Deutschland befindet sich in der zweiten Omikron-Welle - und dennoch nimmt die Sorglosigkeit zu. Wer muss angesichts der Rekord-Inzidenzen besonders vorsichtig sein? Wer ist trotz Boosterimpfung gefährdet? Und wie verhält man sich trotz gelockerter Corona-Maßnahmen verantwortungsbewusst? Diese Fragen beantwortet Professor Oliver Kurzai im Interview. Der 46-Jährige ist Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie an der Uni Würzburg.
Prof. Oliver Kurzai: Wir befinden uns in der zweiten Omikron-Welle. Einige Maßnahmen wurden gelockert und das spiegelt sich in der Zahl der Neuinfektionen wider. Diese steigen seit einer Woche wieder an. Mittlerweile dominiert die Untervariante BA.2 der Omikron-Familie das Infektionsgeschehen. Sie ist noch etwas ansteckender. Wir sehen jetzt auch wieder mehr Patienten, die stationär in einer Klinik behandelt werden müssen. Doch im Unterschied zu den Delta-Wellen erkranken die Menschen nicht mehr so schwer und viele sind mittlerweile auch mindestens zweimal geimpft.
Kurzai: Mit steigender Impfquote sind unter den Erkrankten auch anteilsmäßig immer mehr Geimpfte zu erwarten, weil sich auch Geboosterte infizieren können. Aber sie erkrnaken lange nicht so schwer wie Ungeimpfte. Auch ist dies kein Hinweis darauf, dass die Impfstoffe nicht wirksam sind. Die Wirkung der Impfung ist der Schutz vor schweren Infektionen - und der ist exzellent.
Kurzai: Die effizienteste Maßnahme ist das Tragen der Masken, besonders in Bereichen, in denen viele Menschen in Innenräumen zusammenkommen. Der Schutz ist unglaublich hoch, am besten mit einer FFP2-Maske. Das ist besser als alles andere, was wir haben – auch als Luftfilter.
Kurzai: Die Gruppe der Schülerinnen und Schüler erkrankt, wenn überhaupt, nur sehr mild. Gleichzeitig können Masken bei der Kommunikation durchaus stören. Daher ist das eine schwierige Abwägung und eine politische Entscheidung. In der Summe würde ich mich in der aktuellen Lage mit hoher Infektionsaktivität weiter für eine Maskenpflicht in der Schule aussprechen.
Kurzai: Besonders ältere Menschen ab 70 Jahren müssen – auch wenn sie fit sind – weiter geschützt werden, genau wie Personen, deren Immunsystem geschwächt ist. Auch hier ist das Tragen von Masken die einfachste und effizienteste Schutzmaßnahme.
Kurzai: Das ist immer eine Einzelentscheidung, die am Ende jeder für sich selbst treffen muss. Wenn die Gefährdung nicht sehr hoch ist, können aus meiner Sicht auch diese Personen in einem Restaurant essen gehen, am besten mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner und nicht mit 20 verschiedenen Personen.
Kurzai: Ich halte die vierte Impfung für spezielle Personengruppen, die ein hohes Risiko haben, schwer zu erkranken, für absolut sinnvoll. Für diese Menschen versucht man mit einer erneuten Boosterung das Optimum an Schutz herauszuholen. Auch die Ständige Impfkommission empfiehlt die vierte Impfung für Personen über 70 Jahre und Menschen, die wegen einer Vorerkrankung ein erhöhtes Risiko haben, schwer zu erkranken oder bei denen bestimmte Formen von Immunschwäche bekannt sind. Eine weitere Gruppe, für die eine vierte Impfung empfohlen wird, sind die Beschäftigten in medizinischen Einrichtungen.
Kurzai: Mittlerweile sind grob geschätzt etwa 20 Prozent der Bevölkerung, also 17 Millionen Menschen, genesen. Das ist noch keine wirkliche Durchseuchung der Gesellschaft. Meiner Ansicht nach müssen wir deswegen vor dem nächsten Winter dringend die Impflücke schließen. Da ist die Frage, ob es die Regierung schafft, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen. Besser wäre natürlich, wir würden die Impfquote ohne Pflicht erhöhen – etwa über gute Impfkampagnen. Aber das haben wir bisher nicht geschafft und ich sehe keinen Anhalt dafür, dass sich das ändert. Fakt ist: Unsere Impfquote ist zu niedrig, um dem nächsten Herbst und Winter ruhig entgegen zu sehen.
Kurzai: Nein, davon gehe ich nicht aus. Viele Menschen sind dann bereits das vierte Mal geimpft und das wird voraussichtlich ausreichend sein. Das Coronavirus ist nicht mit dem Grippevirus vergleichbar, bei dem man jedes Jahr eine völlig neue Impfung benötigt. Das Grippevirus verändert sich sehr schnell und in großen Schritten. Das ist beim Coronavirus nicht der Fall. Daher müssen wir langfristig sicher nicht jedes Jahr erneut impfen.
Kurzai: Mit besserem Wetter kann man mit abnehmenden Infektionszahlen rechnen. Es gibt Modelle, die sagen ein Abflachen der aktuellen Welle Ende März und im April voraus. Im Sommer bleiben die Infektionszahlen dann vermutlich niedrig. Langfristig wird uns das Coronavirus als normales Erkältungsvirus erhalten bleiben. Was wir noch nicht wissen, ist, ob es bei einer leichten Infektion wie bei der Omikron-Variante bleibt oder ob schwerere Infektionen wie bei Delta wiederkehren – daher auch jetzt schon die Sorge vor dem nächsten Winter.
Kurzai: Wir werden lernen mit Corona zu leben, aber wir sollten große Infektionswellen vermeiden. Und wir müssen die Menschen schützen, die besonders anfällig sind, also Ältere und chronisch Kranke. Das muss besser gelingen als bisher. Der wichtigste Schutz ist die Impfung, danach kommt das Tragen von Masken. Vielleicht setzen wir in Zukunft eine Maske auf, wenn wir erkältet sind – um andere Personen zu schützen.
Im Ernst jetzt???
Was soll das sein? Bitte wasch mich, aber mach mich nicht nass?
wann unser natürliches Immunsystem auf die ganzen künstlichen Eingriffe auch in Bezug auf
andere Krankheiten reagiert?
Natürlich werden die vorhandenen Impfstoffe weiter entwickelt, das erfolgt doch auch bei den Impfstoffen gegen die Influenza.
Da wie dort geben die Impfstoffe auch keinen vollständigen Schutz gegen eine Infektion, auch das kann man nicht erwarten. Aber ich und die meisten Menschen spannen einen Regenschirm auf, wenn es regnet, auch wenn dieser nicht vollständig verhindert, dass ich Regenwasser abbekomme.
Manchmal frage ich mich echt, wo so mancher Entscheidungsträger die letzten zwei Jahre war…