Explodierende Energiepreise machen vielen Schweinfurterinnen und Schweinfurtern aktuell schwer zu schaffen. Im Ausschuss für Beschäftigung und Soziales des Schweinfurter Stadtrates zeichnete sich derweil ein beunruhigendes Bild ab: Das Jobcenter sowie das Amt für soziale Leistungen gehen davon aus, dass Menschen mit geringem Einkommen, die bisher noch knapp über der Bedarfsgrenze lagen, aufgrund der höheren Energiepreise in den Sozialleistungsbezug fallen könnten.
Sozialamtsleiterin Corina Büttner hat sich damit auseinandergesetzt. Wie kann denen geholfen werden, die auf Hilfe angewiesen sind? Wer Transferleistungen – etwa nach SGB II oder SGB XII – bezieht, dem steht eine Übernahme der Kosten der Unterkunft (Miete, Nebenkosten und Heizkosten) in angemessener Höhe zu – auch, wenn sich die Heizkosten nun stark erhöhen. "Wenn jemand eine Abschlagszahlung präsentiert, die ja auch noch keine Abrechnung ist, sondern nur eine Prognose über den möglichen Preis, dann werden wir die auch in aller Regel 1:1 übernehmen", sagte Büttner im Ausschuss. "Es sei denn, die ist exorbitant hoch und es liegen irgendwelche Fantasiezahlen zugrunde."
Normalverbraucher können mit vollständiger Kostenübernahme rechnen
Das bedeutet für Leistungsbezieher: Bei Verbräuchen, die innerhalb der Richtwerte liegen, kann mit einer vollständigen Übernahme der Heizkosten gerechnet werden. Im Jobcenter seien dies rund 92 Prozent der Kundinnen und Kunden, erklärte Büttner. "Für Transferleistungsbezieher ist im Grunde die Heizung gesichert."
Doch auch Personen, die eigentlich keine Sozialleistungen beziehen, können mit finanzieller Unterstützung rechnen, wenn ihre Nachzahlungen im kommenden Jahr besonders hoch sind und sie einmalig in den Bereich des SGB II rutschen. Im Falle von Miet- oder Energieschulden ist das Amt zudem bereit, diese ausnahmsweise zu übernehmen, um "Obdachlosigkeit oder eine mit Obdachlosigkeit vergleichbare Situation zu verhindern". Büttner sagte: "In den vergangenen Wochen haben wir eine drastische Steigerung solcher Anträge bekommen."
Diese "Instrumente des Gesetzgebers" bezeichnete Büttner als eine Art Notfallfonds. Damit erübrigte sich ein im Vorfeld gestellter Antrag der Fraktion der Freien Wähler auf einen "möglichen Nothilfefonds für diejenigen, die in Not geraten", wie Stadtrat Adi Schön den Inhalt erklärte. "Sodass man für die auch mal schnell und unverbindlich eine Hilfe hat."
Angebot an Energieberatung soll weiter ausgebaut werden
"Aus unserer Sicht ist in der ganzen Problemlage am wichtigsten, dass wir den Leuten schnell helfen können", sagte Sozialamtsleiterin Büttner. Deshalb soll es zusätzlich zu den finanziellen Entlastungen auch weiterführende Beratungsangebote geben. Die Diakonie biete zusammen mit dem Jobcenter und der Stadt Schweinfurt seit Jahren Energieberatungen an, zu denen Bürgerinnen und Bürger gezielt geschickt werden.
Dieses Angebot wolle man ausbauen, erste Gespräche hätten bereits stattgefunden. Das Ziel sei es, gemeinsam mit dem Landkreis, der Stadt und der Diakonie eine Beratungsstelle einzurichten, in der "niedrigschwellig, allumfassend über alle Probleme und Fragestellungen informiert wird", erklärte die Sozialamtsleiterin. Sie soll außerhalb des Rathauses liegen.
Zudem soll es eine Hotline als zentrale Anlaufstelle geben, an die sich Bürgerinnen und Bürger wenden können. Sie soll vorerst bis Ende März 2023 und eng an die entsprechenden Fachdienststellen angebunden sein. Corina Büttner sagte: "Es ist ganz wichtig, dass die Bürger ein Signal bekommen: Sie sind nicht alleine gelassen mit ihrer Problematik."
All diese Hilfe könne jedoch nur dann erfolgen, wenn die zuständigen Stellen über die notwendigen personellen Ressourcen verfügen. Im Hinblick auf die Wohngeldnovelle im Januar 2023 benötige man "in der Wohngeldstelle sowie in der Sozialhilfe mindestens zwei Vollzeitstellen", betonte Büttner.
Verwaltung plant Leuchtmittel-Tauschaktion und Anschaffung von Solarmodulen
Eine weitere Maßnahme in der Energiekrise ist der Austausch von alten Leuchtmitteln. Am Samstag, 22. Oktober, können sämtliche Schweinfurter Bürgerinnen und Bürger ihre alten Glühbirnen und dergleichen für eine Schutzgebühr in Höhe von zehn Cent gegen moderne, energieeffiziente LED-Lampen austauschen. Die Tausch-Aktion soll im Veranstaltungsraum im Zentrum am Schrottrum erfolgen.
Außerdem plant die Verwaltung gemeinsam mit der Arbeitsgruppe "Klimafreundliche Mobilität" der Lokalen Agenda 2030 die Anschaffung und Verteilung von bis zu 20 Balkon-Solarmodulen. Diese sollen dann gezielt Bedürftigen zur Verfügung gestellt werden.
Die Stadtratsfraktion der SPD hatte im Vorfeld beantragt, die Stadtverwaltung solle prüfen, welche Hallen und Säle im Winter im Bedarfsfall als Aufenthaltsort für Menschen mit geringem Einkommen dienen könnten. "Wir hoffen, dass niemand in diese Situation kommt, sondern dass Menschen auch im Winter alle eine warme Wohnung zur Verfügung haben", sagte Stadträtin Kathi Petersen. Sozialreferent Jürgen Montag antwortete daraufhin, man habe dies geprüft und es werde Räumlichkeiten geben.
Auswirkungen auf den städtischen Haushalt 2023
Die Maßnahmen wirken sich auch auf den Haushalt für 2023 aus: Für Energieschulden für Nicht-Leistungsbezieher etwa habe man 7000 Euro statt bisher 1500 Euro angesetzt. "Wir gehen davon aus, dass wir einen Großteil weiterhin als Darlehen und nicht als Beihilfe gewähren werden, deswegen hoffen wir, dass wir mit den 7000 hinkommen", sagte Büttner. Was die Beratung angehe, rechne sie mit Kosten von mindestens 20.000 Euro. "Details stimmen wir noch mit dem Landkreis ab."
Für die Steckersolargeräte kalkuliere die Stadt mit einem Nettoaufwand von 12.800 Euro und für den Austausch der alten Leuchtmittel seien nicht abgerufene Fördermittel in Höhe von 4500 Euro zur Verfügung gestellt worden, erklärte Büttner.
Der Ausschuss für Beschäftigung und Soziales beriet öffentlich vor, ehe die Themen im November im Finanzausschuss sowie im Stadtrat erneut auf den Tisch kommen.