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Giebelstadt
Aus für die B 19-Umgehungsstraße bei Giebelstadt: Und wer ist jetzt schuld?
Der Planungsstopp für die B19-Ortsumfahrung Giebelstadt hat bei den Befürwortern Entrüstung ausgelöst. Aber war die Entscheidung wirklich unvorhersehbar?
12.000 Fahrzeuge befahren täglich die Ortsdurchfahrt von Giebelstadt. Die Aussicht auf den Bau einer Umgehungsstraße ist aber jetzt in weite Ferne gerückt.
Foto: Gerhard Meißner (Archivbild) | 12.000 Fahrzeuge befahren täglich die Ortsdurchfahrt von Giebelstadt. Die Aussicht auf den Bau einer Umgehungsstraße ist aber jetzt in weite Ferne gerückt.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:51 Uhr

Frust ist vermutlich das Wort, das die Gefühlswelt von Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer am treffendsten beschreibt, nachdem er am Mittwoch vom endgültigen Aus für die geplante B19-Ortsumfahrung überrascht wurde. "20 Jahre Arbeit wurden mit einem Federstrich in die Tonne getreten", sagt Krämer. Zuvor hatte das Staatliche Bauamt unter Berufung auf die Planfeststellungsbehörde an der Regierung  von Unterfranken mitgeteilt, dass eine Umgehungsstraße auf der geplanten Trasse nicht genehmigungsfähig sei.

Als Begründung nennt die Regierung erhebliche Eingriffe in das Europäische Vogelschutzgebiet "Ochsenfurter und Uffenheimer Gau und Gäulandschaft nördlich von Würzburg". Entscheidend dafür ist die Einschätzung der Höheren Naturschutzbehörde, die ebenfalls an der Regierung ansässig ist. Das Gebiet um Giebelstadt gilt als einer der letzten Lebensräume für den Feldhamster und die Wiesenweihe in Deutschland.

Schon im ersten Vorentwurf 2002 war man sich deshalb der besonderen Sensibilität des Verfahrens bewusst. Bevor das Staatliche Bauamt im Frühjahr 2020 den Antrag auf Planfeststellung bei der Regierung von Unterfranken einreichte, war ein umfangreiches Ausgleichsverfahren erarbeitet worden, um den seltenen Arten auf ausgewiesenen Flächen bessere Lebensbedingungen zur Verfügung zu stellen. Zuvor hatte sich der ehemalige bayerische Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) politisch für das Ausgleichsverfahren verwendet, das in Art und Umfang bis dahin einmalig in Bayern war.

"20 Jahre Arbeit wurden mit einem Federstrich in die Tonne getreten."
Helmut Krämer, Bürgermeister von Giebelstadt

Landrat Thomas Eberth (CSU) äußert sich deshalb in einer Stellungnahme "schockiert" über den Planungsstopp. "Für mich stimmt hier die Abwägung zwischen den Schutzgütern Mensch und Natur nicht", schreibt Eberth. „Obwohl sich die Gemeinde Giebelstadt seit Jahren und mit Erfolg um Ausgleichsflächen für den Bau der Umgehungsstraße bemüht hat, gewichtet die Höhere Naturschutzbehörde nun den Schutz der Wiesenweihe und des Feldhamsters höher, als den Schutz der Menschen, die an der mit hohem Verkehr belasteten Ortsdurchfahrt wohnen."

War die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde wirklich so unvorhersehbar?

Doch war die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde wirklich so unvorhersehbar? Der Bund Naturschutz (BN) hatte die acht Kilometer lange Westumfahrung von Anfang an abgelehnt und stattdessen für ortsnahe Umfahrungen um Giebelstadt und die Ortsteile Herchsheim und Euerhausen plädiert. Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) kritisierte im Rahmen der Planfeststellung die Qualität der naturschutzfachlichen Bewertung und die Prüfung von Alternativtrassen.

Tatsächlich waren - wie gesetzlich vorgeschrieben - mehrere alternative Trassenführungen untersucht worden. Die Entscheidung fiel für die Trasse, die sich der Bund bereits Ende der 1970er-Jahre im Zuge eines Flurbereinigungsverfahren gesichert hatte. Für Marc Sitkewitz, Leiter der LBV-Bezirksstelle, kam diese Entscheidung nicht überraschend. "Man hat zwar formell geprüft, wusste aber am Anfang schon, welches Ergebnis herauskommen muss, weil man die Flächen ja bereits besaß", mutmaßt er.

"Nicht das Vogelschutzgebiet ist schuld, sondern die schlechte Planung."
Marc Sitkewitz, Landesbund für Vogelschutz

Auch die artenschutzrechtliche Prüfung, die ein Fachbüro erstellt hatte, weist nach Sitkewitz' Ansicht Mängel und Widersprüche auf, die dazu führen, dass die Einflüsse der neuen Umgehungsstraße auf die Natur klein gerechnet werden. "Kein privater Investor hätte sich getraut, so etwas vorzulegen", sagt er. Diese Kritik habe der LBV bereits vor Beginn des Planfeststellungsverfahrens vorgetragen.

Wie eine Anfrage bei der Regierung von Unterfranken ergibt, teilt die Höhere Naturschutzbehörde diese Einschätzung. Tatsächlich sei von einer erheblichen Beeinträchtigung für das Vogelschutzgebiet auszugehen. Auf Basis der vorgelegten Planungsunterlagen sei die gewählte Trasse deshalb nicht genehmigungsfähig.

Wer hat Fehler gemacht und wie könnte eine Lösung aussehen?

Wo liegt also der Fehler? "Nicht das Vogelschutzgebiet ist schuld, sondern die schlechte Planung", sagt Marc Sitkewitz. Bürgermeister Helmut Krämer hingegen nimmt das Staatliche Bauamt in Schutz. Über viele Jahre hinweg habe sich die Behörde um die Interessen der Gemeinde bemüht und Lösungswege aufgezeigt. "Den Schwarzen Peter hat die Regierung", meint Krämer deshalb. Ein Dilemma, an dem laut Sitkewitz' auch der politische Druck mitschuldig ist, der zwischenzeitlich auf das Verfahren ausgeübt wurde. "Hätte man die Fachleute ihre Arbeit machen lassen, wäre es anders gelaufen", ist er überzeugt.

Doch wie könnte nun ein Ausweg ausschauen? "Auf der bisherigen Trasse ist die Umgehungsstraße tot", sagt der Pressesprecher der Regierung von Unterfranken, Johannes Hardenacke. Im Umkehrschluss schließt das den Bau auf einer anderen Trasse nicht aus. Deshalb werde sich das Staatliche Bauamt in Kürze mit dem bayerischen Bauministerium und dem Bund als Bauherrn über das weitere Vorgehen abstimmen. "Dabei wird insbesondere zu klären sein, ob umweltverträglichere Alternativplanungen aufgestellt und auf den Weg gebracht werden sollen", so Hardenacke.

Für Bürgermeister Helmut Krämer ist das kein Trost. Um die erforderlichen Flächen zu gewinnen, müsste erneut ein Flurbereinigungsverfahren eingeleitet werden, sagt er, "der Zeithorizont dafür liegt mit allen Unwägbarkeiten bei mindestens 15 Jahren." Bei der angekündigten Abstimmung der Ministerien fordert er deshalb, mit am Tisch zu sitzen. "Es kann nicht sein, dass man uns jetzt einfach im Regen stehen lässt."

 
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  • roechsner@t-online.de
    Die Zusammenarbeit unserer Behörden ist eine reine Katastrophe. Eigentlich sollten sie Dienstleister sein aber das Gegenteil ist der Fall. Man dient hauptsächlich sich selbst und der Bürger ist nur noch Nebensache. Schuld an gescheiterten Projekten sind immer andere. Es gibt noch weitere Planungen für Ortsumgehungen im Landkreis die seit Jahren auf die Umsetzung warten. Auch da gibt es Vogelschutzgebiete, Feldhamster, Biber, etc. und auch hier wird es so enden. Erst macht man den Bürgern Hoffnung und letzlich ist dann alles für den Papierkorb. So werden unsere Steuergelder verbrannt.
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  • Mischae
    So. Jetzt steht also fest, dass die Feldhamster und Wiesenweihen wichtiger sind, als die Menschen, die in drei Orten direkt an der Durchfahrtstrasse wohnen. Ich hoffe jetzt, dass Alles dafür getan wird, dass sich die Tiere da wohl fühlen. Ich finde, der Staat sollte jetzt kein Geld für die Verpachtung an Landwirte mehr kassieren, sondern die komplette Fläche zu einem Biotop umbauen und a pflanzen, damit diese wertvollen Tiere einen optimalen Lebensraum bekommen. Und wenn sie sich dann wieder gut vermehrt haben, kann man ja ein paar in andere Regionen Deutschlands umsiedeln, damit sich die Menschen dort auch an ihnen erfreuen können. Sollte es dann wieder, auch woanders, zwei oder drei stabile Populationen geben, können unsere Nachkommen ja noch einmal eine Umgehung planen.
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  • gaugruzi@web.de
    Hoffentlich sind jetzt nicht die Landwirte schuld, die in den letzten Jahren Schutzräume für Wiesenweihe und Feldhamster angelegt haben grinsen (Ironie) Jetzt sind diese Tiere in der Population wieder "stärker" verbreitet und schon haben wir alle unsere Freude daran. Mal schauen ob in nächster Zeit bei noch viel mehr Abwägung zwischen den Schutzgütern Mensch und Natur gezogen wird. Möglicherweise wollten es Viele so, die bei Volksbegehren bzw. Wahlen das Kreuz bei Grün gesetzt haben. Deren war die Tragweite vermutlich nicht bewusst. Deutschland / Bayern hat einen Wählerauftrag; die Bürger leiden und der Rest der EU / Welt lacht sich halb tot grinsen
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  • dietmar@eberth-privat.de
    Völlig uninteressant was der "Rest der EU / Welt" denkt, geschweige interessiert die Welt eine Umgehungsstraße in Giebelstadt. Oder richten sie ihre privaten Entscheidungen danach aus was die Welt darüber "denkt"? Stehen sie zu ihren Entscheidungen.
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  • gaugruzi@web.de
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln (Behauptungen ohne Beleg) auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • klafie
    es gibt auch andere wege wegen ortsberuhigung: in erlenbach bei marktheidenfeld hat man vor einigen jahren kreisel gebaut und eine verbindungsstraße vor dem ort richtung marktheidenfeld gebaut. da fährt kaum noch ein auto durch den ort, als die einheimischen. und die haben auch schönes verkehrsaufkommen zwischen würzburg und hädefeld! wäre auch ne überlegung wert, ortschaften vom straßenverkehr zu befreien. denke mal bei uns fahren am tag auch in den stoßzeiten ettliche tausend fahrzeuge durch den ort, der gemeinderat beantragte auf der hauptstraße einen zebrastreifen für die bevölkerung bzw. fußgängerampel, da sich in der hauptstraße die meisten geschäfte samt bank und apotheke befinden, wurde aber leider mehrmals vom landratsamt abgeschmettert, muß anscheinend erst mal was passieren, damit die herren beamten reagieren!
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  • chris.buchholz@gmx.de
    Also ich fasse kurz zusammen: Ihr Vorschlag ist es also, wie im Beispiel Erlenbach, einen Kreisel zu bauen, und von dort aus eine Straße um den Ort rum? Klasse Idee! Warum ist man da nicht schon 1975 drauf gekommen? Ach halt, ist man ja...
    Es gibt Entscheidungen und Abwägungen, die sind einfach nicht nachvollziehbar. Es wurden Ausgleichsmaßnahmen vorbereitet, welche die Situation für die Tierwelt um ein vielfaches verbessert hätten. Naturschutz ist wichtig, aber ich denke mich daran zu erinnern, dass der Mensch ebenso zur Natur gehört. Scheinbar nicht schützenswert genug!
    Von den bisherigen Kosten für Planung und Grunderwerb möchte ich gar nicht erst anfangen... Da wird mir jetzt schon schlecht.
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  • stefan.behringer@web.de
    Könnte man solche Hinderungsgründe für die Straße nicht früher mal grob checken und etwaig umdisponieren?
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  • Eichhorn3
    Winfried-Herrmann-Str. und Levi-Strauss-Str. ein wenig ausbauen und die 90-Grad-Kurven etwas glätten - dann hätte man eine passable Umfahrung über ein wenig sensibles Gebiet und zugleich eine wunderbare Anbindung der vielen Hektar Gewerbegebiet einschließlich Flugplatz. So eine Straße kann natürlich nicht anbaufrei sein, sondern muss die Erschließung der anliegenden Grundstücke zulassen. Also keine klassische Umgehungsstraße, sondern eine Ortsstraße im südlichen Teil, die westlich der Kilian-Keller-Str. jedoch zur Außerortsstraße werden kann.
    Diese Ost-Umfahrung ist ortsnah genug, um den gesamten Durchgangsverkehr anzuziehen. Und ortsnah genug, um Autofahrer nicht abzuschrecken, die sich auf dem Weg zur Arbeit in Giebelstadt versorgen möchten. Hat schon mal jemand nachgedacht, was eine weite Umfahrung für die Geschäfte in Giebelstadt bedeutet?
    Mit der Ost-Umfahrung würde somit ein großer Nutzen mit vielen Synergien entstehen, für einen Bruchteil des Kosten- und Flächenaufwands.
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  • traumdeuter333@aol.de
    Manchmal schämt man sich einfach nur Bürger dieses Staates zu sein! Viele Jahre haben die Menschen für eine Entlastung der Ortsdurchfahrt gekämpft. Die tägliche Belastung, welche der Durchgangsverkehr mit sich bringt, kann nur nachvollziehen, wer selbst an solch einer Strecke wohnen muss. Jahrzehntelange Verhandlung, Planung, Hoffnung - alles weggewischt. Die Relationen stimmen einfach nicht und in den entscheidenden Behörden sitzen Menschen, denen anscheinend jegliche Sinnhaftigkeit verloren gegangen ist.
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