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Schweinfurt
Und schon wieder gerät der "Go&Change"-Prozess ins Stocken: Technische Probleme im Schweinfurter Gerichtssaal
Weil der Ton nicht zu hören ist, kann am Landgericht ein Video nicht abgespielt werden. Erneut greift die Verteidigung die Psychiatrie an, in der Kai K. untergebracht ist.
Kai K. auf dem Weg zur Anklagebank im Schweinfurter Landgericht: Doch auch der 13. Verhandlungstag im 'Go&Change'-Prozess endete am Freitag früher als geplant.
Foto: Thomas Obermeier (Archivbild) | Kai K. auf dem Weg zur Anklagebank im Schweinfurter Landgericht: Doch auch der 13. Verhandlungstag im "Go&Change"-Prozess endete am Freitag früher als geplant.
Benjamin Stahl
,  Christine Jeske
 und  Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 15.05.2024 02:48 Uhr

Erneut verläuft ein Verhandlungstag im Prozess gegen den Kopf der Gemeinschaft "Go&Change" anders als geplant. Diesmal liegt es nicht an Zahnschmerzen des Angeklagten, die dafür sorgen, dass Kai K. verhandlungsunfähig ist. Auch Zeugen, die nicht erscheinen oder nicht aussagen wollen, sind an diesem Freitag am Landgericht Schweinfurt nicht das Problem. Dieses Mal ist es die Technik, die den Richtern einen Strich durch die Rechnung macht.

Eigentlich soll an diesem 13. Verhandlungstag ein Video der Vernehmung gezeigt werden, die die Polizei im Mai 2023 mit der 30-Jährigen durchgeführt hat - kurz nachdem die Frau von Kai K. vergewaltigt, geschlagen und gewürgt worden sein soll. Zwar startet die rund dreistündige Aufzeichnung und auf der Leinwand im Gerichtssaal sieht man die Frau, die vernommen wird, mit deutlichen Verletzungen im Gesicht. Der Ton ist jedoch so leise, dass die Vorsitzende Richterin Claudia Guba den Film stoppen lässt.

Schlechte Tonqualität: Auch die Kriminalpolizei kann nicht helfen

Da weder ein beisitzender Richter, noch die Justizwachtmeister das Problem beheben können, wird die Kriminalpolizei, die das Video aufgenommen hat, telefonisch um Hilfe gebeten. Wenig später kommen zwei Beamte mit Laptop - doch auch über ihr Gerät lässt sich die DVD nur mit schlechter Tonqualität abspielen.

Richterin Guba beschließt, das Video zu einem späteren Zeitpunkt in den Prozess einzuführen. Damit verschiebt sich auch die Aussage des Gerichtsmediziners, der eigentlich an diesem Freitag nach dem Video sein Gutachten verlesen sollte. Es mache keinen Sinn, den Sachverständigen zuerst zu hören, sagt Guba.

Verteidiger von Kai K.: Erneut harsche Kritik an Forensik

Bevor der Verhandlungstag zu Ende geht, üben die Verteidiger von Kai K. erneut harte Kritik an der forensischen Psychiatrie, in der der 42-Jährige seit Oktober untergebracht ist. Das Personal dort sei voreingenommen, sagt Anwalt Hubertus Werner. Namentlich benannte Pflegekräfte würden "gewohnheitsmäßig verbal Grenzen überschreiten". Sein Mandant gelte als "Guru" und "Sektenfuzzi".

Außerdem bezeichnet die Verteidigung das Vertrauensverhältnis zwischen K. und einer "jungen Therapeutin" als "zerrüttet". Deshalb könne Kai K. derzeit "an keiner Behandlung teilnehmen", obwohl er "eine therapeutische Betreuung" möchte. Zum wiederholten Male fordern die Anwälte eine Verlegung ihres Mandanten in eine andere Einrichtung und mahnen Arzttermine an, die dem Angeklagten verwehrt würden.

Nicht mehr alle Zeugen nötig: Geht der Prozess früher zu Ende als gedacht?

Wie es in dem Prozess weitergeht, ist offen. Richterin Guba deutet am Freitag jedenfalls an, dass man aus ihrer Sicht nicht mehr alle Zeuginnen und Zeugen brauche, die bislang vorgesehen sind. Wichtig sei vor allem das psychiatrische Gutachten zu Kai K.

Noch sind acht Verhandlungstage bis Ende Juni angesetzt - ein früheres Urteil scheint nun jedoch möglich. Der Prozess wird am 17. Mai fortgesetzt.

 
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  • Harald Bach
    Leider wird hier offensichtlich, wie weit die Technik der Gerichtsbarkeit dem allgemeinen Standard hinterher hinkt.
    Da schlägt der Sparkurs unserer Regierung voll durch - Glückwunsch !
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  • Cornelius Beyer
    Ich würde gern erfahren, wieso plötzlich "nicht mehr alle Zeugen nötig" sein sollten.

    Bisher habe ich nur von Zeugenaussagen gelesen, die zur hier verhandelten Sache eher wenig beizusteuern hatten. Und deren Ladung eben nicht verstanden.
    Wenn ich auch den Vorgang um den Geschäftsführer merkwürdig finde, auch da verstehe ich nicht, was der zur Sache beizutragen hätte, so man ihn wie auch die anderen nicht fragt, ob der Drogen konsumiert hat in diesem "gemeinschaftlichen" Kontext, also mit Herrn K., und wie die eigentlich dorthin gelangt sind.
    Habe ich etwas übersehen?

    Auch das Zeigen des Videos finde ich befremdlich:
    Im Stafrecht gilt die Aussage des Angeklagten vor Gericht. Natürlich werden die Aussagen bei der Polizei herangezogen, besitzen aber nach meinem Kenntnisstand keinerlei Beweiskraft.
    Oder bin ich einfach falsch informiert?

    Auf was läuft das denn hinaus?
    Ein Freispruch mit gleichzeitiger Therapieauflage, damit er trotz mangelnder Beweislage aus dem Verkehr gezogen bleibt?
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  • Edith Kram
    Auch wenn die Artikel der MainPost manchmal etwas verwirrend abgefasst sind, so haben Sie diesmal durchaus etwas falsch gelesen.

    Das Video geht nicht um die Vernehmung des Angeklagten, sondern die der geschädigten 30jährigen Frau - und ist somit als Beweismittel zulässig.
    Und das Gutachten dient wohl dazu, die Glaubwürdigkeit der Frau zu beleuchten.

    Allerdings drängt sich auch mir die Frage auf, wieso die bisherigen, lt. MainPost sehr dürftigen, Zeugen ausreichend sind.

    Liegen Sie also mit ihrer Vermutung richtig oder sollte man mal einem Prozeßtag bewohnen?

    Die reine Berichterstattung in den Medien ist sicherlich nicht die Basis, sich ein eigenes Urteil zu bilden.
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