
Es sollte um die ersten drei Quartale des laufenden Jahres gehen. Wie es dem Arbeitsmarkt geht, welche Auswirkungen der Krieg in der Ukraine hat. Ging es auch. Doch im Hinblick auf die anstehende Einführung des Bürgergeldes am 1. Januar 2023 erläuterte Andrea Schranner im Ausschuss für Beschäftigung und Soziales auch, inwiefern sich die Arbeit des Jobcenters damit verändern wird. Das Bürgergeld soll das 2005 eingeführte Arbeitslosengeld II ("Hartz 4") ablösen.
"Dass es nach 17 Jahren einer Änderung bedurfte, ist sicherlich klar", betonte die Leiterin des Jobcenters. Damals habe es noch ganz andere Themen gegeben, die Digitalisierung und der Fachkräftemangel hätten nicht dazu gehört. "Der Weg geht weg von: Wir zwingen unseren Kunden. Er geht jetzt eher in Richtung Motivation und Anreizsystem, das verändert unsere Arbeit komplett", erklärte Schranner. "Der Fokus in diesem Gesetz liegt auf der Ausbildung und Qualifikation."
So soll es beispielsweise einen Weiterbildungsbonus von 150 Euro im Monat und eine Weiterbildungsprämie bei Abschluss einer Weiterbildung oder Ausbildung geben, sowie einen Bürgergeldbonus von 75 Euro bei Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme. Besonders im Hinblick auf die 1800 Langzeitleistungsbezieher des Jobcenters Schweinfurt sei dies "eine große Herausforderung", sagte Schranner. Aber zugleich auch eine "große Chance, unsere Langzeitleistungsbezieher mit dem Weiterbildungsbonus und der -Prämie weiterhin zu qualifizieren".
Rechtskreiswechsel zum Juni 2022
Die Rückschau auf die ersten drei Quartale des Jahres bestimmten derweil die Energiekrise, der Krieg in der Ukraine und der damit einhergehende Rechtskreiswechsel zum Juni 2022. Dieser bezeichnet einen Leistungsübergang der Geflüchteten aus der Ukraine von den Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz hin zu den Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB).
Ein Blick auf die Zahlen. Die Zahl der Neuanträge, die beim Jobcenter gestellt wurden, ist laut Schranner stark gestiegen. Von Januar bis April seien es etwa 60 Neuanträge pro Monat gewesen, seit diesem Sommer habe man 180 Neuanträge im Monat zu verzeichnen, mit eingerechnet sind seither auch die ukrainischen Geflüchteten. "Wir müssen damit rechnen, dass die Neuantragszahlen weiter rasant ansteigen", sagte sie. Aufgrund der Energiekrise und der zu erwartenden Nachzahlungen.
Arbeitslosenzahlen seit Mitte des Jahres gestiegen
Wie aus dem Jahreszwischenbericht hervorgeht, stiegen die Arbeitslosenzahlen im Verlauf des Jahres an. Im Juli 2022 lag die Zahl der Arbeitslosen bei 1282, im August bei 1401. Die Zahlen seien stark vom Zuwachs der aus der Ukraine Geflüchteten beeinflusst. Besonders fehlende Sprachkursangebote ließen diese Personengruppe in der Arbeitslosigkeit verweilen.
Bei den erwerbsfähig Berechtigten gab es laut Schranner einen "sukzessiven Abbau, der von Januar bis Mai reicht", und zwar um 10,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Besonders freute sich Schranner darüber, "dass wir die Hilfsbedürftigkeit von Frauen gegenüber dem Vorjahr deutlich abbauen konnten", um 10,2 Prozent. Ab Juni dann aber stiegen die Zahlen wieder – beeinflusst durch den Rechtskreiswechsel der Geflüchteten.
Ähnliches gelte für die Zahl der Bedarfsgemeinschaften. Auch dort zeigte sich in der ersten Hälfte 2022 der Abbau-Trend aus 2021. Die vorläufigen Zahlen von Juni bis August allerdings spiegeln einen "sukzessiven Zuwachs durch Ukrainerinnen und Ukrainer" wider.
"Extrem lange Wartezeiten" bei Neuanträgen
Insgesamt sei problematisch, dass es aktuell eine extrem lange Wartezeit bei den Neuanträgen gebe. "Wir haben derzeit eine Wartezeit von acht Wochen, was wirklich nicht akzeptabel ist, weil wir wissen, dass wir existenzsichernd tätig sind", räumte Schranner ein. Die Zielmarke liege normalerweise bei zwei bis drei Wochen.
SPD-Stadträtin Kathi Petersen wollte wissen, wovon die Bürgerinnen und Bürger in der Zwischenzeit leben sollen. Schranner entgegnete, dass man ihnen einen Vorschuss gewähre, denn man müsse sichergehen, "dass die Menschen ihre Wohnung nicht verlieren".
Dazu beitragen soll auch die Anhebung der Angemessenheitsgrenze für Unterkunft und Heizung, die das Jobcenter im Laufe des Jahres angesichts der Energiekrise bereits drei Mal angepasst hat. Der erleichterte Zugang ins SGB II habe zudem dazu geführt, dass knapp 93 Prozent der Kundinnen und Kunden die vollständigen Kosten übernommen bekommen.