
Welche weiterführende Schule ist die richtige für mein Kind? Die Frage treibt aktuell wieder viele Eltern von Viertklässlerinnen und Viertklässlern um. Ruth Braum ist dreifache Mutter und seit 2003 im Schulamtsbezirk Stadt und Landkreis Schweinfurt als staatliche Schulpsychologin tätig. Sie ist zuständig für 14 Grund- und Mittelschulen und berät Eltern - unter anderem bei der Frage der Schul-Wahl.
Ruth Braum: Schauen Sie sich die Schulen, die in Frage kommen, selbst an. Und überlegen Sie sich: Was habe ich für ein Bauchgefühl bei dieser Schule? Wie wirkt sie auf mich?
Braum: Das Übertrittszeugnis teilt den Eltern einen Notendurchschnitt mit und leitet daraus eine Eignung ab für eine gewisse Schulart. Das ist ein erster Orientierungspunkt. Es sind aber auch ganz andere Dinge wichtig. Deswegen ist für mich das Gespräch mit der Grundschullehrkraft zentral. Eltern sollten mit ihr das Gespräch suchen, sich immer wieder austauschen, denn sie kennt das Kind aus der schulischen Situation.
Braum: Die Eltern können zusätzlich ein Gespräch mit einer Beratungslehrkraft einer Mittelschule, Realschule, Wirtschaftsschule oder eines Gymnasiums führen. Dafür wird über die Kinder in der vierten Klasse ein Formular verteilt, womit Eltern sich für diese zusätzliche Beratung im Hinblick auf eine bestimmte Schulart anmelden können. Die Beratungslehrkräfte gestalten auch allgemeine Informationsveranstaltungen an den einzelnen Schulen – alles Bestandteile der Übertrittsphase.
Braum: Die beginnt schon Ende der zweiten Klasse mit einem Elternabend, der den Aufbau und die Möglichkeiten des Schulsystems erklärt. Am Anfang der vierten Klasse folgt ein Informationsabend darüber, wie es nach der Grundschule weitergehen kann und welche Noten, Kompetenzen und Eigenschaften das Kind für welche Schulart mitbringen sollte. Die weiterführenden Schulen bieten schließlich auch eigene Informationsveranstaltungen an, bei denen Eltern sich gezielt über die jeweilige Einrichtung informieren können.
Braum: Die Entscheidung ist nicht ganz frei. Der relevante Durchschnitt im Übertrittszeugnis errechnet sich aus den Noten in Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachunterricht. Bis 2,33 lautet die Empfehlung für das Gymnasium, bis 2,66 für Realschule und ab 3,00 für die Mittelschule. Aber es gibt immer die Möglichkeit, am Probeunterricht teilzunehmen. Wird dieser bestanden, kann das Kind auf die gewünschte Schulart wechseln.
Braum: Es wäre meiner Einschätzung nach nicht empfehlenswert, wenn das Kind den entsprechenden Schnitt deutlich verfehlt hat.

Braum: Das sind drei Tage an der gewählten Schule, in denen das Kind schriftliche und mündliche Leistungssituationen in Deutsch und Mathematik absolviert. Daraus wird dann für jedes Fach eine Note gebildet. Erreicht das Kind eine 3 und eine 4 oder besser, hat es bestanden. Mit zwei Vieren greift der sogenannte Elternwille, das heißt, der Übertritt an die gewählte Schule ist auf Wunsch der Eltern möglich. Schneidet das Kind schlechter ab, ist ein Wechsel auf die entsprechende Schule nicht möglich.
Braum: Es werden schriftliche Prüfungen geschrieben, wie Probearbeiten in der Grundschule. Die Prüfungen aus den Vorjahren kann man sich online anschauen. Die Lehrkräfte der dortigen Schule sind im Gespräch mit den Kindern, lassen sie die Tests schreiben und halten mündlichen Unterricht ab. Auch dabei werden die Kinder beobachtet und beurteilt.
Braum: Ja, es gibt Eltern, die darüber nachdenken und dann schon abwägen, ob sie ihr Kind dieser Situation aussetzen wollen. Wenn sie das Gefühl haben, dass das Kind das Notenziel knapp verfehlt hat, ist das durchaus überlegenswert. Dann ist es aber wichtig, sich vorzubereiten. Meiner Erfahrung nach entscheiden sich Eltern eher selten für den Probeunterricht.
Braum: Das ist für mich ein Zeichen, dass die Beratung durch die Grundschullehrkräfte gut ist und die Eltern auf der Basis ihre Entscheidung über die Schulart gut treffen können.
Braum: Es ist eine wichtige Entscheidung und es ist ein wichtiger Schritt für die Kinder von der Grundschule in die weiterführende Schule zu kommen. Insofern würde ich sie nicht ohne das Kind treffen, das muss auch dahinterstehen können. Es kann die Entscheidung aber auch nicht alleine treffen, das wäre eine Überforderung in diesem Alter.
Wie können Eltern solch eine gemeinsame Entscheidung gestalten?
Braum: Die schönste Möglichkeit ist es, wenn man sich die verschiedenen Schulen gemeinsam anschaut. Bei den meisten Infoveranstaltungen gibt es auch ein Angebot für die Kinder. Für die ist es ja eine neue Schule, sie wollen die vielleicht vorher mal sehen. Das erleichtert dann den Übergang und das sich Eingewöhnen.
Braum: Die Eltern kennen ihr Kind ja am besten. Ist es jemand, dem so etwas leichtfällt und es als Herausforderung empfindet, eine neue Schule zu erobern? Oder löst dieser Schritt bei ihm Angst und Unsicherheit aus? In diesem Fall hilft es Sicherheit zu erzeugen, indem ich mir eben die Schule vorher mal anschaue, die Busverbindungen kläre oder schaue, wer noch auf diese Schule wechselt und versuche Kontakte zu knüpfen.
Braum: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Die Eltern sollten nicht zu verunsichert auftreten, sondern vielmehr Zutrauen vermitteln: Das schaffen wir schon. Das schaffst du. Das traue ich dir zu. Um das ganze Thema sollte möglichst keine zu große Aufregung geschürt werden. Es gibt ja noch ganz viele andere Dinge im Leben neben der Schule: Hobbys, Freunde, Familie ... Diese Wahl der Schule ist letztlich keine Entscheidung fürs Leben. Das bayerische Schulsystem ist durchlässig. Spätestens wenn ich den Abschluss an einer bestimmten Schulart erreicht habe, gibt es immer eine Anschlussmöglichkeit.
Vieles hängt allein von der Erziehung ab. Wenn die von Anfang an gut gestaltet wird, dem Kind Möglichkeiten eröffnet werden etc. dann ist der Weg auf ein Gymnasium meist nicht so schwierig.
Und genau das ist das Problem, die Zukunft einer Person wird nicht in der 4. Grundschulklasse entschieden sondern meist schon wesentlich früher.
Natürlich hat man in Deutschland viele Chancen aber der Weg ist mitunter sehr steinig. Es gibt genug Beispiele von Personen die aus eigenen Antrieb heraus auch später noch einen sozialen Aufstieg schaffen.
Letztlich kommt es im Berufsleben auf Kompetenz, Wille, Interesse, Zuverlässigkeit und Intelligenz an die sich nicht immer im schulischen Bereich zeigen muss. Wer das alles mitbringt wird es später im Beruf auch zu etwas bringen ob mit oder ohne Abitur.
Ich kenne Auswahlverfahren, üblicherweise viele beim ersten Schritt heutzutage digital., sonst prüft ein Praktikant o. nachrangiges Personal. Endet mit einem Aus in der Vorrunde, oft hat also kein „Mensch“ die Bewerbung richtig geprüft. Später, beim Vorstellungsgespräch, ist das anders. Aber bis dahin helfen bei „schlechtem“ Schulabschluss, ist eigentlich nur schlechtere Schule, manchmal nur Beziehungen oder jetzt der Fachkräftemangel. Das Problem ist besonders ausgeprägt bei Frauen zu beobachten, die trauen sich vieles nicht. Sie sind schlechtere Selbstdarsteller und haben weniger Mut, einfach einen Schritt vorwärts zu riskieren, ggf. eine Absage wegzustecken, wenn irgendwo „ abgeschlossenes Studium“ gefordert ist, und sie „ nur“ Erfahrung vorzuweisen haben.
Diese (mit Verlaub) Phrasen kommen immer wieder.
Meiner Erfahrung nach ist das DIE Entscheidung fürs Leben....Freunde und mitunter auch Hobbies hängen entscheidend von der Schulwahl ab. Und auch das ganze Berufsleben hängt wesentlich davon ab, ob das Kind Abitur und Studium hat oder eben nicht.