Die Frage treibt derzeit viele Gerolzhöfer um: Wann geht es endlich weiter mit der Großbaustelle für den Hotelneubau "Wilder Mann"? Oder ist das Vorhaben, dort ein Hotel mit 112 Betten zu errichten, bereits insgeheim gescheitert, weil dem Bauherrn die Kosten davon galoppieren? Rainer Krapf, Geschäftsführer der Krapf Immobilien GmbH & Co. KG, die den Bau errichten lässt, weist im Gespräch mit dieser Redaktion die Aufgabe des Projekts weit von sich. Er spricht jedoch auch offen über bestehende Probleme.
Aktuell bereiten Krapf und dem beauftragten Bauunternehmen vor allem das fehlende Baumaterial Sorgen. Allem voran fehlt es auf dem Markt an Stahl. Dieser wäre notwendig, um die Tiefgarage mit den geplanten 32 Stellplätzen fertigzustellen. Seit diesem Frühjahr klafft eine riesige Baugrube dort, wo sich künftig das Hotelgebäude drei Stockwerke hoch emporrecken soll.
Ein Großteil der Tiefgarage wartet auf die Fertigstellung
Von der Tiefgarage stehen bislang die tief im Boden verankerten Betonpfähle der Außenwände. Auf diese müsste als nächstes ein rundum verlaufender Betonbalken aufgesetzt werden, der zusammen mit den ebenfalls noch nicht stehenden Betonstützen die Filigrandecken der Tiefgarage trägt, berichtet Krapf. Von dem in den Beton einzuarbeitenden Stahl fehlt seinen Angaben nach noch etwa die Hälfte der benötigten Menge.
Doch Baumaterial ist – was wohl jeder Bauherr bestätigen wird – derzeit nicht nur knapp. Das lieferbare Material ist auch deutlich teurer als noch vor wenigen Monaten. Dabei geht es nicht nur um Stahl, sondern beispielsweise auch um Isoliermaterial und Dämmstoffe, sagt Krapf. Beim Holz, das aktuell ebenfalls Mangelware ist, sieht er noch Spielraum zum Spekulieren – vielleicht würden die Preise in absehbarer Zeit wieder sinken.
Bauherr nennt angestrebte Obergrenze für Gesamtkosten
Spekulation, Hypothese, Hoffnung. Das spielt wohl alles mit hinein, wenn Krapf meint, am Ende trotz Baustoff-Verteuerung und zeitlicher Verzögerung mit fünf Prozent Kostensteigerung hinzukommen. Aktuell beziffert er die aufgelaufenen Mehrkosten auf 300 000 Euro – das wären in etwa die fünf Prozent Steigerung, bezogen auf die ursprünglich kalkulierte Summe. Am Ende, so Krapf, sollen es nicht mehr als 6,4 bis 6,5 Millionen Euro werden. Ob er dieses Ziel erreicht, steht freilich in den Sternen.
An der notwendigen Motivation fehlt es dem Bauherrn auf keinen Fall. In gut einem Jahr, im Spätherbst 2022 möchte er den Bau fertiggestellt haben – und zwar in dem Umfang, wie es ursprünglich geplant war, nicht als Sparversion. Das heißt, der neue "Wilder Mann" soll als sogenanntes Inklusions- bzw. Integrationshotel (In-Hotel), das die Arbeiterwohlfahrt (AWO) betreibt, einen hohen Anteil von Menschen mit Behinderung beschäftigen. Der Betrieb soll 112 Betten vorweisen, in 56 Zimmern, davon sechs behindertengerecht ausgestattet.
Barrierefreier Übergang zwischen Alt- und Neubau
Die Hotelzimmer befinden sich komplett im ersten und zweiten Obergeschoss des Neubaus, der aus mehreren, farblich voneinander abgesetzten, jedoch aneinander gebauten Baukörpern besteht. Ein Glasbau verbindet das historische Gebäude barrierefrei mit dem Neubau. Im dritten Obergeschoss, das als Mansarde entsteht, sind Tagungsräume geplant. Der größte Raum dort soll bis zu 199 Plätze haben.
"Ich stehe nach wie vor dazu, das fertigzustellen", gibt Krapf unmissverständlich seinen Willen zu verstehen. Er habe für das Projekt bereits viele Opfer gebracht. Er sei auch kein vertragsbrüchiger Mensch, betont der Gerolzhöfer Geschäftsmann, der auch Mitglied des Stadtrats ist. Deshalb werde es auch nicht soweit kommen, dass am Ende nur die Tiefgarage gebaut wird und das Hotel darüber ein reines Luftschloss bleibt. Gerüchten zufolge denkt die Stadt Gerolzhofen bereits darüber nach, das Anwesen ohne den historischen "Wilder Mann" notfalls zu übernehmen und die Tiefgarage auf eigene Kosten fertigzustellen, um dort dann öffentliche Parkplätze auszuweisen.
Bauherr beruft sich auf bestehenden Pachtvertrag
Für Krapf ist diese Vorstellung absurd, schon allein deshalb, weil er in die jetzige Baustelle bereits viel zu viel investiert habe. Zu den in der Stadt kursierenden Gerüchten rund um die Baustelle meint er: "Alles was außenrum erzählt wird, interessiert mich als Geschäftsmann nicht." Man solle lieber mit ihm direkt reden. Für ihn zählen Fakten. Er nennt hier den ausverhandelten und weiterhin gültigen Pachtvertrag mit dem AWO-Bezirksverband Unterfranken als Betreiber des von ihm gebauten Hotels samt des Gastronomiebetriebs. Diesen möchte er auf jeden Fall erfüllen.
Dies bestätigt auf Nachfrage dieser Redaktion Thomas Geuppert, Bereichsleiter für Behindertenhilfe und Integration bei der AWO. "Wir stehen dazu", antwortet er auf die Frage, ob die AWO an dem Hotel-und Gaststättenbetrieb, der laut ursprünglicher Planung bereits im Herbst 2019 hätte starten sollen, überhaupt noch Interesse habe. Die Planung der Zimmerausstattung, die Sache des Betreibers ist, sei weit gediehen, schildert Geuppert. Die AWO habe sich auch kein zeitliches Limit gesetzt, bis wann das Hotel in Gerolzhofen spätestens eröffnen muss. "Wir machen da keinen zeitlichen Druck", sagt Geuppert.
Verzögerung verursacht auch für Betreiber zusätzliche Kosten
Auf der anderen Seite koste jede zeitliche Verzögerung auch der AWO Geld. So müsse beispielsweise das mittlerweile überholte Betriebsgutachten zumindest ergänzt werden, weil etwa Personalkosten, aber auch Übernachtungspreise gegenüber dem bisherigen Ansatz gestiegen seien.
Etwas Positives hat die Verzögerung aus Sicht des künftigen Betreibers allerdings: Durch die Corona-Pandemie befinde sich die Hotel-Branche derzeit in einem tiefgreifenden Umbruch. Da sei es laut Geuppert gut, die Entwicklung – gerade was die Zukunft von Tagungsorten angeht – abwarten zu können. Falls das Hotel mitten während der Pandemie fertiggestellt worden wäre, vermutet Geuppert, wäre das noch schlimmer gewesen, als wenn sich der Eröffnungstermin jetzt um eine noch nicht ganz absehbare Zeit verschiebt.
Verkehrsrechtliche Erlaubnis nötig
Bleibt noch die Frage, wann es auf der Baustelle weitergeht. Krapf geht derzeit davon aus, dass Ende September, Anfang Oktober an der Tiefgarage weitergebaut wird. Je nach Witterung könnten die Bauarbeiten dann den Winter über weitergehen. Etwa einen Monat nach Wiederaufnahme der Bauarbeiten, schätzt er, würde dann der 50-Meter-Kran im Bereich der Breslauer Straße aufgestellt werden müssen; ein zweiter, kleinerer Kran steht bereits seit rund einem Jahr am Rand der Baugrube, im Pausenhof der Grabenschule. Für den großen Kran benötigt der Bauherr allerdings nochmals eine verkehrsrechtliche Erlaubnis.
Damit könnte auf Krapf die nächste Hürde zukommen. Denn im Stadtrat hatte es zuletzt mehrheitlich geheißen, dass die Breslauer Straße während der Vorweihnachtszeit offen befahrbar bleiben müsse, um den Geschäften in den Innenstadt nicht im Weihnachtsgeschäft zu schaden. Das Projekt "Wilder Mann" ist und bleibt kein leichtes Unterfangen.