Sowohl nahe an den Mainwiesen gelegen als auch an der Innenstadt, ist der Würzburger Stadtteil Sanderau zu einem der beliebtesten Wohnorte für Jung und Alt geworden. Während für die älteren Menschen die gute Infrastruktur und die Fußläufigkeit in die Stadt wichtig sind, schätzen gerade Studenten die komfortable Anbindung an die Universität, die Fachhochschule und die Mensa.
Auch Sport-, Erholungs- und Ausgehmöglichkeiten gibt es zuhauf. Lockt doch abends zum Beispiel die nahegelegene Sanderstraße mit ihren Kneipen und Bars die jungen Leute an. Was den Sport angeht, liegen Sanderrasen, Sandermare und auch die TGW (Turngemeinde Würzburg von 1848 e.V.) fast vor der Tür. Und für die älteren Menschen seien in den vergangenen Jahren etwa 20 seniorengerechte Angebote wie Altenheime, Pflegedienste und weitere Hilfsformen geschaffen worden, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Würzburg.
Doch die Diskrepanz zwischen Alt und Jung könnte in den kommenden Jahren bis 2035 deutlich größer werden. Denn lag der Altersdurchschnitt der Sanderauer Wohnbevölkerung Ende 2019 bei 42,5 Jahren, ist bis 2035 damit zu rechnen, dass der Stadtteil deutlich überaltert, heißt es in der Pressemitteilung weiter.
Zwar gebe es Stadtteile mit einer durchschnittlich älteren Bevölkerung als die Sanderau, wie Dürrbachtal, Lindleinsmühle oder Heuchelhof. Die Besonderheit der Sanderau sei aber die Aufgliederung in einen gleichzeitig überdurchschnittlich jungen und einen deutlich hohen Seniorenanteil, erklärt Stadt-Pressesprecherin Claudia Lother auf Anfrage der Redaktion. "Trotz des hohen Anteils an Studierenden und jungen Familien gehört die Sanderau zu den Stadtteilen Würzburgs mit der ältesten Bevölkerung." Zwei Drittel ihrer Bewohner lebten in einem Single-Haushalt. Deshalb brauche es Konzepte, die zukunftssichere Brücken zwischen den Generationen bauen.
Freude im Rathaus über die Teilnahme am Pilotprogramm
Die Freude bei der Stadt ist groß, dass die Sanderau nun als einziger bayerischer Stadtteil neben weiteren Gemeinden für das Pilotprogramm "Demografiefeste Kommune" des bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat ausgewählt wurde. "Eine bedarfsgerechte Versorgung der Wohnbevölkerung darf nicht dem Spiel freier Kräfte überlassen werden, sondern muss gestalterisch begleitet werden. Dieser großen Aufgabe stellt sich die Stadt Würzburg", heißt es von Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Der Förderbescheid, mit dem auch Inhalte der Förderung geklärt werden, wird im Oktober übergeben.
Ziel des vierjährigen Pilotprogramms ist es, mit externen Beratern eine zukunftssichere Demografiestrategie zu entwickeln, erklärt Pressesprecherin Lother weiter. Dabei soll mithilfe von Experten auf die individuellen Herausforderungen des Stadtteils eingegangen werden. Es sei wichtig, dass konkrete Projekte angestoßen werden, bereits vorhandene Initiativen einbezogen und vernetzt werden. Die Pilotkommunen profitieren von einem Fördersatz von 90 Prozent und einer maximalen Förderung in Höhe von bis zu 174 000 Euro. Laut Lother hatten sich über 100 bayerische Kommunen beworben.
Würzburgs Sozialreferentin Hülya Düber sieht in dem Pilotprojekt eine große Chance: „Das Durchschnittsalter der Würzburger Bevölkerung steigt, ebenso die Anzahl der Singlehaushalte. Die Stadt Würzburg möchte den Seniorinnen und Senioren weiterhin dieses selbstbestimmte Leben ermöglichen."
Gleichzeitig will sich die Stadt aber auch den Bedürfnissen junger Menschen stellen. "Die Infrastruktur in der Sanderau muss diesen beiden Polen gerecht werden. Wir wünschen uns für die Sanderau eine Quartiersarbeit für alle Menschen, um vermeintlich gegenläufige Interessen auszugleichen und das Miteinander der Generationen im Stadtteil zu fördern“, so Düber.
Seniorenvertretung: Ein fortschreitender Prozess zur seniorengerechten Stadt
Auch Eberhard Grötsch, stellvertretender Vorsitzender der Würzburger Seniorenvertretung, befürwortet das Pilotprogramm: "Sicherlich ist die Sanderau durch die besondere Zusammensetzung des Stadtteils ein guter Ort für das Projekt." Er hofft, dass das Erarbeitete dann auch auf weitere Stadtteile übertragen wird.
Insgesamt sei Würzburg – was die altersgerechte Stadt angeht – auf einem guten Weg, auch mithilfe des Modellprojekt Smart Cities, "aber es ist ein fortschreitender Prozess, und es wird immer Dinge geben, die noch nicht optimal laufen". Grötsch würde sich wünschen, dass es in jedem Stadtteil eine Anlaufstelle für die Bürger, ein so genanntes Quartiersmanagement, gäbe: "Das könnte bei Fragen und Unsicherheiten enorm sinnvoll sein. Zumal viele Aktivitäten, die es gibt, zu wenig bekannt sind."
Abgesehen von Angeboten für Seniorinnen und Senioren, die nicht mehr so fit oder gar pflegebedürftig sind, würde sich der 70-Jährige über Vorschläge freuen für "diejenigen, die noch fit sind". Unter dem Stichwort "Partizipative Solidarität" könnte auch vermehrt "ein sich gegenseitiges Unterstützen" ins Rollen gebracht werden. Als Beispiel nennt er Fahrdienste oder das Unterstützen beim Einkauf, bei Bankgeschäften oder bei der Nutzung digitaler Medien. "Die Rahmenbedingungen dafür auszubauen, sehe ich als Aufgabe der öffentlichen Hand."
Vielleicht wäre gerade, was die Digitalisierung angeht, ein Projekt zwischen Jung und Alt von Nutzen? Grötsch will nichts überstülpen, "aber klar ist, dass die Kommunikation und der Kontakt zwischen den Generationen enorm wichtig ist". Deshalb wird das Jahr 2023 mit verschiedenen Veranstaltungen der Seniorenvertretung auch unter dem Motto "Dialog der Generationen" stehen.