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Würzburg/Berlin
Aus für Pizza im Karton? Gastronomen müssen seit dem 1. Januar Mehrweggeschirr für "Essen to go" anbieten
Restaurants und Cafés haben jetzt die Pflicht, Speisen und Getränke auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Was das für die Kundschaft und Wirte in Unterfranken bedeutet.
Christian Krenig vom Gasthaus Teufelskeller in Randersacker (Lkr. Würzburg) bietet schon seit Ende 2020 Essen 'to go' in Mehrwegverpackungen an.
Foto: Christoph Weiss | Christian Krenig vom Gasthaus Teufelskeller in Randersacker (Lkr. Würzburg) bietet schon seit Ende 2020 Essen "to go" in Mehrwegverpackungen an.
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:25 Uhr

Kundinnen und Kunden haben seit 1. Januar 2023 ein Anrecht darauf, ihre "To-Go"-Speisen und -Getränke in einer Mehrwegverpackung zu bekommen. Das besagt die sogenannte Mehrwegangebotspflicht, die der Bundestag im Mai 2021 beschlossen hatte. Doch was bedeuten die neuen Vorgaben? Für wen gelten sie, und was ändert sich für die Gastrobranche in Unterfranken? Ein Überblick:

Was gilt in der Gastronomie seit dem 1. Januar 2023?

Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, sind seit diesem Jahr verpflichtet, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. So sollen laut Bundesumweltministerium insbesondere Einwegverpackungen aus Kunststoff ersetzt werden. Dasselbe Produkt darf in der Mehrwegverpackung allerdings nicht teurer sein als in der Einwegverpackung. Erlaubt ist, die Mehrwegverpackung gegen Pfand auszugeben, das bei der Rückgabe zurückgezahlt wird.

Für wen gilt die Mehrwegangebotspflicht?

Die neue Pflicht muss von all jenen eingehalten werden, die mit Essen oder Getränken befüllte Take-away-Verpackungen an Verbraucherinnen und Verbraucher verkaufen: Restaurants, Cafés, Bistros, aber auch Kantinen, Tankstellen, Supermärkte oder Cateringbetriebe. Davon ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse, Spätis und Kioske, in denen höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und die nicht mehr als 80 Quadratmeter Ladenfläche haben. Kundinnen und Kunden können sich in diesen Betrieben allerdings ihre Speisen und Getränke in selbst mitgebrachte Mehrwegbehältnisse füllen  lassen.

Was gilt für Bahnhofsbäckereien oder kleinere Restaurants mit Außenbereich, der nicht immer geöffnet ist?

Für Filialen von Ketten wie etwa Bahnhofsbäckereien gilt die Ausnahme für kleine Betriebe laut Bundesumweltministerium nicht, wenn im gesamten Unternehmen mehr als fünf Beschäftigte arbeiten - selbst wenn die Verkaufsflächen der einzelnen Stellen weniger als 80 Quadratmeter betragen.

Auch für Restaurants, die kleiner als 80 Quadratmeter sind, aber zum Beispiel einen Biergarten haben, der im Winter geschlossen ist, gilt die Ausnahme nicht. Laut Ministerium gelten als Verkaufsfläche sämtliche für Kundinnen und Kunden "frei zugänglichen Flächen, wie etwa Sitz- und Aufenthaltsbereiche". Die Verkaufsfläche der Gaststätte sei aus dem Konzessionsbescheid zu entnehmen, teilt der unterfränkische Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, Michael Schwägerl, mit. Und: "Ist eine Außenfläche über das Jahr hinweg konzessioniert, so zählt sie zur Verkaufsfläche, egal ob sie geöffnet ist oder nicht."

Und noch etwas kommt bei der Größe der Verkaufsfläche laut Ministerium dazu: Liefert ein gastronomischer Betrieb seine Waren, gelten "auch alle Lager- und Versandflächen" als Verkaufsfläche.

Wer kontrolliert die Einhaltung der neuen Regelung und welche Strafen sind vorgesehen?

Zuständig sind die Landesbehörden, die selbst entscheiden, ob sie die Aufgaben etwa an Kommunen abgeben. In Bayern sind die Kreisverwaltungsbehörden für die Kontrolle zuständig. Eine Schon- oder Übergangsfrist gibt es nicht, heißt es aus dem Bundesumweltministerium. Dass die Pflicht kommt, sei seit Sommer 2021 bekannt, "sodass die betroffenen Wirtschaftsbeteiligten ausreichend Zeit hatten, sich auf die neuen Pflichten einzustellen und vorzubereiten".

Der unterfränkische Dehoga-Bezirksgeschäftsführer Michael Schwägerl geht jedoch davon aus, "dass die Behörden bei Kontrollen anfangs aufklären und nicht sofort Bußgelder verhängen". Laut Ministerium in Berlin können Verstöße gegen die Mehrwegangebotspflicht und die damit verbundenen Hinweispflichten mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro belegt werden.

Was bedeutet die Änderung für die Gastrobranche? 

"Der Aufwand wird in jedem Fall größer", sagt Schwägerl. Unter anderem, weil immer genügend Mehrwegverpackungen vorgehalten werden müssen. Die notwendige Einführung eines Pfandsystems sei für Kettenbetriebe "leichter umsetzbar", gerade für kleine Einzelunternehmen werde das  "schwierig sein". Seit Inkrafttreten der Mehrwegangebotspflicht am 1. Januar gibt es dem Dehoga-Geschäftsführer zufolge noch keine Rückmeldungen der Mitglieder über eine verstärkte Nachfrage nach Speisen in Mehrweggeschirr.

Wie funktioniert das System mit dem Mehrweggeschirr?

Die Mehrweglösung kann sehr unterschiedlich ausgestaltet werden. Betreiber sind zunächst nur verpflichtet, ihre eigenen ausgegebenen Mehrwegverpackungen zurückzunehmen. Es gibt aber auch Betreiber, die mit Anbietern von Mehrwegsystemen zusammenarbeiten. Diese einheitlichen Systeme machen es beispielsweise möglich, einen "To-Go"-Kaffee im Mehrwegbecher am Hamburger Hauptbahnhof zu kaufen und in einem Berliner Café zurückzugeben.

Auch in einigen unterfränkischen Landkreisen ist laut Schwägerl der Aufbau eines einheitlichen Systems geplant, "mit dem Ziel, dass das Geschirr in allen teilnehmenden Betrieben zurückgegeben werden kann". Es gebe bisher "noch keine Erfahrungswerte, ob dies angenommen wird".

Manche Systeme verlangen ein Pfandentgelt, andere arbeiten mit einem App-basierten Registrierungssystem. Das Angebot ist schon heute sehr groß und wird aus Sicht des Umweltministeriums voraussichtlich noch größer.

Die Schnellrestaurantkette McDonald's hat beispielsweise angekündigt, ihr eigenes Mehrwegsystem mit wiederverwendbaren Verpackungen für je zwei Euro Pfand anzubieten. Burger King hingegen arbeitet mit einem Mehrwegsystem-Anbieter zusammen, weshalb Kunden ihre Mehrwegbecher auch an anderen entsprechenden Ausgabestellen zurückgeben können. Bis zu 1000 Einwegbecher soll jeder Mehrwegbecher im Laufe seiner Nutzungszeit nach Anbieter-Angaben ersetzen können.

Wie groß ist die Abfallmenge durch Speiseverpackungen?

Laut Verbraucherzentrale Berlin kommen in Deutschland 770 Tonnen Verpackungsmüll pro Tag durch Mitnahme-Verpackungen für Speisen und Getränke zusammen. Eine vom Umweltbundesamt beauftragte Studie ergab, dass allein Einwegkunststoffprodukte - etwa To-Go-Becher, Lebensmittelverpackungen, Tragetaschen, Zigarettenkippen - einen kommunalen Reinigungsaufwand von rund 434 Millionen Euro im Jahr verursachen. Laut dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sind Pizzakartons und Alu-Schalen dabei noch nicht mitgerechnet.

Muss auch für den Pizzakarton eine Mehrwegalternative angeboten werden? 

Nein. Die Mehrwegangebotspflicht gilt laut Bundesumweltministerium nur für Verpackungen aus Kunststoff oder mit Kunststoffanteil. "Pizzakartons, die üblicherweise aus Pappe ohne Kunststoffbeschichtung hergestellt werden, fallen somit nicht" darunter, heißt es auf Anfrage. Aber: Die Mehrwegangebotspflicht gilt "für sämtliche Einwegbecher für Getränke, unabhängig von ihrer Materialart, hier muss also für alle Einwegbecher eine Mehrwegalternative angeboten werden".

Werden Einwegverpackungen irgendwann komplett verboten?

Einem kompletten Verbot von Einwegverpackungen steht laut Bundesumweltministerium geltendes EU-Recht entgegen. Und ein EU-weites Verbot kommt für einige Produkte wie Einweggetränkebecher bislang nicht in Frage, weil es für sie derzeit keine ökologisch sinnvolleren Alternativen gibt. Allerdings sind seit Juli 2021 bestimmte Produkte aus Einwegkunststoff verboten: unter anderem Wegwerfprodukte wie Einmalbesteck und -teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen oder auch Wegwerf-Essenbehälter aus Styropor. Die EU-Kommission wird die Verbote im Jahr 2027 überprüfen. Dadurch könnte sich eine Ausweitung der Verbote ergeben.

 
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  • H. S.
    Wir haben schon früher Brötchentasche und eigene Tupperschüssel mitgebracht. Irgendwann durfte man dies nicht mehr. Jetzt wird es wieder verlangt.
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  • H. A.
    Ein Rohrkrepierer der Regierung denn so werden wohl viele ihren Kleinbetrieb aufgeben. Herzlichen Glückwunsch an unsere Politiker, sie steuern Deutschland mit Vollgas gegen die Wand.
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  • D. E.
    Gesetz wurde übrigens vor 3 Jahren von der regierungsführenden Union beschlossen.
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  • S. K.
    So, das Wohl und Wehe von Deutschland ist also von Plastikmüll vom Produzieren von Plastikmüll abhängig.

    Nun ja, wenn das dein geistes Zutun zum Wohle des Landes ist, dann können wir eh gleich einpacken.

    Aber Danke für deinen erhellenden Beitrag.
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  • C. L.
    und die amerikanischen Junk-Food-Konzerne müssen das nicht?
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  • D. E.
    Für die gilt auch, mehr als 5 Beschäftigte und mehr als 80 qm Ladenfläche, dann Mehrweggeschirr. Warum sollten deutsche Gesetze für ausländische Unternehmen in Deutschland nicht gelten?
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  • C. L.
    weil es Amerikaner sind ...
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  • D. E.
    Ist das schon Paranoia? Aber lesen Sie selbst nach, keine Ausnahmen für Amerikaner

    https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1/publikationen/210614_fachbrosch_1_bf.pdf
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  • P. H.
    Immer den ganzen Artikel lesen. Das hilft
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  • B. F.
    finde ich eine super Sache!
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  • S. C.
    Der Begriff "Späti" ist Berliner Umgangssprache und hat in der Main-Post nichts verloren.
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  • D. E.
    Das werden die Leute vom Denckler sicher interessant finden 😉
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  • W. S.
    Das nächste Bürokratiemonster
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  • S. K.
    ist ja freiwillig...wird sich aber wohl kaum durchsetzen..
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  • M. S.
    Werde wohl nichts mehr mitnehmen.
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  • D. E.
    Die meisten Freßbuden haben eh nicht mehr als 5 Beschäftigte, geschweige 80 qm Ladenfläche. Sie können also getrost weiterfuttern.
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