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Augsburg
Warum Heizen nicht nur für Gaskunden teurer wird
Nicht nur Gaskunden blicken mit Sorgen auf die Heizsaison. Auch allen, die mit anderen Brennstoffen heizen, drohen deutlich höheren Kosten. Wie teuer kann es werden?
Heizen wird diesen Winter für die meisten Wohnungsbesitzer deutlich teurer. Die Preisanstiege fallen jedoch je nach Brennstoff unterschiedlich aus.
Foto: Fabian Sommer, dpa | Heizen wird diesen Winter für die meisten Wohnungsbesitzer deutlich teurer. Die Preisanstiege fallen jedoch je nach Brennstoff unterschiedlich aus.
KATJA NEITEMEIER
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:17 Uhr

Alle reden über die hohen Gaspreise. Doch die warme Wohnung droht für fast alle Deutschen teurer zu werden, egal, womit die Heizung läuft. „Die Preise für alle Energieträger steigen derzeit signifikant“, sagt Martin Sambale, Geschäftsführer des Energie- und Umweltzentrums Allgäu (eza). Denn das Gas ist knapp und immer mehr Menschen schauen sich nach Alternativen um. Dadurch stiegen die Preise zum Beispiel auch für Holzpellets.

Dieser Energieträger wird unter anderem aus Holzresten hergestellt und in einer speziellen Heizanlage verbrannt. Lange war diese Art zu heizen deutlich günstiger als Öl- oder Gasheizungen. Das hat sich inzwischen geändert. Nach Angaben des Deutschen Pellet-instituts stieg der Preis für Holzpellets zuletzt deutlich. Im Januar kostete eine Kilowattstunde durchschnittlich 7,3 Cent. Im August stieg der Durchschnittspreis auf 13,66 Cent.

Energiekrise: Warum auch die Preise für Holzpellets steigen

Laut Anna Sievers, Sprecherin des Pelletinstituts, sind dafür verschiedene Faktoren verantwortlich. Zum Beispiel schlagen sich die allgemein hohen Energiekosten auch auf den Preis für Holzpellets nieder. Zudem sei die Nachfrage sprunghaft gestiegen. Es spiele aber auch eine Rolle, wann Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Lager für den Winter füllten.

Für sechs Tonnen Pellets mussten sie laut Sievers im März im Durchschnitt etwa 2252 Euro bezahlen. So viel verbraucht etwa eine vierköpfige Familie in einem einigermaßen gedämmten mittelgroßen Einfamilienhaus pro Jahr. Im März 2021 kostete die gleiche Menge etwa 1462 Euro.

Somit stieg nach Angaben von Sievers der Preis durchschnittlich um 54 Prozent. Wurde das Lager heuer jedoch erst im August mit sechs Tonnen Holzpellets gefüllt, mussten Verbraucher durchschnittlich etwa 4166 Euro bezahlen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag der Preis für die gleiche Menge zu diesem Zeitpunkt im Durchschnitt bei 1415 Euro. Verbraucher mussten heuer 194 Prozent mehr bezahlen.

Die Pellet-Zentralheizung versorgt das ganze Haus mit Wärme und Warmwasser.
Foto: dpa-infografik GmbH | Die Pellet-Zentralheizung versorgt das ganze Haus mit Wärme und Warmwasser.

Auch beim Heizöl sind die Preise stark gestiegen. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Heizoel24 hat sich der Preis für einen Liter in etwa verdoppelt. Im vergangenen Jahr kostete ein Liter im Durchschnitt zwischen 70 und 80 Cent. Momentan sind es durchschnittlich zwischen 1,40 und 1,60 Euro doppelt so viel. Das habe verschiedene Gründe, erklärt Oliver Klapschuss, Inhaber des Vergleichsportals. Etwa sei die Nachfrage nach Öl höher, weil zum Beispiel in der Industrie mehr Öl für die Produktion genutzt wird, da das Gas knapp ist. Zudem führe der schwache Euro dazu, dass Heizöl teurer wird.

Heizöl kostet in Bayern durchschnittlich mehr als in Nordrhein-Westfalen

Es gibt auch regionale Preisunterschiede. In Bayern kostet nach Berechnungen von Heizoel24 ein Liter Heizöl derzeit im Durchschnitt 1,57 Euro. In Nordrhein-Westfalen kostet die gleiche Menge derzeit im Durchschnitt 1,38 Euro. Klapschuss erklärt, dass in Bayern das Heizöl teurer ist, weil etwa die Nachfrage im Freistaat besonders hoch sei. Das werden auch die Verbraucher zu spüren bekommen.

Im Vergleich zu 2021 müssen laut Klapschuss Bewohner von Einfamilienhäusern durchschnittlich zwischen 1500 und 2500 Euro pro Jahr mehr zahlen. Für dreiköpfige Familien, die in einer 90-Quadratmeter-Wohnung leben, kann es pro Jahr bis zu 1500 Euro teurer werden. Auf Singles in einer 50-Quadratmeter-Wohnung können Mehrkosten von durchschnittlich bis zu 1000 Euro pro Jahr zukommen. „Das ist viel, aber im Vergleich zum Gas haben Heizöl-Kunden noch Glück im Unglück“, sagt Klapschuss.

Denn das Heizen mit Gas ist derzeit mit am teuersten. „Im bundesweiten Durchschnitt haben sich die Gaspreise mehr als verdreifacht“, sagt Verena Blöcher, Sprecherin des Vergleichsportals Verivox. Innerhalb eines Jahres sei der Preis im Durchschnitt um 240 Prozent gestiegen. Laut Blöcher muss eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden derzeit mit durchschnittlichen Mehrkosten von 3000 Euro pro Jahr rechnen.

Bei einem Verbrauch von 12.000 Kilowattstunden könne die Rechnung im Durchschnitt bis zu 1800 Euro höher ausfallen. So viel Gas braucht etwa eine dreiköpfige Familie pro Jahr, die in einer 90-Quadratmeter-Wohnung lebt. Aber auch auf Singles in einer 50-Quadratmeter-Wohnung kommen höhere Kosten zu. Bei einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden müssen sie nach Angaben von Sievers durchschnittlich 750 Euro mehr bezahlen.

Expertin empfiehlt: Nicht dauerhaft mit Radiatoren heizen

Trotzdem rät Blöcher davon ab, dauerhaft mit einem Heizlüfter oder Radiator zu heizen. „Strom ist auch jetzt noch deutlich teurer als Gas“, sagt sie. Blöcher rechnet vor: Eine Kilowattstunde Strom koste aktuell im bundesweiten Durchschnitt etwa 55 Cent und eine Kilowattstunde Gas liege im Bundesschnitt bei 21,75 Cent. Ein durchschnittlicher Heizlüfter habe eine Leistung von 2000 Watt. Laufe er zehn Stunden lang, habe er 20 Kilowattstunden Wärme zum Preis von mehr als zehn Euro produziert.

Kurzfristig helfe laut dem Energieexperten Martin Sambale nur eins, um Kosten zu senken: Energie sparen. „Jede Kilowattstunde hilft“, sagt er. Denn der eigene Verbrauch sei ein wichtiger Faktor, um den Geldbeutel zu schonen. Vor allem für Menschen, die zur Miete leben, ist das oft die einzige Möglichkeit, Energiekosten zu senken.

Für Menschen im Eigenheim könne es sich laut Sambale lohnen, die Dämmung zu überprüfen und auszubessern. Was jedoch nicht mehr geht: diesen Winter die eigene Heizungsanlage auf einen anderen Energieträger umzustellen. „Viele Handwerker sind bereits ausgebucht, deswegen sollte man längerfristig planen“, sagt er. Außerdem gebe es für manche Bauteile Lieferschwierigkeiten. Deswegen sei es wichtig, nun über dauerhafte Lösungen nachzudenken. So könnten laut Sambale Wärmepumpen, die mit Strom betrieben werden, ein zuverlässiger Wärmelieferant sein. „Den Strom kann man in Deutschland nachhaltig mit Wind und Sonne erzeugen“, sagt er. Allerdings müssen die Häuser auch darauf ausgelegt sein oder müssten dafür umgebaut werden.

 
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