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Schweinfurt
Von der Henkersmahlzeit bis zum ersten Kaugummi: Das Stadtarchiv Schweinfurt widmet sich dem Essen und Trinken in der Stadt
Urkunden und Objekte sprechen: Wie das Stadtarchiv Geschichte mit einer Präsentation lebendig macht. Neugierig machen drei der Dinge, die zu sehen sein werden. 
Mit dem Thema 'Essen und Trinken in Alt-Schweinfurt' beschäftigt sich am Samstag, 2. März, eine Präsentation im Stadtarchiv Schweinfurt. Dabei geht es auch um das Stärke- und Verdickungsmittel Sago, das den Grundstock zum Erfolg von Wilhelm Sattler gelegt hat.  Brief und Röhrchen hat Sattler in den Grundstein seines im Krieg zerstörten Hauses gelegt. 
Foto: Susanne Wiedemann | Mit dem Thema "Essen und Trinken in Alt-Schweinfurt" beschäftigt sich am Samstag, 2. März, eine Präsentation im Stadtarchiv Schweinfurt.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 02.03.2024 02:46 Uhr

Von der Henkersmahlzeit über die Wein- und Biersteuer, die 1513/1514 für Aufruhr in der Stadt sorgte, bis zum Kaugummi, den die US-Soldaten nach dem Krieg nach Schweinfurt brachten, reicht die Palette der einmaligen Präsentation Essen und Trinken in Alt-Schweinfurt. Eine Urkunde, eine Zeichnung und zwei Glasröhrchen hat Archivleiter Gregor Metzig ausgesucht, um neugierig zu machen.  

Archivleiter Gregor Metzig spürt mit seinem Team nach, wie Essen und Trinken das Leben der Menschen in Schweinfurt beeinflusst hat. Eine besondere Art, Geschichte lebendig werden zu lassen. Aber auch eine besondere Art zu präsentieren, was im Stadtarchiv, dem Gedächtnis der Stadt, alles zu finden ist. "Archivalien muss man zum Sprechen bringen", ist Metzig überzeugt. 

Als eine Bier- und Weinsteuer für Aufruhr sorgte im 16. Jahrhundert 

Eine Urkunde von Reichsvogt Graf Wilhelm von Henneberg aus dem 16. Jahrhundert beschäftigt sich mit der Steuer auf Wein und Bier. 
Foto: Susanne Wiedemann | Eine Urkunde von Reichsvogt Graf Wilhelm von Henneberg aus dem 16. Jahrhundert beschäftigt sich mit der Steuer auf Wein und Bier. 

Metzig rollt behutsam eine Urkunde auf. Graf Wilhelm von Henneberg, Reichsvogt und Kommissar des Kaisers, sorgt damit für Frieden in der Stadt. Die Bürger hatten 1513/1514 die Stadträte davongejagt. Vordergründig ging es um Protest gegen eine Steuer auf Wein und Bier. Aber eigentlich wollten die Bürger mehr mitbestimmen. Der Aufruhr brachte nichts. Der Stadtrat wurde wieder eingesetzt, Bier und Wein wurden besteuert. 

Warum Fürstbischof Julius Echter einen Stör geschenkt bekam 

 Archivleiter Gregor Metzig zeigt ein Ratsprotokoll mit einer Zeichnung der legendären Störe, die im 16. Jahrhundert in Schweinfurt geangelt wurden. 
Foto: Susanne Wiedemann |  Archivleiter Gregor Metzig zeigt ein Ratsprotokoll mit einer Zeichnung der legendären Störe, die im 16. Jahrhundert in Schweinfurt geangelt wurden. 

Dass die Schweinfurter einmal sehr diplomatisch waren, zeigt ein Ratsprotokoll aus dem 16. Jahrhundert. Der Schreiber hat dafür eine detaillierte und kunstfertige Zeichnung der beiden Störe gemacht, die 1575 und 1593 im Main gefangen wurden. Das war ein so großes Ereignis, dass für die Rathausdiele zwei Fresken der beiden Fische in Auftrag gegeben wurden. Der Fang war ein Politikum. Stand den Schweinfurtern zu, den Fisch zu behalten, den sie in Untereuerheim, Hoheitsbereich des Hochstifts Würzburg, aus dem Main gezogen haben? Die Räte waren geteilter Ansicht. Die Diplomaten setzen sich durch und schenkten 1575 den Stör Fürstbischof Julius Echter. Man wollte verhindern, den Bischof gegen die Stadt aufzubringen. Julius Echter sei hocherfreut über das Geschenk der Schweinfurter gewesen und gab mit dem Riesenfisch ein Festessen in seiner Residenz Schloss Aschach.  

Es hat übrigens einen Grund, warum Gregor Metzig die Darstellung der Störe ausgewählt hat. Nach seinem Vorstellungsgespräch im Rathaus sah er die Fresken der beiden Fische und ist seitdem fasziniert von diesem Teil der Schweinfurter Geschichte.  

Wie Wilhelm Sattler mit Sago den Grundstock zu seinem Erfolg legte  

Zwei Glasröhrchen mit weißen und braunen Kügelchen bergen ein Stück Wirtschaftsgeschichte: das Stärke- und Verdickungsmittel Sago. Sie stammen aus dem Grundstein des Hauses von Fabrikant Wilhelm Sattler (1784-1859) in der Kirchgasse. Das Haus wurde im Krieg zerstört. Später wurde der Grundstein gefunden. Darin ein Brief von Sattler und seiner Frau Catharina Sattler, in dem ihre Erfindungen und Erfolge ausgelistet sind. Zusammen mit Ampullen mit Farben, dem berühmt-berüchtigten Schweinfurter Grün, zum Beispiel oder mit Sago.  

Bis Sattler gemeinsam mit seiner Frau beim Mittagessen die Idee hatte, das Produkt aus Kartoffeln und Mehl herzustellen, wurde es aus einer exotischen Pflanze, der Sagopalme, hergestellt. Kolonialmacht England war der Groß-Lieferant, bis Napoleon mit der Kontinentalsperre von 1806 bis 1814 den Handel mit England zum Erliegen bringen wollte. Für Sattler die Chance, den Markt zu erobern. "Mit der Sago-Fabrik legte er den Grundstock für seinen Erfolg", so Metzig. 

Wer am Samstag, 2. März, ins Stadtarchiv kommt, kann viel entdecken und erfahren rund um das Thema Essen und Trinken. Natürlich geht es auch um die Schlachtschüssel. Auf einem Original Schlachtschüssel-Brett wird historisches um die typische Schweinfurter Spezialität präsentiert. Darunter die noch nie gezeigte älteste Darstellung einer Schlachtschüssel. Catharina Sattler hat sie gemalt, um 1840. Schaut man sie an, weiß man: Die Geschichte der Schlachtschüssel muss wohl neu geschrieben werden. 

Die Präsentation ist am Samstag, 2. März, von 11 bis 17 Uhr im Stadtarchiv im Friedrich-Rückert-Bau am Martin-Luther-Platz zu sehen. Jeweils zur vollen Stunde gibt es Führungen. Um 13 und um 15 Uhr gibt es ein Schattentheater für Kinder.  

 
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