Es waren 75 Jahre voller Volksfeste, Weihnachtsmärkte und viele Jahre am Imbissstand, aber auch 75 Jahre voller Begegnungen, spannender Geschichten und Eindrücke. All das lassen Elke und Wolfgang Treziak nun hinter sich. Vor wenigen Monaten haben sie beschlossen, das Erbe von Oskar Treziak, Wolfgangs Vater, aufzugeben. Wie schwer fällt so ein Abschied nach all den Jahren?
"Natürlich macht es uns das auch traurig", sagt Elke Treziak. Sie stand die vergangenen Jahre selbst dreimal in der Woche im Imbissstand am unteren Markt und hat ihre Kundinnen und Kunden mit Würstchen und Pommes versorgt. Das Schaustellerleben auf den Volks- und Weinfesten in Marktheidenfeld, Miltenberg oder Würzburg hatte das Ehepaar bereits 2022 aufgegeben. "Erst kam Corona und meine Augenoperationen", berichtet Wolfgang Treziak.
In diesem Jahr hätten sie den Pachtvertrag mit der Stadt Würzburg um weitere fünf Jahre verlängern müssen - zu lang für Treziak, wie er sagt. "Zwei Jahre hätten wir sicherlich noch hinbekommen, aber wie es mir in fünf Jahren gesundheitlich geht, kann ich einfach nicht abschätzen." Seit Ende März ist der Imbissstand am unteren Markt in Würzburg deshalb geschlossen.
Wolfgang Treziak übernahm 1994 das Unternehmen von seinem Vater Oskar Treziak
Elke und Wolfgang Treziak blicken derweil auf viele erfolgreiche Wurst-Jahre zurück. Angefangen hatte alles 1945, kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges. "Mein Vater hat damals mit nichts hier in Würzburg angefangen", sagt Treziak. Nach mehreren Monaten im Krankenhaus habe Oskar Treziak mit dem Kochen in einer amerikanischen Küche begonnen und sich anschließend selbstständig gemacht.
"Er hat sich einen Bauchladen umgeschnallt und die Würste erhitzt", erinnert sich der 62-Jährige an die Erzählungen seines Vaters. Später dann war Oskar Treziak mit seiner eigenen Bude auf dem Würzburger Markt und etlichen Volksfesten in der Region vertreten. Dort ist auch Wolfgang Treziak groß geworden und Stück für Stück in das Geschäft seines Vaters eingestiegen. In den 70er Jahren sei der Name "Treziak" berühmt gewesen für die ersten Hamburger und Schaschlik in der Stadt, wie er sagt.
Als Oskar Treziak 1994 starb, übernahm sein Sohn den Betrieb komplett und heiratete im selben Jahr seine heutige Frau Elke. Gemeinsam entwickelten sie das Konzept und auch die Speisekarte immer weiter. "Wir haben dann Curly-Fries angeboten oder zuletzt auch Avocado-Pommes, um immer neues auszuprobieren", meint die Würzburgerin. Sie war es auch, die die beliebten Kiliani-Kracher eingeführt hat.
Imbiss am unteren Markt in Würzburg lockte viele Menschen von den Volksfesten an
"Ich habe unserem Metzger damals gesagt, dass wir noch eine neue Wurstvariation brauchen", erinnert sich die 57-Jährige. Dieser habe dann die Käsewurst im Speckmantel kreiert. "Das war damals zu Kiliani und deshalb haben wir der Wurst den Namen gegeben." Aber auch für ihre Schupfnudeln aus echtem Nudel- statt Kartoffelteig und die bekannte Feuerwurst mit Zwiebelsoße, waren die beiden Würzburger auf den Festen in der Region bekannt.
Als im Jahr 2000 der untere Markt dann von der Stadt Würzburg umgestaltet und die festen Stände unter dem Glasdach aufgestellt wurden, hat das Ehepaar ihr Vorkaufsrecht genutzt und ist in die heute bekannte Bude gegenüber vom Drogeriemarkt gezogen. Damals gewährte die Stadt den fest etablierten Marktständen dieses Vorkaufsrecht.
Ganz zufrieden mit ihrem Standort waren Elke und Wolfgang Treziak aber nie, erzählen sie. "Man musste schon wissen, wo man uns findet." Andere hätten es da einfacher gehabt. Ihrem Bekanntheitsgrad habe die Lage aber nicht geschadet. Bis zuletzt seien viele treue Stammkundinnen und -kunden, die das Ehepaar sonst auf den Volks- und Weinfesten aufsuchten, nach Würzburg gefahren, um sich ihre Lieblingswurst zu holen. "Das bedeutet uns viel", sagt der 62-Jährige.
Stürmische Zeiten für das Volksfest-Ehepaar
Doch neben all den guten Erinnerungen, blickt das Ehepaar auch auf stürmische Zeiten zurück. Wie beispielsweise 2019, wo ein Sturm beim Volksfest in Lauda-Königshofen fast ihren Stand zum Einsturz brachte. "Da standen wir alle im Wagen und haben von drinnen die Rollläden festgehalten, weil wir Angst hatten, dass sie nach innen eingedrückt werden", erinnert sich Treziak. Oder in einem Jahr auf dem Weihnachtsmarkt, als dieser für mehrere Stunden geschlossen wurde, weil der Weihnachtsbaum drohte, auf den Stand zu kippen. "Der wurde dann wieder begradigt und es konnte weitergehen."
Weiter geht es für das Ehepaar demnächst auch - aber dann mehr privat als beruflich. Wolfgang Treziak will sich in Zukunft mehr Zeit für das Motorradfahren nehmen und insgesamt mehr Ruhe in sein Leben bringen. "Ich feiere es, dass wir jetzt entspannte Jahre vor uns haben", sagt Elke Treziak. Mit Freunden oder der Familie werde aber in Zukunft auch weiter im Garten gegrillt.
Markt in Würzburg. Wer kommt dann für Familie Treziak nach? Etwa ein Handy-open-air-Laden? Würde mich nicht wundern.
Wolfgang Treziak ist allerdings vom Motorradfahren als fragwürdigem Ruhestandsvergnügen dringend abzuraten. Da hat man sein Schicksal anders als beim Imbisstand kaum mehr in eigener Hand.