
Belastend und herausfordernd für Schülerinnen und Schüler, für Lehrkräfte, Eltern und die Schulleitung. So lassen sich die Beschreibungen der Schulleiterinnen und Schulleiter von Schweinfurter Gymnasien und Realschulen für das Schuljahr 2020/2021 zusammenfassen. "Aber wir haben als Schulgemeinschaft gut zusammengehalten und das Jahr ganz gut bewältigt", sagt Thomas Kreutzmann vom Olympia-Morata-Gymnasium. Und er sagt, wie alle anderen Schulleitungen auch, dass Homeschooling kein Vergleich zum Präsenzunterricht ist.
Soziale Nachteile für Schülerinnen und Schüler
Deutlich gelitten habe vor allem das Sozialverhalten der Jugendlichen, sagt George Harbauer von der Wilhelm-Sattler-Realschule. Das zeige sich etwa daran, dass psychische Probleme deutlich zugenommen hätten. Und durch den vermehrten Medienkonsum und weniger Bewegung vermutet Harbauer "gesundheitlich massive Auswirkungen". Die Kinder "sind sozialverarmt", sagt Klemens Alfen vom Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in aller Deutlichkeit. Er spricht vom wohl extremsten Schuljahr in der Geschichte der BRD.
"Durch die ständig wechselnden Regelungen zwischen Distanzunterricht, Wechselunterricht und Präsenzunterricht sei keine Vorausplanung möglich gewesen", erzählt Harald Bauer, Schulleiter der FOS/BOS. Technisch habe es keine Probleme gegeben, die FOS/BOS sei bereits zuvor gut aufgestellt gewesen, sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrkräfte hätten sich gut reingefunden. Die Schule habe sogar eine Umfrage durchgeführt, dabei gaben etliche Schülerinnen und Schüler an, dass sie statt Wechselunterricht lieber komplett Distanzunterricht haben möchten.
Technik nicht vorhanden wie gewünscht
Bei anderen Schulen gab es technische Schwierigkeiten. "Die technischen Möglichkeiten wurden leider in den letzten Jahren vom Sachaufwandsträger vernachlässigt", sagt Harbauer. Vieles sei zu spät angelaufen, die digitale Infrastruktur nicht gut vorbereitet gewesen, bestätigt auch Alfen. Eine WLAN-Verbindung habe es fast im gesamten Schulhaus nicht gegeben. Inzwischen habe es sich "etwas gebessert" und bis Ende zum Ende der Sommerferien soll das Schulhaus komplett neu digital vernetzt werden.

Auf die Laptops für Lehrkräfte habe man lange gewartet, inzwischen sind sie angekommen. "Es ist bedauerlich, dass sie nicht eher da waren, aber immerhin sind wir zukünftig besser aufgestellt, sowohl im Distanz- als auch Präsenzunterricht", sagt Alfen. Für Lehrkräfte sei es aber insgesamt schwer, digital Lerninhalte zu vermitteln. Die Kinder seien schwerer erreichbar, ein normales Unterrichtsgespräch lasse sich nicht abbilden.
Motivationsprobleme bei schwächeren Schülerinnen und Schülern
Das Bayernkolleg war bereits vor der Pandemie digital besser ausgestattet als viele andere Schulen, sagt Schulleiterin Gabriele Seelmann. Dort gab es schon vorher flächendeckendes WLAN. Die Schülergeräte kamen am Schuljahresanfang, die Geräte für Lehrkräfte noch vor Weihnachten. Das habe den langen Distanzunterricht erleichtert. Für gute Schülerinnen und Schüler stellte das Schuljahr insgesamt kein Problem dar, "mittlere oder schlechte hatten aber eher Probleme, sich selbst zu motivieren". Im normalen Unterricht ziehen sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig mit, "wenn der eine lernt, lernt auch der andere", sagt Seelmann. "Den Lehrkräften hat es wehgetan zu sehen, wie sich manche ausgeklinkt haben". Viele haben ihr Abitur nicht geschafft.
Auch Bauer bestätigt, dass es "wie bei allem Gewinner und Verlierer gab." Also einerseits Schülerinnen und Schüler, die ihr Potenzial voll oder mehr als erwartet ausgenutzt haben, andererseits die, die sich schlecht motivieren konnten und hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Das größte Manko sei, dass sie ihre Videokameras ausschalten können. "Wenn die Gestik und Mimik fehlt, können die Lehrkräfte schlecht einschätzen, ob der Stoff angekommen ist", sagt Bauer.
Abschlussklassen sind gut durchgekommen
In der Oberstufe sei das Schuljahr besser gelaufen als in der Mittel- und Unterstufe, berichtet Alfen. Die Jugendlichen seiner Schule haben bei den Abiturprüfungen gut abgeschnitten. "Bei den unteren Jahrgängen wird es ein bis zwei Jahre dauern, bis sie das Defizit aufholen", schätzt er. Und auch Harbauer hat Sorge um die Nachfolgeklassen, während er seine Abschlussklassen gut durchgebracht hat. Sie wurden in der Turnhalle und der Aula untergebracht und hatten somit "mehr Vorbereitungszeit als normal".
Die Absolventinnen und Absolventen hatten "definitiv keinen Nachteil, sie wurden rundum betreut. Die Schülerinnen und Schüler sehen es auch so", sagt Harbauer. Die Ergebnisse seien hervorragend. "Und unsere beste Schülerin hat sogar einen Abschluss von 1,0", sagt Harbauer stolz. Für Kreutzmann war die größte Erkenntnis des Schuljahres, dass man den normalen Unterricht wieder als wertvoll kennengelernt hat. Von der persönlichen Begegnung, dem Miteinander und dem Austausch würden alle Seiten profitieren. "Die Freude war groß, als wir uns endlich wieder treffen konnten", sagt er.
Alfen schätzt das Engagement des Einzelnen, seien es Schülerinnen und Schüler, "Eltern, Kollegen oder Personen in Ämtern, die viel dazu beigetragen haben, dass wir relativ heil durch das Jahr gekommen sind". Viele hätten quasi Übermenschliches geleistet, "das ist eine sehr positive Erfahrung". Auch andere Schulleiterinnen und Schulleiter loben den Zusammenhalt ihrer Schulfamilie.
Schulleitungen wünschen sich so viel Normalität wie möglich
Was sich alle Schulleitungen für das kommende Schuljahr wünschen: So viel Normalität wie möglich. Aber einige befürchten, dass wieder Distanz- oder Wechselunterricht kommen wird. Seelmann wünscht sich zudem, dass sich die Informationspolitik verbessert, dass also mehr Zeit ist, um neue Regeln umzusetzen. Harbauers Fazit ist, dass das Schuljahr besser gelaufen ist, als es im September erwartet wurde. Es habe aber bei Eltern, Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften viel Substanz gekostet.

Er wünscht sich für den Herbst den Abbau von Schulbürokratie, "eine rechtzeitige Ankündigung, wie das Schuljahr startet, mit Plan A, B und C, und, dass unbedingt wieder Schulfahrten erlaubt werden". Gerade letzteres müsse schnell beschlossen werden, da die Planungen viel Vorlaufzeit benötigen. Alfen wünscht sich zudem möglichst viel normalen Unterricht ohne Einschränkungen (Lüften, offene Türen, Testungen). Pro Woche werden an seiner Schule 3000 Tests durchgeführt. Ein Schuljahr ohne Einschränkungen "ist absolut notwendig, wenn wir die Defizite aufholen wollen", sagt er.
Impfungen als Schlüssel zu Präsenzunterricht?
Für die älteren Schülerinnen und Schüler von der FOS/BOS und vom Bayernkolleg könnten Impfungen im nächsten Jahr ein wichtiger Faktor werden, um einen normalen Unterrichtsalltag zu erleben. Die beiden Schulleiter Bauer und Seelmann berichten aber, dass ihre Schülerinnen und Schüler bisher noch verhalten sind, was das Thema Impfung betrifft. Die versprochenen Lüftungsgeräte sind übrigens in den meisten Schulen – zumindest in kleiner Stückzahl – bereits angekommen.