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SCHWEINFURT
Mission Industriegeschichte: Erhalten, zeigen, erklären
Erwin Bindewald hielt Szenen aus der Industriegeschichte fest. Die abgebildete Maschine wurde 1929 von SKF in Schweden gebaut und zum Seitenschleifen von Wälzlager-Außen- und Innenringen verwendet. Die Bindewald-Zeichnungen sind eine der Schätze, die der AKI gesammelt hat.
Foto: Roland Huttner | Erwin Bindewald hielt Szenen aus der Industriegeschichte fest. Die abgebildete Maschine wurde 1929 von SKF in Schweden gebaut und zum Seitenschleifen von Wälzlager-Außen- und Innenringen verwendet.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:05 Uhr

Space-Shuttle, London Eye, der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV, Spiegelteleskope, Windkraftanlagen, Suez-Kanal, Gezeitenkraftwerke haben eines gemeinsam: In ihnen steckt ein Stück Schweinfurt. Und wer auf einem Fahrrad sitzt, profitiert auch von einer Schweinfurter Erfindung, der Torpedo-Freilaufnabe. Nur sieht man diese Dinge nicht. Und auch hier weiß niemand wahrscheinlich so genau, was in den Werken alles produziert wird. Hier setzt der AKI-Förderkreis an. Mission: Industriegeschichte erhalten, zeigen und vor allem erklären.

Seit 25 Jahren sorgen eine Gruppe von Leuten aus Industrie und Handwerk ehrenamtlich mit dem AKI-Förderkreis (Industrie, Handwerks-und Gewerbekultur) dafür, dass die Industriegeschichte in Schweinfurt dokumentiert und erhalten wird. Dass Maschinen nicht verschrottet, sondern ausgestellt werden, dass Zeugnisse aus der langen Industriegeschichte erhalten bleiben, zu besichtigen sind im kleinen Industriemuseum in der Spinnmühle.

Stadt und Industrie als Schicksalsgemeinschaft

Bei einem Festakt zum 25-jährigen Bestehen gibt es einen spannenden Überblick über 135 Jahre Industrie in der Stadt. Und auch eine Erklärung dafür, warum es so wichtig ist, Industriegeschichte zu sammeln. „Stadt und Industrie sind eine Schicksalsgemeinschaft“, sagt Bürgermeisterin Sorya Lippert bei ihrem Grußwort.

Hier wurde und wird nicht nur produziert, sondern auch immer vorangedacht. Lippert erinnerte auch an das Mäzenatentum der Großunternehmerfamilien und deren Fürsorge und Angebote für die Mitarbeiter. Es sei daher nur angebracht, dass im neuen Kulturforum die Industriegeschichte eine Rolle spielen wird.

„Das Werk ist gelungen. Wir haben das Wenige erhalten, das Bombenkrieg und Automatisierung übrig gelassen haben“, sagt AKI-Vorsitzender August-Georg Ruß. Im Museum in der Spinnmühle an der Gutermann-Promenade könne man zum Beispiel die Erfindung des Kugellagers nachvollziehen.

Erfindergeist, Handwerkerfleiß und Kreativität

135 Jahre in 45 Minuten: Roland Huttner schafft es in seinem Vortrag, das Thema Industriegeschichte spannend zu erzählen. Danach weiß man nicht nur ziemlich viel, sondern ist auch stolz darauf, in einer Stadt zu leben, in der Erfindergeist, Handwerkerfleiß und Kreativität wohl immer eine Rolle spielen. „Die wesentlichen Voraussetzungen für technische Entwicklung und Mobilität in der Welt wurde in Schweinfurt geschafften“, legt Huttner dar.

Überspitzt gesagt: Was mit Philipp Moritz Fischer und der Tretkurbel begann, die er um 1860 in ein Laufrad einbaute, entwickelte sich kontinuierlich weiter. Die eigentliche Erfolgsgeschichte Schweinfurts begann mit Friedrich Fischer, der 1890 eine Maschine zum Patent anmeldete, mit der die Herstellung von Stahlkugeln und damit von Kugellagern revolutioniert wurde.

Firmen sind noch alle da. Nur die Namen sind geändert.

Die Namen der Pioniere stehen nicht mehr an den Fabrik-Fassaden. Dafür Schaeffler, ZF, SKF. Auch wenn viele noch immer von Kufi reden oder von Sachs. Auch Huttner geht's in seinem Vortrag so: „Ich sag halt immer FAG.“ Nicht Schaeffler. Die Firmen sind noch alle da. Nur die Namen haben sich geändert.

Huttner geht auch auf die sozialen Leistungen der Großbetriebe ein. Er erinnert an das Sachsbad, die beiden Schäfer-Museen, das Stadion, den Wohnungsbau. Für Huttner ist das Georg-Schäfer-Denkmal gleich am Eingang zum Schaeffler-Werk das Symbol für die Schweinfurter Industriegeschichte. Es zeige drei Aspekte: den Unternehmer, der die Richtung vorgibt, in der Mitte den Ingenieur, der überlegt, und rechts den Mann, der den Handwerkerfleiß verkörpert. „Dieser Dreiklang macht ein Unternehmen erfolgreich.“

Hinweis: Das kleine Industriemuseum ist von März bis November geöffnet. Jeweils am zweiten und vierten Samstag eines Monats von 14 bis 18 Uhr. Wer Interesse an Führungen hat, kann mit Wolfgang Rücknagel Kontakt aufnehmen: wolfgang.rcknagel@freenet.de

Roland Huttner stellte spannend die Geschichte von Schweinfurt als Wiege der Wälzlagerindustrie dar.
Foto: Josef Lamber | Roland Huttner stellte spannend die Geschichte von Schweinfurt als Wiege der Wälzlagerindustrie dar.
Um die Kugel geht es im kleinen Industriemuseum in der Spinnmühle.
Foto: Anand Anders | Um die Kugel geht es im kleinen Industriemuseum in der Spinnmühle.
 
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