landwirte aufgerufen. Die Streichung der KfZ-Steuerbefreiung und der Wegfall der Steuervergünstigungen für Agrardiesel hatten das Fass für viele Bauern zum Überlaufen gebracht. Daran konnte auch das teilweise Zurückrudern der Bundesregierung am Donnerstagabend nichts mehr ändern. 

"Irgendwann ist es einfach zu viel. Wir kriegen jedes Jahr neue Auflagen und es wird immer mehr gefordert", erklärt Alexander Schwarz. Er ist Winzer aus Sommerhausen (Lkr. Würzburg) und führt die "immer neuen Pflanzenschutzauflagen" auf, die ihm seine Arbeit immer mehr erschweren würden. Doch es ist auch allgemeine Kritik an der Ampelregierung, die in den Protesten der Bauern immer wieder mitschwingt. "Die Regierung will sparen, aber gleichzeitig fließt sehr viel Geld ins Ausland. Man muss auch mal an die Leute hier denken. Denn wir haben in den vergangenen Jahren auch viel durchgemacht, zum Beispiel während Corona", sagt Michael Goodnight-Schmitt.

Die Demonstranten machten es sich auf der Straße gemütlich

Ihm gehört die Bergheimer Firma "Schmitt" für Tiefbau, Pflasterbau und Recycling. Aus Solidarität mit den Landwirtinnen und Landwirten hatte er sich am Montag dem Protestzug angeschlossen. Und auch bei der mehrstündigen Blockade der Autobahnauffahrt A3 bei Helmstadt Richtung Frankfurt am Main waren zwischen den vielen Traktoren immer wieder auch Lastwagen und andere Firmenwagen zu sehen, die sich der Demonstration anschlossen.

An der Autobahnauffahrt A7 bei Helmstadt haben die Landwirte die Autobahn blockiert und grillten auf dem Fahrbahnstreifen
Foto: Julien Becker | An der Autobahnauffahrt A7 bei Helmstadt haben die Landwirte die Autobahn blockiert und grillten auf dem Fahrbahnstreifen

Während der Blockade machten es sich die Protestlerinnen und Protestler auf der Straße gemütlich. Mit Camping-Grills, Heizpilzen und Lagerfeuer versuchten sie gegen die eisigen Temperaturen und den Hunger anzukämpfen. Erst gegen Nachmittag gaben sie ihre Blockade der Autobahnauffahrt frei und schlossen sich den übrigen Sternfahrten aus allen Teilen Unterfrankens nach Biebelried an.

Wenig Chaos im Würzburger Stadtgebiet

Während sich im Würzburger Landkreis der Verkehr zwischenzeitlich ziemlich staute, blieb das ganz große Chaos im Würzburger Stadtgebiet aus. Am vergangenen Sonntag hatte das Bayerische Kultusministerium kurzfristig eine Sonderregelung für alle Schülerinnen und Schüler erlassen, die aufgrund von Staus und Busausfällen nicht zum Schulunterricht erscheinen können. Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärte Bernhard Brunner, Schulleiter des Gymnasium Veitshöchheim, dass es nur zu vereinzelten Verspätungen von Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonal kam. Unterrichtsausfälle aufgrund der Blockaden habe es nicht gegeben. Ähnliches berichteten auch die Schulleitungen des Matthias-Grünewald-Gymnasiums und des Riemenschneider-Gymnasiums.

Auf dem Weg zur Abschlusskundgebung nach Biebelried staute sich der Verkehr auf der Nordtangente in Würzburg stadtauswärts hinter den Traktoren.
Foto: Silvia Gralla | Auf dem Weg zur Abschlusskundgebung nach Biebelried staute sich der Verkehr auf der Nordtangente in Würzburg stadtauswärts hinter den Traktoren.

Gegen späten Nachmittag erreichten die Protestzüge aus Volkach (Lkr. Kitzingen), Giebelstadt (Lkr. Würzburg), Karlstadt (Lkr. Main-Spessart) und Werneck (Lkr. Schweinfurt) die Autobahnauffahrt Biebelried. Dort fand eine große Abschlusskundgebung statt, bei der auch die Würzburger Landtagsabgeordneten Andrea Behr und Björn Jungbauer (beide CSU) anwesend waren. Insgesamt zwischen 1200 und 1600 Traktoren waren nach Angaben des Polizeipräsidiums Unterfranken auf den Ackern und Straßen bei Biebelried versammelt.

Auch bei der Integrierten Einsatzleitstelle in Würzburg, ging es trotz der Großproteste ruhig zu, wie Pressesprecher Dennis Wolz erklärt. Bis zum Redaktionsschluss habe es keine Beeinträchtigungen der Rettungskräfte durch die Blockaden gegeben. "Insgesamt war es für uns heute ein ganz normales Tagesgeschäft", erklärte er.

Polizei zieht positive Bilanz unter dem ersten Protesttag

Auch das Polizeipräsidium Unterfranken bewertete die über 80 angemeldeten Versammlungen als insgesamt friedlich, wie Pressesprecherin Nadine Leber gegenüber dieser Redaktion erklärte. Insgesamt hätten sich in ganz Unterfranken über 6000 Personen und über 4500 Traktoren an dem Protesttag beteiligt. Zwar sei es aufgrund der Blockaden stellenweise zu großen Verkehrsbeeinträchtigungen gekommen, auf den Autobahnen rollte der Verkehr allerdings problemlos weiter.

Aussagen zu etwaigen Verstößen in Form von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten konnte Leber zum Redaktionsschluss noch nicht machen. Gegen 17.30 Uhr endete auch die Kundgebung in Biebelried und zog damit den Abschluss unter den Tag. Michael Reck, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, zeigte sich in Biebelried überrascht von der großen Anzahl der Protestteilnehmerinnen und -teilnehmer. "Seid stolz auf euren Berufsstand, denn wir sind diejenigen, die das Land am Laufen halten", sagte er zum Publikum und erhielt lautstarke Zurufe.

 
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  • Barbara Fersch
    Der Streik war sowas von rücksichtsvoll, ich war von Würzburg nach Bad Königshofen über Werneck unterwegs, es gab keinerlei echte Behinderungen, allerdings Autofahrer, die ziemlich aggresiv überholten......doch diese Leute sind leider tag täglich auf den Strassen unterwegs.
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  • Klaus Fiederling
    ich finde der Streik und die Demo heute waren voll in Ordnung. Großes Lob an den Landwirten.
    Lasst euch nicht unterbekommen! Wäre nur mal interessant zu wissen, wieviele hauptberufliche Landwirte es in Deutschland zur Zeit noch gibt.
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  • Dietmar Eberth
    Etwa die Hälfte der 260.000 Landwirtschaftlichen Betriebe - vor 20 Jahren waren es doppelt (!) soviel Betriebe - werden im Nebenerwerb geführt.

    https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/landwirte-nebenerwerb-wirtschaftlich-erfolgreich-rote-zahlen-596089
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