Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist gerade überschritten, oder die frischen Brötchen sind nicht rechtzeitig verkauft worden – Tag für Tag landen etliche Lebensmittel, die noch brauchbar sind, in den Abfalltonnen vieler Schweinfurter Supermärkte, Bäckereien, Cafés und Restaurants.
Die kostenlose Handy-App "Too Good To Go" (übersetzt "Zu gut zum Wegwerfen") will dem Dilemma entgegen steuern und Lebensmittelverschwendung reduzieren. Die Idee dahinter ist simpel. Die App verbindet Kundinnen und Kunden mit Geschäften, die nicht verkaufte Lebensmittel zu einem günstigen Preis an Selbstabholer veräußern. Wer mitmacht, schont seinen Geldbeutel und tut auch der Umwelt etwas Gutes, denn laut der App-betreiber wird rund ein Drittel der Lebensmittel in Deutschland weggeworfen.
Wie diese Redaktion berichtete, machten es sich Mitglieder der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit in der regionalen Wirtschaft der lokalen Agenda 2030 bereits vor zwei Jahren zum Ziel, die App in der Stadt zu etablieren. Und ihre Idee hat funktioniert, wie ein Blick aufs Handydisplay zeigt.
Zehn Schweinfurter Läden machen mit
In der Region unterstützen mittlerweile zehn Läden das Angebot gegen Lebensmittelverschwendung. Insgesamt beteiligen sich laut der Internetseite des Herstellers deutschlandweit 12 247 Cafés, Restaurants, Supermärkte, Bäckereien und Hotels.
Eines der teilnehmenden Restaurants ist die Nordsee-Filiale in der Stadtgalerie. Sind abends noch Produkte übrig, können diese zu einem vergünstigten Preis über die App gerettet werden, damit sie nicht weggeworfen werden müssen, erklärt Pressesprecherin Frauke Constantin auf Nachfrage dieser Redaktion.
Fischbrötchen, Wraps oder Salate vor der Tonne retten
Dabei wird direkt in der App je nach Verfügbarkeit das passende Angebot bestellt, beispielsweise ein Hauptgericht für 3,50 Euro oder Snacks zum Preis von 2,90 Euro, so die Pressesprecherin. Welche Lebensmittel sich in der Tüte befinden, die in der App Magic Bag (Magische Tüte) genannt wird, bleibe bis zur Abholung aber eine Überraschung.
Spezielle Magic Bags für Vegetarier, Veganer oder Personen mit einer Glutenunverträglichkeit gibt es laut "Too Good To Go" nicht, da ja vorher nicht klar sei, welche Gerichte übrig bleiben, informiert Constantin. "Das können zum Beispiel Fischbrötchen, Wraps und Salate oder ein Hauptgericht sein."
Die Abholung der Bestellung muss laut "Too Good To Go" am selben Tag erfolgen, in einem Abholzeitfenster, das die Läden selbst festlegen. Meist ist dies am Abend. Und bleiben doch keine Portionen übrig, stornieren die Angestellten eines Supermarkt oder Restaurants die Bestellung und Nutzerinnen und Nutzer erhalten ihr Geld zurück. Bezahlt wird in der App per Kreditkarte, PayPal oder Sofortüberweisung.
Laut "Too Good To Go" setzt sich die Schweinfurter Nordsee-Filiale bereits seit drei Jahren gegen die Lebensmittelverschwendung ein: Über 1000 Magic Bags wurden seitdem vor dem Mülleimer gerettet.
Über 12 700 Tüten mit geretteten Lebensmitteln
Eine noch bessere Retter-Bilanz haben die Edeka-Didis-Supermärkte. Laut Mitinhaberin Claudia Didis sind in den Märkten in Gochsheim, Gerolzhofen und Kürnach (Lkr. Würzburg) insgesamt 12 705 Lebensmitteltüten vor dem Abfall gerettet worden. Angemeldet sind die Märkte laut der App seit zwei Jahren.
"Die Lebensmittel sind meist solche mit Schönheitsfehlern, beispielsweise einer eingedrückten Verpackung", erklärt sie. Auch Backwaren des Tages, Brot vom Vortag oder Obst und Gemüse mit kleinen Flecken landen laut Didis in den Tüten. Und Weihnachtsmänner oder Osterhasen, die nach den Feiertagen noch den Laden hüten, können Kundinnen und Kunden deutlich günstiger in sogenannten Festtagstüten erwerben.
Ähnlich wie bei der Nordsee variieren auch die Inhalte in den Magic Bags von Edeka Didis. Fest steht jedoch der Preis, denn die Lebensmittel gibt es für kleines Geld. Eine Tüte, die bei "Too Good To Go" drei Euro kostet, enthält Waren im Wert von zehn Euro, erläutert Didis. Doch lohnt sich der Inhalt einer Magic Bag tatsächlich?
Selbstversuch: Viel Ware für kleines Geld
Diese Redaktion hat den Test gemacht und zwei Magic Bags aus der Edekafiliale in Gerolzhofen gerettet. Und das lief so: Morgens die App öffnen, passenden Markt samt Angebot auswählen, Magic Bags reservieren, in der App bezahlen und am Nachmittag abholen. Dabei reicht es, einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter die Kaufbestätigung in der App zu zeigen.
Eine der geretteten Tüten ist eine Überraschungstüte, die andere eine Magic Bag mit Obst und Gemüse. Dass darunter aber auch Produkte sind, die womöglich nicht auf dem eigenen Einkaufszettel stehen würden, muss einkalkuliert werden.
Der Inhalt der Obst- und Gemüsetüte wirkt vielversprechend. Darin enthalten sind Salat, Lauch, Karotte, zwei Kohlrabi, Knollensellerie, eine Bio-Gurke, zwei Paprika, zwei Orangen sowie sieben Bananen. Der Salat ist zwar nicht mehr knackig frisch, aber allemal noch essbar. Während einige Gemüsesorten noch wie frisch vom Feld wirken, sind andere schon etwas runzelig – aber genießbar. Auch das Obst ist noch gut in Schuss.
Reichlich gefüllt ist auch die Überraschungstüte. Neben vier Kilogramm Mehl sind darin Schoko-Crunchies, zwei Packungen Halsbonbons, zwei Fertigpulverpackungen für eine Erdbeerkaltschale, Salattopping, eine Tafel Schokolade sowie eine Dose Senf enthalten. Bei diesen Lebensmitteln ist das Mindesthaltbarkeitsdatum wenige Tage überschritten. Laut der Verbraucherzentrale dürfen diese Produkte auch nach Ablauf des Datums aber weiterverkauft werden, da sie nicht automatisch verdorben sind.
So verdient "Too Good To Go" Geld: Für Supermärkte und Restaurants, die bei "Too Good To Go" mitmachen, ist die Teilnahme nicht kostenlos. Laut der Pressesprecherin des Unternehmens, Johanna Paschek, zahlen die Läden pro verkaufter Tüte eine Provision in Höhe von rund einem Euro sowie eine jährliche Gebühr von 39 Euro.
Diese Läden aus der Region machen bei" Too Good To Go" mit:
- Asia World Schweinfurt, Rudolf-Diesel-Str. 31
- Nordsee, Schrammstr. 5, Schweinfurt
- Immergrün, Schrammstr. 5, Schweinfurt
- Dean&David, Markt 17, Schweinfurt
- Denns Bio Markt, Schützenstraße 4, Schweinfurt
- Kupsch Markt Seuffert, Theuerbrünnleinsweg 2, Schweinfurt
- Frische-Center Höchner, Oskar-von-Miller-Str. 6, Schweinfurt
- DJK Gaststätte, Josef-Reuß-Str. 7, Schweinfurt
- Edeka Didis Gochsheim, Oskar-von-Miller Str. 6, Gochsheim
- Edeka Didis Gerolzhofen, Frankenwinheimerstr. 1, Gerolzhofen
Das schlimme an dieser Überproduktion ist, für die Zuviel produzierten Lebensmittel wird unnötig C02 für die Produktion, Verpackung und Logistik emittiert.
Verbraucher und die Lebensmittelindustrie sollten sich hier Gedanken machen ob wir uns dies in Zukunft mit Blick auf den Klimawandel noch leisten können ?
Die Darstellung im englischen Sprachraum "best before End" halte ich für sinnvoller.