
Christina Diem-Puello, Christina Bräutigam, Anna Meusert und Caroline Trips sind Freundinnen – und sie sind Unternehmerinnen. Eines Abends, bei einem privaten Treffen, sei die Idee gekommen, "die Kräfte zu bündeln", erzählt Bräutigam. "Wir teilen uns privat oder im Ehrenamt die Bühne und das wollen wir nun auch beruflich zeigen."
Der Plan: Gemeinsam eine Jobinfoveranstaltung zu organisieren, um über die vielseitigen Karrieremöglichkeiten in ihren Unternehmen – das sind die Deutsche Dienstrad GmbH, die Trips GmbH, optING Value Consulting und Planen Wehner – zu informieren.
Denn die "FabFour", wie sich die Frauen selbst nennen, stehen vor der gleichen Herausforderung: dem Fachkräftemangel. Ein weiterer Auslöser für die Veranstaltung: die Arbeitslosenzahlen in der Region Main-Rhön. "Die letzten Zahlen sind erschreckend", sagt Christina Bräutigam. Im August waren insgesamt 9222 Personen in der Region Main-Rhön arbeitslos gemeldet, 904 mehr als im Vorjahresmonat.
Die Gesichter hinter den Firmen kennenlernen
Als Standort suchten sich die Unternehmerinnen die StudyFAB am Schweinfurter Marktplatz aus, die als Teil des Innenstadtkonzepts "Schweinfurt FABulous" in Kooperation zwischen Stadt und THWS entstanden ist.
Vor der Tür sprechen sie – Caroline Trips ist verhindert – an dem sonnigen Oktobernachmittag Passantinnen und Passanten an, um sie für ihre Unternehmen zu begeistern. "Recruiting muss nicht viel Chichi sein", findet Bräutigam, die mit Infomaterial der Firmen vor der StudyFAB steht. Vielmehr gehe es darum, die Gesichter hinter den Firmen kennenzulernen, die Unternehmenskultur.

"Das Marketing klingt bei vielen Stellen ähnlich, es gibt ähnliche Kampagnen", sagt die 43-Jährige, die freiberuflich auch für Trips und Deutsche Dienstrad arbeitet und Landesvorstandsvorsitzende Bayern-Nord des Verbands deutscher Unternehmerinnen (VdU) ist. Im persönlichen Austausch jedoch lerne man jemanden viel besser kennen, könne Fragen stellen – und auch erkennen, welche Themen potenzielle Bewerberinnen und Bewerber interessiere.
Keine Konkurrenz im Kampf um Bewerberinnen und Bewerber
Alle vier Firmen suchen Verstärkung, von Social Media über IT bis zum Handwerk. Von Konkurrenz bei der Bewerbersuche ist bei den Unternehmerinnen nichts zu spüren. "Wir Frauen haben eins erkannt: Zusammen sind wir stark. Nur, wenn wir zusammenstehen, werden wir noch stärker", sagt Christina Diem-Puello, Geschäftsführerin Deutsche Dienstrad GmbH und VdU-Präsidentin. Warum also nicht die gemeinsamen Netzwerke nutzen, um mehr Menschen auf die Firmen aufmerksam zu machen.

Nicht nur Passantinnen und Passanten bleiben vor der StudyFAB stehen, auch Vertreter anderer Firmen schauen, was die Frauen veranstalten. Lena Ulsamer und Eva Holzheid arbeiten im Personalmarketing beziehungsweise in der Personalentwicklung bei Riedel Bau. "Wir wollen uns austauschen und schauen, wie läuft es woanders und was machen wir schon", erklärt Holzheid. Auch Marc Heinz, Geschäftsführer der Personalberatung Beckhäuser aus Würzburg, ist nach Schweinfurt gekommen, um sich zu vernetzen. "Ich will Kontakt zu möglichen Bewerbern kriegen", sagt er.
Indes wird draußen weiter fleißig angesprochen. "Habt ihr kurz Zeit?", fragt Anna Meusert, die seit 2020 Geschäftsführerin von Planen Wehner ist, zwei junge Männer, die an der StudyFAB vorbeilaufen. "Habt ihr schon eine Ausbildung?" Als die Passanten bejahen, sagt die 30-Jährige: "Falls ihr noch Freunde habt, gerne weitergeben." Und drückt ihnen einen Flyer in die Hand.
Der Mittelstand als "Motor der deutschen Wirtschaft"
Nach mehr als einer Stunde auf der Straße, sagt sie: "Es ist fast erstaunlich, wie viele Menschen sagen, dass sie einen Job suchen." Auch viele junge Menschen würden angeben, keinen Job zu haben. Bei der Aktion gehe es nicht nur um die Passantinnen und Passanten selbst. "Es geht auch darum, dass sie das weitererzählen." Verwandten, Freunden. In ihrem Familienunternehmen bilde man Fahrzeugsattler aus, sagt Meusert. "Die meisten wissen gar nicht, dass es den Beruf überhaupt gibt."
Gerade in Zeiten massiver Unsicherheit, mit dem Stellenabbau in der Großindustrie, müsse man "den Wirtschaftsstandort Schweinfurt nachhaltig stärken", sagt Christina Diem-Puello. "Wir glauben an die Ausbildung, wir glauben an qualifizierte Berufe und wir schaffen Arbeitsplätze in der Region." Gerade den Mittelstand sehe sie als den "Motor der deutschen Wirtschaft".
Diem-Puello schließt nicht aus, dass es erneut eine Veranstaltung wie die im StudyFAB geben wird. "Ich kann mir schon vorstellen, dass sich sowas etabliert und eine Event-Serie draus entsteht", sagt die 36-Jährige. Fürs Erste haben sie ein Ziel aber schon erreicht, sagt Christina Bräutigam: "Wir haben gezeigt, dass man als Unternehmerinnen in der Region zusammenarbeiten kann und sollte."