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Würzburg
16. März 1945: Wie ein Künstler an die Zerstörung Würzburgs erinnern möchte
Der Künstler Maneis möchte in einem neuen Kunstprojekt Licht und Schatten miteinander vereinen. Vor dem aktuellen Hintergrund erinnert er damit auch an die Wichtigkeit des Friedens.
Der Künstler Maneis erinnert mit einem neuen Kunstprojekt an die Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945.
Foto: Daniel Peter | Der Künstler Maneis erinnert mit einem neuen Kunstprojekt an die Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945.
Katharina Muth
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:04 Uhr

Die Schatten der Vergangenheit und das Licht der Gegenwart auf einem Gesamtkunstwerk vereinen - das möchte der aus Teheran im Iran stammende Künstler Maneis schaffen. Mit seinen Bildern möchte er ein Zeichen setzen gegen das Vergessen und für den Erhalt des Friedens, was angesichts der aktuellen Ereignisse eine ganz besondere Bedeutung erhält.

In einer Ausstellung im Rathaus in Würzburg widmet er sich nun der Zerstörung und dem Wiederaufbau Würzburgs. 77 Jahre nach der Bombardierung Würzburgs am 16. März 1945 gedenkt die Stadt auch in diesem Jahr den Opfern des Krieges.

Maneis: "Zeit bekommt in Zeiten von Krieg eine völlig neue Bedeutung"

Maneis, der mit bürgerlichem Namen Mohamad Tehrani heißt, war Kunstlehrer und Schulbuchillustrator, bevor er 2009 nach Deutschland kam. Das iranische Regime war nicht einverstanden mit seinen Zeichnungen in Schulbüchern, da er Frauen in ihren Augen als zu selbstbewusst darstellte. Er bekam vier Wochen Zeit, seine Illustrationen zu überarbeiten, die er nutzte - um zu fliehen.

Damals habe er eine große Machtlosigkeit gegenüber dem Regime, aber auch gegenüber dem Krieg in seinem Land empfunden. "Man hat das Gefühl, man kämpft gegen einen unsichtbaren Feind", sagt Maneis, der sein Atelier in Höchberg hat. Der Gegner sei nicht direkt greifbar, man fühle sich einfach nur hilflos. In der Corona-Pandemie habe er den Eindruck gehabt, diesen Feind in einer anderen Gestalt wieder zu treffen.

"Wenn das Bild, das ich zeichne, das letzte sein könnte, muss ich alles reinlegen, was ich habe."
Maneis, Würzburger Künstler

Im Krieg hätte man nie gewusst, ob man den nächsten Tag noch erlebe, ob das Bild, das man nun zeichne, nicht vielleicht das letzte sei, sagt er. Zeit bekäme in solchen Zeiten eine völlig neue Bedeutung, würde zum kostbarsten Gut werden, das es zu nutzen gilt. "Im Leben gibt es keine Garantie", sagt der Künstler, der Träger des Kulturförderpreises der Stadt Würzburg ist. Auch der aktuelle Krieg in der Ukraine habe ihm dies wieder bestätigt. Man wisse nie, was morgen komme, deswegen müsse man das Beste aus der Gegenwart machen: "Wenn das Bild, das ich zeichne, das letzte sein könnte, muss ich alles reinlegen, was ich habe."

Würzburg in Licht und Schatten

In seinen Aquarellbildern, die um den Jahrestag der Bombardierung Würzburgs am 16. März im Rathaus zu sehen sind, greift er dieses Gefühl der Hilflosigkeit auf. Anders als in vorherigen Projekten hat er mit seiner Projektpartnerin Alexandra Gerstner ein Konzept erschaffen, in dem er aktuelle Bilder der Stadt mit Bildern des zerstörten Würzburgs kombiniert: Würzburg in Licht und Schatten.

Der Künstler Maneis mit seiner Projektpartnerin Alexandra Gerstner.
Foto: Daniel Peter | Der Künstler Maneis mit seiner Projektpartnerin Alexandra Gerstner.

Er selbst habe im Iran erlebt, wie innerhalb weniger Sekunden das Haus des Nachbarn zu einem Trümmerfeld wurde - wie nah Licht und Schatten manchmal nebeneinander liegen. Das versucht Maneis gemeinsam mit seiner Partnerin in die Bilderreihe zu übertragen. "Wir wollten keine Dokumentation erstellen, die die beiden Zeiten nebeneinander zeigt, sondern eine Komposition erschaffen, die beim Betrachten das Gefühl entstehen lässt, dass hier zwei Welten aufeinander treffen, die trotz der zeitlichen Differenz eng miteinander verbunden sind."

Maneis betont, dass neben der Architektur, die das Stadtbild ausmacht, der Mensch im Zentrum der Werke steht. Menschen von früher und heute gleichermaßen zu integrieren, mache das Projekt erst aus, verleihe diesem Emotionalität und verweise auf die Verantwortung jedes Einzelnen.

Es bleibt ein Beigeschmack

Auf einem Bild musizieren Straßenmusiker und Straßenmusikerinnen beider Zeiten gemeinsam auf der Alten Mainbrücke, auf einem anderen bummeln zwei junge Frauen durch die Würzburger Innenstadt, während neben ihnen Trümmerfrauen den Schutt zerstörter Gebäude wegräumen.

Die hellen und bunten Bildteile sollen Hoffnung geben und den dunklen Teilen etwas von ihrem Schrecken nehmen. Dennoch bleibt am Ende der Beigeschmack, dass die Zuschreibungen Vergangenheit und Gegenwart austauschbar sind. Es wird vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in Europa umso deutlicher, wie nah Licht und Schatten beieinander liegen können.

Die Ausstellung ist im Oberen Foyer des Rathauses zu sehen. Der Künstler wird während der Besichtigungszeiten persönlich vor Ort sein. Diese sind: Dienstag, 22. und 29. März: 15 bis 17.30 Uhr, Mittwoch, 16. und 23. März: 15 bis 18 Uhr und Donnerstag, 17. und 24. März: 15 bis 18 Uhr.

Bei Besichtigung der Ausstellung gelten die allgemein gültigen Hygiene- und Abstandsregeln, Zugang unter 3G-Bedingungen, Besucherinnen und Besucher müssen ihren 3G-Status dokumentieren. Es sind nur acht Personen gleichzeitig in der Ausstellungsfläche zugelassen.

 
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