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GIEBELSTADT
Das Ausgleichsverfahren für die B19-Ortsumfahrung steht
„30 Jahre Planung – Wann wird gebaut?“ – Die Frage, in der ein Anwohner in Herchsheim seinem Ärger über den Verkehr auf der B 19 Luft macht, könnte bald beantwortet werden.
Foto: Gerhard Meißner | „30 Jahre Planung – Wann wird gebaut?“ – Die Frage, in der ein Anwohner in Herchsheim seinem Ärger über den Verkehr auf der B 19 Luft macht, könnte bald beantwortet werden.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:46 Uhr

Das hartnäckige Ringen der Gemeinde Giebelstadt um den Bau einer B-19-Ortsumgehung geht zu Ende. Einige Landwirte haben sich bereit erklärt, Flächen für das Ausgleichsverfahren zu Gunsten von Feldhamster und Wiesenweihe zur Verfügung zu stellen und damit eine der letzten Hürden aus dem Weg zu räumen. 2400 Euro sollen sie dafür pro Hektar und Jahr als Entschädigung enthalten.

Die Gemeinde habe ihre Hausaufgaben damit gemacht, sagt Bürgermeister Helmut Krämer. Nun seien das Staatliche Bauamt und die Regierung von Unterfranken am Zug, das Planfeststellungsverfahren zügig durchzuführen und damit die Voraussetzung für den Baubeginn zu schaffen.

25 Hektar Ausgleichsfläche

Die Ausgleichsflächen waren bis zuletzt der springende Punkt an dem Vorhaben. 25 Hektar wertvolles Ackerland sollten aus der Bewirtschaftung genommen werden, um dem Feldhamster und der Wiesenweihe – zwei vom Aussterben bedrohten Spezies, deren größtes Vorkommen rund um Giebelstadt liegt – dauerhaften Schutz zu gewähren.

Der Versuch, Flächen in entsprechender Größe zu kaufen, erwies sich als aussichtslos. Deshalb besann man sich auf eine Pachtlösung, die erst seit einigen Jahren in der Umweltgesetzgebung verankert ist. Landwirte sollen Flächen für bestimmte Zeit nach artenschutzgerechten Kriterien bewirtschaften und erhalten dafür einen finanziellen Ausgleich.

Bayernweites Modellvorhaben

Heiko Lukas vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat ein Bewirtschaftungskonzept erarbeitet. Weil es das erste Mal ist, dass dieses Ausgleichsverfahren in einer solchen Größenordnung angewendet wird, gilt das Projekt als Modellvorhaben.

Dreigeteilte Streifen mit einer Breite von 36 Metern sollen, über die Flur verteilt, im jährlichen Wechsel mit Getreide, Kleegras und Blühpflanzen bebaut werden. Der Anbau ist auf die Bedürfnisse von Feldhamster und Wiesenweihe zugeschnitten und bietet außerdem Insekten und anderen Kleintieren einen geschützten Lebensraum. Geerntet werden darf auf den Flächen nicht.

Praxisnahe Bewirtschaftung

Um die Bewirtschaftung so einfach wie möglich zu machen, berücksichtigt das Konzept die Arbeitsbreite moderne Ackerbaugeräte. Nach Ende der Vertragslaufzeit können die Flächen wieder problemlos konventionell bewirtschaftet werden.

Schon als diese Drei-Streifen-Modell im vergangenen Jahr vorgestellt wurde, hatten einige Bauern ihr Interesse bekundet, sagt Giebelstadts Bürgermeister Krämer. Seit wenigen Tagen ist nun auch die entscheidende Frage beantwortet: 2400 Euro pro Hektar und Jahr erhalten die Landwirte dafür, dass sie einen Teil ihrer Äcker in der beschriebenen Weise bewirtschaften.

„Das Konzept ist auf die Praxis abgestimmt, und auch der Preis passt“, sagt Bürgermeister Krämer. Neun Landwirte haben der Gemeinde bislang Flächen angeboten. Sie liegen nicht nur im Gemeindegebiet von Giebelstadt, sondern auch auf den Gemarkungen von Bütthard, Gaukönigshofen und Hopferstadt. Der Suchbereich umfasst nahezu den gesamten südlichen Landkreis.

Vernetzung der Ausgleichsflächen

„Ob wir zum jetzigen Zeitpunkt schon genügend Flächen haben, kann ich noch nicht sagen“, führt der Bürgermeister aus. Krämer wirbt deshalb weiter um Interessenten. „Je mehr wir zur Auswahl haben, eine umso bessere Vernetzung der einzelnen Flächen kriegen wir hin.“

Weil sich der Feldhamster nur in fruchtbaren Lößböden niederlässt, müssen die Flächen eine Bonität von mindestens 70 Punkten nach der Reichsbodenschätzung haben und mindestens 250 Meter von Störfaktoren wie Straßen, Siedlungen und Waldrändern entfernt sein.

Die Entschädigung zahlt der Bund. Im Gegenzug verpflichtet sich die Gemeinde, auf Dauer für eine ausreichende Zahl von geeigneten Flächen zu sorgen. „Institutionelle Sicherung“ nennt sich das Vorgehen deshalb.

Im Herbst 2019 will Krämer mit dem Verfahren starten, damit die geschützten Arten bereits während der Bauzeit der Umgehungsstraße von den Ausgleichsmaßnahmen profitieren. Er drängt darauf, dass noch in diesem Jahr die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens bei der Regierung von Unterfranken beantragt wird.

Letzte Vorarbeiten

Zuvor muss aber das Staatliche Bauamt noch die letzten Vorarbeiten erledigen, so der Leiter der Straßenbauabteilung, Michael Fuchs. Unter anderem geht es dabei um die genaue Gestaltung der drei geplanten Anschlüsse an die Umgehungsstraße.

Der Markt Giebelstadt möchte an allen Anschlussstellen Kreisverkehre haben. In den bisherigen Entwürfen ist ein solcher Kreisel nur am nördlichen Anschluss geplant. Deshalb sei eine abschließende Abstimmung mit Vertretern des Bundesverkehrsministeriums erforderlich. Ob es gelingt, die Antragsunterlagen bis zum Jahresende fertigzustellen, will Michael Fuchs deshalb nicht versprechen.

Zwei Jahre, so schätzt Fuchs, wird es dauern, bis nach der Eröffnung der Planfeststellung Baurecht besteht. Das setzt allerdings voraus, dass es zu keinen gravierenden Beschwerden oder gar Klagen gegen das Vorhaben kommt.

Der Unterstützung durch den bayerischen Innen-Staatssekretär Gerhard Eck darf sich die Gemeinde Giebelstadt gewiss sein. Der hat in Interview bereits im vergangenen Jahr einen Baubeginn Ende 2020 für möglich erachtet. Obwohl das Innenministerium inzwischen nicht mehr für den Straßenbau zuständig ist, möchte Helmut Krämer an diesem Ziel festhalten. „Ein bisschen Druck muss sein“, sagt der Bürgermeister.

B19-Ortsumfahrung Giebelstadt

Die geplante Umgehungsstraße zweigt nördlich von Giebelstadt auf Höhe von Eßfeld von der heutigen B 19 ab und führt an Giebelstadt, Herchsheim und Euerhausen vorbei, um am Ortsende wieder in die bestehende Trasse einzumünden. Die Länge der Neubaustrecke beträgt acht Kilometer. Die Baukosten werden auf 21,2 Millionen Euro geschätzt.
 
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