Als am Mittwochmorgen am Amtsgericht in Schweinfurt die Zwangsversteigerung für den Hotel-Gasthof "Wilder Mann" in Gerolzhofen begann, war das Zuhörerinteresse groß. Eine halbe Stunde vor Beginn saßen die ersten Zuhörer im Sitzungssaal. Am Ende wollten 25 Frauen und Männer wissen, wie es mit der Baustelle am Marktplatz, die in den vergangenen Jahren traurige Berühmtheit erlangt hat, weitergeht.
Um es vorwegzunehmen: Ein eindeutiges Ergebnis brachte die Zwangsvollstreckung, wie das juristische Verfahren korrekterweise heißen müsste, am Ende nicht. Es gab zwar ein Gebot, doch einen Zuschlag konnte der Richter dennoch nicht erteilen. Dazu später mehr.
Angestrebt hatte die Zwangsversteigerung die VR-MainBank, die Vorständin Jutta Ackermann vertrat. Die Bank ist Gläubigerin der Krapf Immobilien GmbH & Co. KG. Der Geschäftsführer des Ein-Mann-Unternehmens, Rainer Krapf, war zu dem Gerichtstermin nicht erschienen. Im Zuhörerbereich saßen unter anderem drei Vertreter der Stadt Gerolzhofen: Bürgermeister Thorsten Wozniak, Zweiter Bürgermeister Erich Servatius und der Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft, Johannes Lang.
Investor scheitert mit Plan für Inklusionshotel
Der von einem Gutachter ermittelte Verkehrswert für beide Flurnummern, die versteigert werden sollten, beläuft sich auf 696.000 Euro. Es geht dabei um den historischen Bestandsbau des Hotel-Gasthofs "Wilder Mann" und die anschließende Fläche entlang der Breslauer Straße, auf der sich die Baugrube einer unvollendeten Tiefgarage befindet. Bekannterweise wollte Rainer Krapf, der für die Freien Wähler im Gerolzhöfer Stadtrat sitzt, dort ein Inklusionshotel mit 122 Betten samt Gastwirtschaft errichten – bis ihm das Geld ausging.
Die Finanznot des Investors führte zu der jetzt anberaumten Zwangsversteigerung. Wie während der Verhandlung vor Gericht zu erfahren war, existiert für das Anwesen "Wilder Mann" bereits seit Ende November 2022 ein Versteigerungsvermerk.
Aus dem ermittelten Verkehrswert errechnet sich laut des Richters die Höhe des Mindestgebots für das Objekt. Dieses beträgt 14.568,58 Euro. Berücksichtigt sind dabei mehrere Rechte, die laut Grundbuch auf dem Grundstück lasten und den Wert mindern. Unter anderem dürfen dort nur Getränke einer regionalen Brauerei ausgeschenkt werden und es gibt Geh- und Fahrrechte der Stadt.
Mindestgebot lag deutlich unter Verkehrswert
Das rechnerische Mindestgebot hat jedoch nur theoretische Aussagekraft für die Versteigerung. Denn von Amtswegen wurde festgelegt, dass ein Zuschlag erst erteilt wird, wenn eine Käuferin oder Käufer bereit ist, mindestens 292.000 Euro zu zahlen. Dies entspricht der Hälfte des Verkehrswerts, abzüglich der festgestellten Wertminderung durch die im Grundbuch eingetragenen Rechte.
Obwohl es dem Richter zufolge "keinen taktischen Vorteil bietet, mit einem Gebot möglichst lange zu warten", wurde erst fünf Minuten vor Ende der angesetzten halbstündigen Bieterfrist das erste und einzige Gebot aufgerufen: Bürgermeister Wozniak bot für die Stadt Gerolzhofen 487.200 Euro.
Grundschulden summieren sich auf Millionenwerte
Grundsätzlich hätte die Versteigerung des "Wilden Manns" damit enden können. Etwa zwei Monate später wäre der Erlös dann unter den Gläubigern aufgeteilt worden. Dass dies die Schulden der Immobilienbesitzerin bei Weitem nicht deckt, lässt ein Blick ins Grundbuch erahnen. Dort sind allein für eine – laut Handelsregisterauskunft selbst zahlungsunfähige – schweizerische Aktiengesellschaft 4,25 Millionen Euro als Grundschuld eingetragen sowie eine Grundschuld von 700.000 Euro für die VR-MainBank und eine Sicherungshypothek für ein regionales Bauunternehmen über 271.000 Euro.
Doch zum Zuschlag für die Stadt Gerolzhofen ist es am Montag nicht gekommen. Denn die VR-MainBank hat noch im Gerichtssaal eine einstweilige Einstellung des Vollstreckungsverfahrens beantragt. Damit ist das Verfahren nach Auskunft des Richters für ein halbes Jahr eingestellt. Eine Fortsetzung sei auf Antrag der Gläubigerin möglich.
VR-Bank möchte einen höheren Preis
Dass die Bank Interesse an einem Fortgang des Verfahrens hat, bestätigte Vorständin Ackermann gegenüber dieser Redaktion. Der aktuell aufgerufene Preis sei der Bank jedoch zu niedrig.
Wie Bürgermeister Wozniak auf Nachfrage erklärt, entsprach das von ihm abgegebene Gebot exakt der Summe, zu der der Stadtrat ihn ermächtigt hat. Mit ihrem Gebot möchte die Stadt sich laut Wozniak die Option offen halten, mitzuentscheiden, wie es mit dem "Wilder Mann" weitergeht. Hierzu zähle für die Stadt auch der Blick auf mögliche weitere Parkplätze in unmittelbarer Nähe des Marktplatzes.
Unbenommen ihres Gebots bei der Versteigerung führt die Stadt Gerolzhofen vor dem Landgericht Schweinfurt ein zivilrechtliches Verfahren gegen Krapf Immobilien um Schadensersatz für den mit dem Ausheben der Tiefgaragengrube zerstörten Gehweg entlang der Breslauer Straße und den zum Teil weggebaggerten Pausenhof der Grabenschule. Der Streitwert beträgt 275.000 Euro. Ein Ende des Prozesses ist nicht absehbar, teilt das Gericht auf Nachfrage mit. Bis ein angefordertes Gutachten eines Sachverständigen vorliegt, dürften Monate vergehen.
Nach meinem Verständnis wäre ein Zuschlag zum Gebot der Stadt möglich gewesen. Der Erlös würde ja vermutlich sowieso quotiert nach den Forderungen aufgeteilt werden. Insofern würde ein möglicher (vermutlich unwahrscheinlicher ?) Mehrerlös nur zu einem Teil bei der RaiBa ankommen.
Ein Anfang vom Ende der für Gerolzhofen belastenden Situation hätte gemacht werden können.
Die Bank hat eine andere Entscheidung getroffen ...
Das Wegbleiben des verantwortlichen Unternehmers ist menschlich verständlich,
von Größe zeugt es jedoch nicht.