Mit Traktor-Kolonnen und Blockaden haben Landwirte am Montag in ganz Unterfranken gegen die Sparpläne der Ampel-Regierung protestiert. Vielerorts kam es zu massiven Verkehrsbehinderungen, Pendler brauchten Geduld.
Bleibt die Frage: Ist das eigentlich erlaubt – oder schon Nötigung? Prof. Eric Hilgendorf, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht an der Universität Würzburg, erklärt, ab wann Protest strafbar wird und wo der Unterschied liegt zwischen Bauernprotesten und Klima-Aktivisten, die sich an Straßen festkleben.
Prof. Eric Hilgendorf: Grundsätzlich sind Demonstrationen als Ausdruck der im Grundgesetz geschützten Versammlungsfreiheit in Deutschland erlaubt, wenn sie angemeldet sind. Das bedeutet: Wenn die Proteste genehmigt sind, ist das keine Nötigung. Dann wird zwar formal der Tatbestand der Nötigung erfüllt, aber der Protest ist nicht rechtswidrig und insofern nicht strafbar.
Hilgendorf: Es gibt zwischen den Bauernprotesten und den Protesten der sogenannten Klimakleber deutliche Parallelen – nur haben sich die Klimakleber häufig unangemeldet auf die Straße gesetzt und blockiert. Es waren also keine angemeldeten und genehmigten Demonstrationen. Die Bauernproteste sind, davon gehe ich aus, durchgängig angemeldete Demonstrationen und das macht den Unterschied.
Hilgendorf: Das gehört zu einer Demonstration dazu. Protest soll die Bevölkerung aufrütteln und das erreicht man oft nur durch gewisse Störeffekte.
Hilgendorf: Proteste müssen einen angemessenen Zweck verfolgen und verhältnismäßig sein, das heißt, die Öffentlichkeit darf nicht mehr als nötig gestört werden. Das berücksichtigen die Behörden bei der Genehmigung. So müssen zum Beispiel Rettungsgassen offengehalten werden und der zeitliche Rahmen muss überschaubar bleiben.
Hilgendorf: Aus meiner Sicht nicht. Demonstrationen gehören zur Demokratie. Natürlich sind Demonstrationen unter Umständen wirtschaftlich problematisch. Sie können auch das Gegenteil des gesetzten Ziels erreichen. Das zeigt das Beispiel der Klimakleber: Klima-Aktivismus ist durch die Proteste fast zu einem negativ behafteten Begriff geworden. Und die Bauern müssen aufpassen, dass sie sich nicht auch aus der Gesellschaft herausdemonstrieren. Ich vermute aber, dass die Bevölkerung diese Proteste überwiegend versteht. Wenn die Proteste allerdings zu viel werden, wenn es zu übermäßigen Belastungen kommt, dann werden die Behörden mit den Genehmigungen zurückhaltender sein.
Hilgendorf: Wie ich der Presse entnommen habe, gibt es diese Gefahr und die Verantwortlichen haben sie erkannt. Es handelt sich aber hier erst einmal um legitime und legale Proteste und bisher gibt es meiner Ansicht nach keine starken Indizien dafür, dass rechtsradikale Gruppen mitmischen. Wichtig ist, dass man jetzt darauf achtet, dass die Demonstrationen im Rahmen verlaufen. Aber man sollte solche Proteste nicht von vorneherein delegitimieren, indem man sie in eine rechte Ecke rückt.
Hilgendorf: Bei der Erteilung der Genehmigung zur Demonstration werden Auflagen formuliert und ein Leiter bestimmt. Dieser hat bestimmte Aufgaben: Er muss etwa verhindern, dass aus der Demonstration heraus rechtswidrige Taten begangen werden – also zum Beispiel verbotene Plakate hochgehalten werden. Und zugleich muss der Leiter dafür sorgen, dass sich keine extremistischen Gruppen in die Demonstration einreihen und unter dem Schutz des genehmigten Protests Straftaten begehen.
Hilgendorf: Wenn er nicht genehmigt ist und wenn er über die Grenzen hinausgeht, die bei der Erlaubnis gezogen wurden, ist Strafbarkeit denkbar. Natürlich müssen immer auch konkrete Straftatbestände erfüllt werden, zum Beispiel eine Nötigung oder ein Straßenverkehrsdelikt. Das heißt zum Beispiel bei den Bauernprotesten: Es wurde eine bestimmte Strecke, eine bestimmte Zeit angemeldet und der Protest beschrieben. Wenn dann wesentlich mehr Teilnehmer kommen, eine völlig andere Strecke blockiert wird oder rechtsradikale Plakate mitgeführt werden – dann wäre das ein Anlass für die Polizei einzuschreiten und die Versammlung aufzulösen.
Hilgendorf: Solange es ein von der Rechtsordnung akzeptierter Zweck ist, darf man in Deutschland für alles demonstrieren. Die Rechtsprechung zieht die Grenzen hier sehr weit: Im Grundsatz darf man in einer Demokratie auch für extreme Positionen demonstrieren, wenn die Versammlung friedlich bleibt.
Hilgendorf: Wenn die Proteste genehmigt sind, sind sie rechtmäßig. Man darf dann nicht einfach zur Selbsthilfe schreiten, indem man beispielsweise versucht, einen Traktor eigenständig wegzufahren. Aber man kann natürlich immer die Polizei informieren, wenn zum Beispiel eine Rettungsgasse oder die Einfahrt zum eigenen Grundstück versperrt sind. In solchen Fällen wird die Polizei Abhilfe schaffen.
Hilgendorf: Die Landwirte haben ein Demonstrationsrecht, das ist Teil der demokratischen Ordnung und dieses Recht ist im Grundgesetz verankert. Aus meiner Sicht wäre es unverhältnismäßig, von staatlicher Seite von den Bauern zu verlangen, dass sie für Demonstrationszwecke ihren Tank neu befüllen und den Treibstoff wechseln.
Es ist nur beschämend, wenn sich bei diesen gutgemeinten Demonstrationen schon wieder rechtsratikale Elemente dazwischen setzen und die ganze Sache in ein schiefes Licht rücken.
Versammlungen müssen nicht genehmigt werden, da ein Erlaubnisvorbehalt unangemessen Bürger davon abhalten könnte, ihr Grundrecht wahrzunehmen. Zudem würde somit über jeder „nicht genehmigten“ Versammlung das Damoklesschwert der Strafbarkeit hängen, was diesen Effekt verstärken würde. Damit wiederum würde der Exekutive eine zu große Kontrolle über die öffentliche Meinungsbildung verliehen.
Richtig ist, dass Versammlungen unter freiem Himmel lediglich angemeldet werden müssen, vgl. Art. 8 Abs. 2 GG, Art. 13 Abs. 1 S. 1 BayVersG. Die Anmeldepflicht besteht, damit die Versammlungsbehörde Gefahren, die ggf. von einer Versammlung ausgehen oder für diese entstehen können abwehren kann (Absicherung eines Demozuges bspw.).
Hat der Herr Professor das wirklich so gesagt oder wurde das "übersetzt"?
Das ist doch längst der Fall: der Zweck dieser Demonstrationen steht in keinerlei Relation mehr zu den gesamtgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schäden. Den enormen Aufwand an Sicherheitskräften bis hin zur Luftüberwachung etc. bezahlt der Steuerzahler. Die Rechnung geht nicht auf....
Und wer derarte Demos trotz deutlichem Einlenken der Bundesregierung weiter forciert verfügt offenkundig noch über genug Einnahmen, Ressourcen und Energie - das sehen auch die Bürger, die die Hauptleidtragenden dieser völlig unverhältnismäßigen lärmenden Proteste sind.
Und natürlich werden hier rechtsextreme Kräfte gestärkt und ermutigt, Herr Hilgendorf!
Quelle:
Spiegel.de
Und
Civey
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"rechtsextreme Kräfte" ?
Landwirte sind die Bastion der NICHT-AfD-Wähler.
Quelle
agrarheute.com
"So haben Landwirte bei der bayerischen Landtagswahl gewählt"
Ihr andauernder Versuch, Landwirte und sich wehrende in die rechte Ecke zu schieben, hat keinerlei Fundament.
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Seit Ampel Regierungsantritt und deren Stil, Politik über die Köpfe der Menschen hinweg, entgegen deutlichen Mehrheiten zu machen, sind der Zuspruch und die Umfragewerte (Sonntagsfrage) für AfD auf immer neuen Rekordhöhen.
Recht eindeutig ist es die Ampel Regierung, die AfD und rechtsextreme Kräfte stärkt und ermutigt.
In einigen Bundesländern so arg, dass die bei der nächsten Wahl wohl stärkste Partei werden.
Länger Ampel = stärkere AfD
Mich wundert nebenbei, woher die eher friedliebend-gemächlichen Bauernverbände auf einmal den hohen Organisationsgrad ihrer Demonstrationen beziehen. Das scheint auch der Bayerischen Staatsregierung offenkundig nicht ganz geheuer.