Um einen geschätzten Streitwert von 275.000 Euro geht es in dem Zivilverfahren, das die Stadt Gerolzhofen vor dem Landgericht Schweinfurt gegen die Krapf Immobilien GmbH & Co. KG führt. Mit dem geforderten Geld möchte die Stadt den Gehweg entlang der Breslauer Straße sowie den Pausenhof der Grabenschule wiederherstellen. Diese öffentlichen Flächen waren vor über zweieinhalb Jahren verschwunden, als im Zuge der Bauarbeiten eine große Grube für die Tiefgarage des Hotel-Gasthofs "Wilder Mann" gebaggert wurde. Seitdem hat sich nicht mehr viel getan auf der Baustelle, für die das beklagte Unternehmen mit Geschäftsführer Rainer Krapf an der Spitze verantwortlich ist.
Am 9. November hat das Gericht in der Sache mündlich verhandelt. Die Richterin hatte für Anfang Dezember einen Beschluss angekündigt. Doch offenkundig sah sich das Gericht nach Bewertung aller Aussagen und vorliegenden Fakten nicht in der Lage, einen Beschluss zu erlassen. Stattdessen hat die zuständige Richterin nach Angaben von Thomas Fenner, dem Pressesprecher des Landgerichts, jetzt einen sogenannten Beweisbeschluss erlassen und ein Sachverständigen-Gutachten angefordert.
Kosten für Gutachter bleiben wohl an der Stadt hängen
Die Kosten für ein solches Gutachten müssen die streitenden Parteien Fenner zufolge gemeinsam finanzieren. Angesichts des Umstands, dass die finanzierende Bank gegen die Bauherrin vor dem Amtsgericht Schweinfurt für Anfang März 2024 bereits einen Zwangsvollstreckungstermin für den unvollendeten "Wilden Mann" erwirkt hat, wird die Stadt die Kosten für das Gutachten wahrscheinlich alleine aufbringen müssen. Ein Sachverständiger wird in einem solchen Fall erst dann tätig, wenn das Geld vorab einbezahlt ist.
Ein schnelles Ende des Schadensersatzverfahrens ist also nicht absehbar. "Dies kann sich über Monate hinziehen", äußerte sich der Gerichtssprecher gegenüber dieser Redaktion. Dies liege auch daran, dass nach Vorlage des Gutachtens beide Parteien die Möglichkeit haben, hierzu Stellungnahmen abzugeben. Danach dürfte es dann wohl einen erneuten mündlichen Verhandlungstermin vor Gericht geben.
Nicht alle Mitglieder des Stadtrats stimmen für Vorkaufsrecht
Unabhängig vom offenen Ausgang der gerichtlichen Auseinandersetzung bereitet sich die Stadt Gerolzhofen auf einen möglichen Verkauf des "Wilder-Mann"-Grundstücks vor. Deshalb hat der Stadtrat am 4. Dezember mit 11:5 Stimmen ein besonderes Vorkaufsrecht gemäß Paragraph 25 Baugesetzbuch für den Bereich der Breslauer Straße beschlossen. Das Vorkaufsrecht bezieht sich nur auf das Anwesen des "Wilden Mann", auf das historische Gebäude (Flurstück Nummer 171) und die anschließende Tiefgaragen-Baugrube (171/3).
Der geschäftsführende Beamte der Verwaltungsgemeinschaft, Johannes Lang, begründete diesen Schritt mit der Innenstadtentwicklung. Die Stadt beabsichtige, zentrumsnah Parkplätze zu schaffen, zugunsten des innerstädtischen Einzelhandels sowie für die dortigen Einwohnerinnen und Einwohner. Dies rechtfertige ein Vorkaufsrecht.
Ursprünglich sah der Beschlussvorschlag der Verwaltung vor, das Vorkaufsrecht nur auf die Fläche der Baugrube zu begrenzen. Erst auf Günter Iffs (Freie Wähler) Anregung hin, wurde auch das komplette, der Krapf Immobilien GmbH & Co. KG gehörende Anwesen inklusive Bestandsgebäude in den Beschluss aufgenommen. Wie Iff begrüßte Thomas Vizl (Geo-net) grundsätzlich die zu beschließende Satzung über ein Vorkaufsrecht.
CSU-Fraktion missfällt möglicher Eingriff in Eigentumsrechte
Kopfzerbrechen bereitete das Vorkaufsrecht den anwesenden vier CSU-Vertretern, die mit Rainer Krapf geschlossen die entsprechende Satzung ablehnten. Die dahinter steckende Idee, der Stadt Mittel in die Hand zu geben, möglichst viel Einfluss auf die Zukunft der markanten Fläche im Herzen der Altstadt nehmen zu können, fand Fraktionsvorsitzender Arnulf Koch durchaus sympathisch. Doch ihm missfiel prinzipiell das gewählte Mittel: Ein Vorkaufsrecht greife unter Umständen deutlich in Eigentumsrechte ein. Besser sei es, fand Koch, als Stadt auf andere Weise Signale zu senden, dass an dieser Stelle nur das gewünscht sei, was baurechtlich bereits genehmigt ist: ein Hotel.
Zudem ließ sich Koch von Lang ein Detail bestätigen, das im vorliegenden Fall eine entscheidende Rolle spielen könnte: Ein Vorkaufsrecht gelte nicht bei jeder Form von Grundstücksübereignung. Beispielsweise bei der Zwangsversteigerung eines Anwesens – wie sie für den "Wilden Mann" bereits anberaumt ist – bringe der Stadt ein Vorkaufsrecht nichts. Will heißen: Wenn jemand anderes einen höheren Preis für das Grundstück bietet, kann die Stadt auch mit Vorkaufsrecht nicht verhindern, dass der "Wilde Mann" an den Höchstbietenden geht.