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Kreis Schweinfurt
Warum die Schweinfurter Atomkraftgegner der BA-BI auch nach 50 Jahren noch lange nicht ans Aufhören denken
Vor 50 Jahren vereinte der Widerstand gegen den Bau des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld  Menschen in der Region. Der Meiler ist vom Netz. Der Protest geht aber weiter.
Kampf gegen Atomkraft: Dafür steht die BA-BI, die Bürgeraktion Umwelt-und Lebensschutz–Bürgerinitative gegen Atomanlagen. Im Bild (von links) Herbert Wiener, Vorsitzender Christian Schäflein, Peter Fuchs und Walter Rachle. In der ehemaligen Brauerei Hartmann in Schweinfurt im Hintergrund formierte sich der Widerstand gegen Atomkraft vor 50 Jahren.  
Foto: Susanne Wiedemann | Kampf gegen Atomkraft: Dafür steht die BA-BI, die Bürgeraktion Umwelt-und Lebensschutz–Bürgerinitative gegen Atomanlagen.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:50 Uhr

Hier hat sozusagen alles angefangen: In der ehemaligen Brauerei Hartmann am Wall begann der Widerstand gegen Atomkraft in Schweinfurt und Umgebung, der Widerstand gegen den Bau des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld. "Ein markanter Treffpunkt", sagen die vier, die zu einem Pressetermin eingeladen haben: Herbert Wiener, Christian Schäflein, Peter Fuchs und Walter Rachle. Sie haben eine gemeinsame Geschichte und sie haben ein Ziel: Widerstand gegen Atomkraft. Sie waren und sind in der BA-BI (Bürgeraktion Umwelt-und Lebensschutz – Bürgerinitiative gegen Atomanlagen) aktiv.   

50 Jahre BA-BI  wird am Sonntag, 24.Juli, am Festgelände Wad in Bergrheinfeld  gefeiert. Für die vier ein Anlass für ein Gespräch und einen Blick in die Geschichte. Die BA-BI hat zwei Wurzeln. 1972 wurde eine Bürgerinitiative gegen den  geplanten Bau des Atomkraftwerkes Grafenrheinfeld gegründet. 1986, dem Jahr der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, gründete sich eine Elterninitiative, die sich auch aus Verantwortung für die Kinder gegen Atomkraft stellte. Beide Gruppen schlossen sich 1986 zusammen. Die BA-BI entstand. 

Wie ist die BA-BI entstanden?

Worum ging es am Anfang? "Um Infos", sagt BA-BI-Vorsitzender Christian Schäflein. "Die Bürger wollten Infos."  Viel zu wenig sei bekannt gewesen. "Keiner wusste die Gefahren einzuschätzen." Informieren, Fakten und Daten sammeln: Das ist auch ein Standbein der  BA-BI geworden. "Seit 50 Jahren informieren wir die Bevölkerung unabhängig über die Gefahren des AKW Grafenrheinfeld und Atomkraft, Radioaktivität und erneuerbaren Energien", heißt es in der Einladung zum Gespräch. Mehr Informationen, zum Bespiel was den Rückbau der Anlage in Grafenrheinfeld betrifft, wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger immer noch, beobachtet Walter Rachle.    

Die Atomgegner unterhielten 20 Jahre lang eigene Messstationen, erst am Fischerrain, dann im Stattbahnhof. Den offiziellen Angaben von Behörden und Betreibern habe man nicht vertraut. Bei den Castor-Transporten zum Beispiel wurde die Strahlenbelastung immer noch mal selbst gemessen. "Als einziger Meiler Deutschlands hat Grafenrheinfeld keinen eigenen Gleisanschluss, um verbrauchte Brennelemente abzutransportieren. Im benachbarten Gochsheim sind die Castor-Behälter von Tiefladern auf Waggons gehievt worden. Bis 2006. Zuletzt begleitet von massiven Protesten und Blockaden. Bis 1997 sind über 54-mal Behälter von Grafenrheinfeld in Gochsheim umgeladen worden", so ein Bericht dieser Redaktion aus dem Jahr 2015. 

Foto von einer Großdemo 2011:Anlass des Anti-Atom-Protests waren unter anderem der Super-GAU in Tschernobyl 25 Jahre zuvor und die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima.
Foto: David Ebener (dpa)  | Foto von einer Großdemo 2011:Anlass des Anti-Atom-Protests waren unter anderem der Super-GAU in Tschernobyl 25 Jahre zuvor und die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima.

Was haben die Atom- Gegner erreicht?

Das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld ist 1981 in Betrieb gegangen. Trotz der Proteste. "Aber als Teil der bundesweiten Protestbewegung wurden wenigstens die Sicherheitsauflagen gegenüber den ursprünglichen Plänen von Politik und Betreiberfirmen erhöht. Außerdem wurden die Störfälle des AKW öffentlich zugänglich dokumentiert", zieht die BA-BI Bilanz.  

Das AKW Grafenrheinfeld wird zurückgebaut. Wird die BA-BI noch gebraucht? 

Die BA-BI, der Widerstand gegen Atomkraft ist weiter wichtig, sind sich Herbert Wiener, Vorsitzender Christian Schäflein, Peter Fuchs und Walter Rachle einig. Die Tatsache, dass die Anlage in Grafenrheinfeld zurückgebaut wird, habe damit nichts zu tun. Zumal die Frage der Endlagerung noch nicht geklärt sei. "Es wird in Jahrhunderten noch Atomkritiker brauchen", ist sich Christian Schätzlein sicher: "Wir werden gebraucht, wir müssen weitermachen."

Weitermachen ist für ihn auch aus folgendem Grund nötig: "Atomkraft schafft nur Probleme, sie löst keine." Gerade die aktuelle Debatte um den Ausstieg vom Ausstieg zeige, wie wichtig es sei, auf die Gefahren von Atomenergie hinzuweisen. Was der Runde noch am Herzen liegt: Es ging nie nur um das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld. Es ging um einen weltweiten Widerstand gegen Atomenergie. "Zivil und militärisch", fügt Schäflein an.  Und es ging um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung: "Das stand immer ganz oben", so Schäflein. 

Wie sieht es mit der Zukunft der Schweinfurter Anti-Atom-Bewegung aus? 

In 50 Jahren ist der Widerstand vor Ort in Schweinfurt ein generationenübergreifendes Projekt geworden, sagt Schätzlein. Trotzdem merkt man, dass die Gründergeneration langsam weniger wird. "Wir brauchen neue Mitstreiter." Schäflein sieht zwar engagierte junge Leute, die zu Aktionen kommen. Für die neue Generation sei aber Vereinsarbeit nicht so anziehend. "Wir hoffen auf Begegnungen, neue Impulse und Ideen", sagt Walter Rachle. Schließlich hätten die BA-BI und die  Fridays-for-Future-Bewegung inhaltlich eine volle Überschneidung: Der Wunsch nach einer echten Energiewende.  

Hätte man im Rückblick etwas anders machen können?

Vielleicht hätte man noch stärker juristisch gegen den Bau des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld vorgehen können, so die Proteste und Demos begleiten können, meinen die vier im Rückblick. Auch wenn der Gang vor Gericht nicht einfach war, viel Geld hat er gekostet. Der ehemalige Kassier Peter Fuchs kriegt jetzt noch Panik, wenn er daran denkt, wie die Kosten für gerichtliche Auseinandersetzungen wieder durch Spenden reingeholt werden mussten.

Trotzdem lautet das Fazit der vier: Der Widerstand hat sich gelohnt. Trotz der nicht immer leichten Situation für die Aktivisten. Sie erinnern sich an Beschimpfungen, Bespitzelungen. Laut Walter Rachle  war die Anti-Atom-Bewegung am Standort Schweinfurt übrigens die friedlichste in Deutschland.  

Das Kultur- und Umweltfest der BA-BI in Bergrheinfeld startet am Sonntag, 24. Juli, um 11 Uhr am Festplatz Wad in Bergrheinfeld: 11 Uhr ökumenische Andacht mit Pfarrer Franz Feineis und Heiko Kuschel. Grußworte sprechen Landrat Florian Töpper, Bergrheinfelds Bürgermeister Ulrich Werner und Landtagsabgeordneter Paul Knoblach. Für Unterhaltung sorgen bis in den Abend die Sennfelder Combo, Railwaystation Bigband, DGB Songgruppe, Christoph Weiherer. Dazwischen  Anti-Atom Talk mit Gästen aus der Region, moderiert von Holger Laschka. Es geht um die Anfänge, die lange Zeit des Widerstandes, die Gefahren beim Rückbau und das Thema Zukunft ohne Atom. 

 
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  • uwe.luz@t-online.de
    Seit 50 Jahren müsste es Kernkraft heißen, und nicht Atomkraft.
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  • robert.hippeli@t-online.de
    In einer Zeit in der über „Verpachtung der verbliebenen Reaktoren an Polen“ diskutiert wird, oder gar die FTP über neue AKWs nachdenkt gibt es auch nur eines: „BLEIBT WACHSAM“.!

    Vielen Dank nach Schweinfurt an die Schweinfurter Anti-Atom-Bewegung
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  • AxelKroener
    Herzlichen Dank an die Aktivisten, die es sich zur Lebensaufgabe machten, die unkalkulierbaren Risiken offenzulegen und in der Gesellschaft für die Energiewende zu werben, lange bevor die Bevölkerung sich ihrer Position anschloss.

    Und falls sich jemand über das Wort "unkalkulierbar" aufregen möchte: Wer mit einem E-Tretroller mit 20 kmh Höchstgeschwindigkeit auf öffentlichen Flächen fahren möchte, MUSS eine Haftpflichtversicherung abschließen. Das ist kein Problem, viele Versicherer stehen bereit, dieses Risiko zu decken.
    Bei Atomkraftwerken hingegen gab und gibt es weltweit keinen einzigen Versicherer, der bereit wäre auch nur ein einziges Atomkraftwerk zu versichern. Auch nicht in Deutschland; auch in Grafenrheinfeld gab es keine Versicherung für den Fall eines GAU.

    Das Risiko ist allen Versicherern weltweit einfach zu hoch. Die Haftung läuft auf dem Rücken der Bürger, die Betreiber machen im Schadensfal einfach den Laden dicht und lassen die Betroffenen auf dem Schaden sitzen.
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